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Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802

Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802

Titel: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Gottfried Seume
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und nach schlichen sie alle fort. Spaßhaft ist es nicht ganz, denn dort geht man selten ohne Flinte und Messer, und jeder ist zur Exekution fertig.
    Den andern Morgen wandelte ich also allein zwischen den Ölbergen nach Mola di Gaeta hinüber. Die Amme ist durch dieses Etablissement ihres Namens fast berühmter geworden als ihr frommer Milchsohn. Warum war ich nun nicht gestern noch bis hierher gegangen? Hier fand ich ein großes, schönes, ziemlich billiges Gasthaus, wo ich bei frischen Eiern und bei frischen Fischen, die nicht weit von mir aus dem Meere gezogen wurden, und frischen, herrlichen Früchten ein vortreffliches Frühstück hielt. Unter mir stand ein Zitronengarten in der schönsten Glut der Früchte; und links und rechts übersah ich die Bucht von der Spitze des Vorgebirges rund herum bis hinüber nach Ischia und Procida. Es ist, in der Entfernung von einigen hundert Meilen, das köstlichste Dessert, wenn wir uns durch die Erinnerung irgend eines kleinen Vorfalles mit unsern Freunden wieder in nähere Berührung setzen können. Hier, auf der nämlichen Stelle, hatte vor mehreren Jahren
Friedrich Schulz
gesessen und Fische und Früchte gegessen und mich aufgefordert, seiner zu gedenken, wenn ich von Mola auf das klassische Land umherschauen würde. Jetzt ist er nicht mehr, der Liebling seiner Freunde und der Grazien, der die Freude bei den Fittichen zu halten verstand und sie rund umher gab. Wo auch seine Asche ruht, ein Biederer müsse hingehen und sie segnen! Keiner seiner Schwachheiten werde gedacht; er machte durch sein Herz gut, was sein Kopf versah.
    Nun ging ich vergnügt und froh die schöne, magische Gegend hinauf und hinab, bis hinunter, wo der Nachricht zufolge ehemals Ciceros Formiä stand, bis an den Liris hinab. Langsam wallte ich dahin; mir deucht, ich sähe die Schatten des Redners und des Feldherrn, des Tullius und des Marius, daherziehen. Hier legte der Patriot den Kopf zur Sänfte heraus und ließ sich von dem Hauptmanne, dem er das Leben gerettet hatte, entschlossen den Lohn für seine Philippiken zahlen. Es ist mir der ehrwürdigste Moment in Ciceros Leben, der einzige vielleicht, wo er wirklich ganz rein als selbständiger Mann gehandelt hat. Als er gegen Verres sprach, war es vielleicht Ruhmsucht, von der Rednerbühne zu glänzen, Gefahr war nicht dabei; als er gegen Katilina donnerte, stand seine Existenz auf dem Spiel, und er hatte keine andere Wahl, als zu handeln oder mit zugrunde zu gehen; als er gegen Antonius wütete, trieben ihn wahrscheinlich Haß und Parteisucht. Im Glück prahlte er, im Unglück jammerte er, er zeigte in seinem ganzen Leben oft viel Ehrlichkeit und Wohlwollen, aber nur im Tode den Mut, der dem Manne ziemt. Sein Tod hat mich in gewisser Rücksicht mit seinem Leben ausgesöhnt, so wie es Männer in der Geschichte gibt, deren Tod fast das Verdienst ihres Lebens auslöscht. Dort unten lag Minturnä; dort, stelle ich mir vor, stand das Haus, wo der Cimbrer mit dem Schwerte kam, als öffentlicher Henker den Überwinder seiner Nation zu töten, und wo dieser gefangene Überwinder ihn mit einigen Worten Todesschrecken in die Glieder jagte. »Mensch, wagst du es, Cajus Marius zu morden?« Weiter hinab rechts ist die Sumpfgegend, wo nach der Flucht der erste Mann der ersten Stadt der Welt sich im Schilfe verbarg, bis er sich hinüber nach Afrika retten konnte. Ich setzte unter diesen Gedanken über den Garigliano und merkte kaum, daß ich diesseits von einer Menge Mauleseltreiber umgeben war, die mir alle sich und ihre Tiere zum Dienst anboten. Da half kein Demonstrieren, sie machten die Kleinigkeit der Forderung noch kleiner und setzten mich halb mit Gewalt auf ein lastbares Stück, schnallten meinen Reisesack in Ordnung, und so zog ich mit der lieblichen Karawane weiter. Ein Kalabrese hatte mich in Mola gebeten, ihm meine Gesellschaft zu erlauben, und ich konnte nichts dawider haben. Ein Junge von ungefähr dreizehn Jahren hatte sich einige Millien weiter herab angeschlossen, der in der Residenz sein Glück versuchen wollte, weil seine Stiefmutter zu Hause den Kredit ihres Namens etwas zu streng behauptete. Beide liefen nebenher. Es wurde bald alles durchgefragt, und der Junge mußte etwas weitläuftig seine Geschichte erzählen. Nun fing mein alter Eseltreiber an, mit wahrhaft väterlicher Wärme dem jungen Menschen die Gefahr vorzustellen, der er entgegenliefe. Er tat dieses mit einer Zärtlichkeit, einer Heftigkeit und zugleich mit einer Behutsamkeit im

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