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Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802

Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802

Titel: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Gottfried Seume
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Nachdrucke durch alle Instanzen, die Yorick gegeben hat. Es konnte indessen nichts helfen; ich Hyperboreer zog bärenmäßig immer weiter, der Franzmann aber versteckte sich in ein altes, leeres Brückenhaus über dem Kanal und wollte den Sturm vorbeigehen lassen. Wenn man naß ist, muß man laufen, ich ließ ihn ruhen und versprach, hier in Terracina im Gasthofe auf ihn zu warten.
    Die letzte Station vor Terracina war für mich die abenteuerlichste. Die alte appische Straße geht links etwas oben an den Bergen hin und macht dadurch einen ziemlichen Umweg; aber die Neuen wollten dem Elemente zum Trotz klüger sein und zogen sie unüberlegt genug geradefort. Sie sieht recht schön aus, wenn sie nur gut wäre. Das Wasser war groß; ich hatte den Abweg links über eine alte Brücke nicht gemerkt und ging die große gerade Linie immer weiter. In einer halben Stunde stand ich vor Wasser, das rechts aus der See hineingetreten war und links durch die Gebüsche weit hinaufging. Durch den ersten Absatz schritt ich rasch, aber es kam ein zweiter und ein dritter noch größerer. Es war dabei ein furchtbarer Regensturm, und ich konnte nicht die zwanzig Schritte sehen. Ich ging fast eine Viertelstunde auf der Straße bis über dem Gürtel im Wasser und wußte nicht, was vor mir sein würde. Einige Male waren leere Plätze links und rechts, und da stand ich in den Einschnitten wie im Meere. Nur die Bäume, die ich dunkel durch den Regensturm sah, machten mir Mut vorwärts. Endlich war ich glücklich durch die päpstliche Stelle und zog eine parallele zwischen den Alten und Neuen, die eben nicht zum Vorteile meiner Zeitgenossen ausfiel. Wie ich heraus war, ward der Himmel hell, und ich sah den Berg der göttlichen Circe in der Abendsonne zu meiner Rechten und zu meiner Linken die Felsen von Terracina glänzen. Es war wirklich, als wenn die alte Generalhexe eben einen Hauptprozeß machte, und ich konnte froh sein, daß ich noch so gut mit einem bißchen Schmutz davongekommen war. Nachdem ich in der
Locanda Reale
, einem großen, stattlichen Hause an dem Heerwege vor der Stadt, Quartier gemacht hatte, rekognoszierte ich oben den Ort auf dem weißen Felsen, wie ihn Horaz nennt, wo man rechts und links von dem Circeischen Vorgebirge bis an das Kajetanische und über die Inseln eine herrliche Aussicht hat. Ich bekümmerte mich wenig um die Ruinen des alten Jupitertempels und um den neuen Palast des Papstes, sondern weidete mich an der unter mir liegenden Gegend, den herrlichen Orangegärten, die ich hier zuerst ganz im Freien ausgezeichnet schön fand, und der üppigen Vegetation aller Art. Auch mehrere Palmbäume fand ich hier schön, da in Rom nur ein einziger als eine Seltenheit nicht weit vom Kolosseum gezeigt wird. Von der letzten Station führt eine herrliche Allee der schönsten und größten Aprikosenbäume in die Stadt.
    Mein Franzose kam, und es fand sich, daß der arme Teufel mit seiner Börse auf den Hefen war. Ich mußte ihn also doch nach Neapel hinübertransportieren helfen. Zu Abend traf ich im Wirtshause ein paar ziemlich reiche Mailänder, die mit schöner Equipage von Neapel kamen, und wir aßen zusammen. Die Herren waren ganz verblüfft zu hören, daß ich von Leipzig nach Agrigent tornistern wollte, bloß um an dem südlichen Ufer Siziliens etwas herumzuschlendern und etwa junge Mandeln und ganz frische Apfelsinen dort zu essen. Die Unterhaltung war sehr lebhaft und angenehm, und die Norditaliener schienen die schöne Neapel
quovis modo
, literarisch, ästhetisch und physisch, genossen zu haben. Morgen gehts ins Reich hinüber; denn so nennt man hier das Neapolitanische.

Neapel

    Der Morgen war frisch und schön, als wir Anxur verließen, der Wind stark und die Brandung hochstürmend, so daß ich am Strande eingenetzt war, ehe ich daran dachte. Die Wogen schlugen majestätisch an den steilen Felsen herauf. Am Eingange des Reichs hatte mein französischer Reisekamerad Zwist mit der Wache, die ihn nicht recht gern wollte passieren lassen. Meinen Paß vom Kardinal Ruffo besah man bloß, schrieb meinen Namen aus, und ich war abgefertigt. Der Franzose packte seine ganze Brieftasche aus, sprach hoch, erwähnte Suwarow, appellierte an den Minster und zwang die Wache durch etwas Impertinenz in Respekt, die von ihrer Seite auch wohl etwas über die Instruktion gegangen sein mochte. In Fondi, wo wir zu Mittag aßen, trafen wir ziemlich viel Militär, unter dem mehrere Deutsche waren. Die Stadt selbst liegt, wie es der Name

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