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Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802

Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802

Titel: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Gottfried Seume
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könnte, wie das oft der Fall zu Girgenti auf dem Markte wäre. Hier führte er eine Menge ihrer Wörter an, die ich leider wieder vergessen habe.
»Non sono cosi boni latini, come noi autri
«, sagte er. Du siehst, der Mensch hat Ehre im Leibe.
    Den musikalischen Talenten und der musikalischen Neigung der Italiener kann ich bis jetzt eben keine große Lobsprüche machen. Ich habe von Triest bis hierher, auf dem Lande und in den Städten, auch noch keine einzige Melodie gehört, die mich beschäftigt hätte, welches doch in andern Ländern manchmal der Fall gewesen ist. Das Beste war noch von eben diesem meinem ästhetischen Cicerone aus Agrigent, der eine Art Liebesliedchen sang und sehr emphatisch drollig genug immer wiederholte:
»Kischta nutte, kischta nutte in verrù in verrù.« (Questa notte io verrò.)
    Eben bin ich unten am Hafen gewesen, der vier italienische Meilen von der Stadt liegt. Der Weg dahin ist sehr angenehm durch lauter Ölpflanzungen und Mandelgärten. Hier und da sind sie mit Zäunen von Aloen besetzt, die in Sizilien zu einer außerordentlichen Größe wachsen; noch häufiger aber mit indischen Feigen, die erst im September reif werden, und von denen ich das Stück, so selten sind sie jetzt, in der Stadt mit fast einem Gulden bezahlen mußte, da ich die Seltenheit doch kosten wollte. Die Karuben oder Johannisbrotbäume gewinnen hier einen Umfang, von dem wir bei uns gar keine Begriffe haben. Sie sind so häufig, daß in einigen Gegenden des südlichen Ufers das Vieh mit Karuben gemästet wird. Der Hafen, wie er jetzt ist, ist vorzüglich von Karl dem Fünften gebaut. Buonaparte lag einige Tage hier und auf der Reede, als er nach Ägypten ging, und damals kamen auch einige Franzosen hinauf in die Stadt, wo gar keine Garnison liegt. Sie müssen sich aber nicht gut empfohlen haben, denn der gemeine Mann und Bürger spricht mit Abscheu von ihnen. Der Hafen ist ungefähr wie in Ancona und keiner der besten. Nicht weit davon sind eine Menge unterirdischer Getreidebehälter, weil von Agrigent sehr viel ausgeführt wird. Die politische Stimmung durch ganz Sizilien ist gar sonderbar, und ich behalte mir vor, Dir an einem andern Orte noch einige Worte darüber zu sagen.

Syrakus

    Dies ist also das Ziel meines Spazierganges, und nun gehe ich mit einigen kleinen Umschweifen wieder nach Hause.
    Ich will Dir von meiner Wanderung hierher so kurz als möglich das Umständliche berichten. Das Reisen zu Maulesel wird mir doch ziemlich kostbar. Von Agrigent aus verlangte man für einen Maulesel nicht weniger als eine Unze täglich, etwas mehr als einen Kaiserdukaten; oder eine Pezzo, wenn ich ihn selbst füttern und den Führer beköstigen wollte. Dies war nun sehr teuer, und mein eigener Unterhalt kostete, zumal auf dem Lande, nicht wenig. Ich handelte also mit meinem Mauleseltreiber, er sollte mich zu Fuße auf einer Ronde um die Insel begleiten; dafür sollte er mit mir ordentlich leben, so gut man in Sizilien leben kann, und ich wollte ihm täglich noch fünf Karlin, ungefähr einen deutschen Gulden, geben, dabei könnte er doch zusammen während der kurzen Zeit drei goldene Unzen Gewinn haben. Der Handel wurde gemacht; ich gab ihm zwei Unzen voraus, um sich für die eine eigene Bedürfnisse auf die Reise anzuschaffen und die zweite unterdessen seiner alten Mutter zu lassen. Er kaufte mir einen Habersack, ungefähr wie man ihn den Mauleseln mit dem Futter umhängt, tat meine zwei Bücher, meine Hemden mit den übrigen Quinquaillerien und etwas Proviant hinein und trug ihn mir nach oder vor. Meinen stattlichen Tornister hatte ich, um ganz leicht zu sein, und auch aus Klugheit, versiegelt in Palermo gelassen, denn er fand überall so viel Beifall und Liebhaber, daß man mir einigemal sagte, man würde mich bloß meines Tornisters wegen totschlagen.
    Noch muß ich hier eine Bekanntschaft nachholen, die ich in Agrigent machte. Als ich in meinem Zimmer aß, trat ein stattlich gekleideter Mann zu mir herein und erkundigte sich teilnehmend nach allen gewöhnlichen Dingen, nach meinem Befinden, und wie es mir in seinem Vaterlande gefiel, und so weiter. Die Bekanntschaft war bald gemacht; er wohnte in einem Zimmer mir gegenüber in dem nämlichen Wirtshause, bat um die Erlaubnis, sein Essen zu mir bringen zu dürfen, und wir aßen zusammen. Es fand sich, daß er eine Art Steuerrevisor von Palermo war, der in königlichen Geschäften reiste. Die Sizilianer sind ein sehr gutmütiges, neugieriges Völkchen, die in der

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