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Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802

Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802

Titel: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Gottfried Seume
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Junge hatte, erlegt und auf einen Hof geschafft. Kurze Zeit nachher folgten die Jungen der Fährte der toten Mutter und setzten sich vor dem Hofe auf einen alten Lindenbaum, wo sie sich endlich ruhig fangen ließen. Die Gärten und der Lindenberg waren verschneit, so daß ich diese Vergnügungsörter nur von weitem sah.

Laibach

    Hier mache ich, wenn Du erlaubst, wieder eine Pause und lasse meine Hemden waschen und meine Stiefeln besohlen.
    Von Graz aus war es sehr kalt und ward immer kälter. Die erste Nacht blieb ich in Ehrenhausen, einem ganz hübschen Städtchen, das seinem Namen Ehre macht, wo ich von meiner lieber Mur Abschied nahm. Der Ofen glühte, aber das Zimmer ward nicht warm. Der Weg von Ehrenhausen nach Marburg ist ein wahrer Garten, rechts und links mit Obstpflanzungen und Weinbergen. Auch Marburg ist ein ganz hübscher Ort an der Drawa, und die Berge an dem Flusse hinauf und hinab sind voll der schönsten Weingärten. Eine herrliche ökonomische Musik war es für mich, daß die Leute hier überall links und rechts auf Bohlentennen draschen. Man kann sich keinen traulichern Lärm denken. Das Deutsche hörte nunmehr unter den gemeinen Leuten auf, und das Italienische fing nicht an; dafür hörte ich das krainische Rotwelsch, von dem ich nur hier und da etwas aus der Analogie mit dem Russischen verstand. Die Russen tun sich etwas darauf zugute, daß man sie so weit herab in ihrer Muttersprache versteht, und nennen sich deswegen die Slawen, die Berühmten, ungefähr so wie die heutigen Gallier sich eine große Nation nennen. Bis nach Triest und Görz wurden sie hier überall verstanden. Die Polen sprechen sogleich leicht und verständlich mit ihnen, und die Böhmen finden keine große Schwierigkeit. Ich selbst erinnere mich, als ich vor mehreren Jahren aus Rußland zurückkam und einen alten russischen Grenadier als Bedienten mit mir hatte, daß er mir in der Lausitz in der Gegend von Lübben sagte: »Aber, mein Gott, wir sind ja hier noch ganz in Rußland; hier spricht man ja noch gut russisch.« So viel Ähnlichkeit haben die slawischen Dialekte unter sich, von dem russischen bis zum wendischen und krainischen.
    Von Gannewitz aus ist ein hoher, furchtbar steiler Berg, weit steiler als der Semmering, so daß vierunddreißig Ochsen und sechs Pferde an einem Frachtwagen zogen, den die sechs Pferde auf gewöhnlichen Wegen allein fortbrachten. Die Berge sind hier meistens mit schönen Buchen bewachsen, da sie an der Mur fast durchaus mit Schwarzwald bedeckt sind.
    In Cilly kam ich ziemlich spät an und tat mir gütlich in sehr gutem Bier, das nun ziemlich selten zu werden anfängt. Aus Verzweiflung muß ich Wein trinken, und zwar viel; denn sonst würde man mich ohne Barmherzigkeit auf ein Strohlager weisen, und wenn ich auch noch so sehr mit dem Gelde klingelte. Es wurde hier bei meiner späten Ankunft so stark geschossen und geschrien, daß ich glaubte, es wäre Revolution im Lande. Wie ich näher kam, hörte ich, daß es Schlittenfahrten waren. In Cilly hätte ich auch bald meine irdische Laufbahn geschlossen: das ging so zu. Ich aß gut und viel, wie gewöhnlich in der Wirtsstube und hatte bestellt, mir ein gutes Zimmer recht warm zu machen, weil es fürchterlich kalt war; denn die steiermärkischen und krainischen Winter halten sich in gutem Kredit, und der jetzige ist vorzüglich strenge. Nach der Mahlzeit ging ich auf das Zimmer, zog mich aus, stellte mich einige Minuten an den Ofen und legte mich zu Bette. Du weißt, daß ich ein gar gesunder Kerl bin und jeden Tag gut esse und jede Nacht gut schlafe. So auch hier. Aber es mochte vielleicht gegen vier Uhr des Morgens sein, als ich durch eine furchtbare Angst geweckt wurde und den Kopf kaum heben konnte. So viel hatte ich noch Besinnung, daß ich erriet, ich schlief in einem neugeweißten Zimmer, das man auf mein Verlangen gewaltig geheizt hatte. Als ich mich aufzurichten versuchte, um das Fenster zu öffnen, fiel ich kraftlos und dumpf auf den Pfühl zurück und verlor das Bewußtsein. Als es helle ward, erwachte ich wieder, sammelte nun so viel Kraft, das Fenster zu öffnen, mich anzuziehen, in der Eile das Zimmer zu verlassen, hinunter zu taumeln und unten etwas Wein und Brot zu bestellen. Hier kam der zweite Paroxysmus; ich sank am Tische hin in einen namenlosen Zustand, wie in einen lichtleeren Abgrund, wo Finsternis hinter mir zuschloß. So viel erinnere ich mich noch; ich dachte, das ist der Tod, und war ruhig; sie werden mich schon gehörig

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