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Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802

Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802

Titel: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Gottfried Seume
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habe mich in Rom malen lassen. Ich schicke Dir die Zeichnung zur Erbauung, und Du wirst hier wenigstens meine Eitelkeit nicht beschuldigen, daß sie sich ins beste Licht gesetzt hat. Man riß meinen Sack auf und fand darin freilich keine Herrlichkeiten, ein Hemde, zwei Bücher, ein Stück hartes Brot, ein Stückchen noch härteren Käse und einige Orangen. Man besah mich aufmerksam von der Ferse bis zum Scheitel. »Ihr habt also kein Geld zum Reiten?« – Ich kann so viel nicht bezahlen. – Meine Figur und der Inhalt meines Sackes schienen ihnen hierüber ein gleichlautendes Dokument zu sein. Man nahm das weiße Buch, in welches ich einige Bemerkungen geschrieben hatte, um die Reminiszenzen zu erhalten, man fragte, was es wäre, und durchblätterte es neugierig, und einer, der etwas Ansehen über die beiden andern zu haben schien, machte Miene, es einzustecken. Ich sagte etwas betroffen: »Aber das ist mein Tagebuch mit einigen Reisebemerkungen für meine Freunde«. Der Mensch betrachtete mich in meiner Verlegenheit, besann sich einige Augenblicke, gab mir das Buch zurück und sagte zu dem andern: »Gib ihm Wein!« Dieses hielt ich, und mit Recht, für das Zeichen der Hospitalität und der Sicherheit. Ob ich gleich nicht lange vorher reichlich aus einem Felsenbache getrunken hatte, so machte ich doch keine Umstände, der ehrenvollen Gesellschaft Bescheid zu tun, so gut ich konnte, und trank aus der dargereichten engen Flasche. Diese Flaschen mit sehr engen Mündungen sind, wie Du vielleicht schon weißt, hier für das arme Klima sehr diätetisch eingerichtet. Man ist durchaus genötigt, sehr langsam zu trinken, weil man doch nicht mehr schlucken kann als herausläuft. Nun fragte man mich dieses und jenes, worauf ich so unbefangen als möglich antwortete. – »An wen seid Ihr in Syrakus empfohlen?« – An den Ritter Landolina. – »Den kenne ich«, sagte einer. »Ihr seid also arm und wollt den Giro machen und geht zu Fuß?« Ich bejahte das. Nun fragte man mich: »Versteht Ihr das Spiel?« Ich hatte die Frage nicht einmal recht verstanden; da ich aber, außer ein wenig Schach, durchaus gar kein Spiel verstehe, konnte ich mit gutem Gewissen Nein antworten. Diese Frage ist mir vorher und nachher in Sizilien oft getan worden, und die Erkundigung ist, ob man etwas vom Lotto verstehe, welches auch hier, Dank sei es der schlechten Regierung, eine allgemeine Seuche ist. Das gemeine Volk steht hier noch oft in dem Wahn, der Fremde als ein gescheiter Kerl müsse sogleich ausrechnen oder auszaubern können, welche Nummern gewinnen werden. Man wünschte mir gute Reise und ritt fort. Was war nun von den Leuten zu halten? Aus gewöhnlicher Vorsicht hatte ich die Uhr tief gesteckt, sie war also nicht zu sehen, mein Taschenbuch, in welchem ungefähr noch siebenundzwanzig Unzen in Gold liegen mochten, war inwendig in einer Tasche hoch unter dem linken Arm und wurde also nicht bemerkt. Die Leute hatten keine Uniform und durchaus kein Zeichen als Polizeireiter, Gewehr und Dolche trägt in Unteritalien zur Schande der Justiz und Polizei jedermann. Wenn sie ehrlich waren, so taten sie wenigstens alles mögliche, es nicht zu scheinen, und das ist an der südlichen Küste von Sizilien fast ebenso schlecht, als wenn bei uns in feiner Gesellschaft ein abgefeimter Schurke gerade das Gegenteil tut. Ich denke immer, meine anscheinende Armseligkeit hat mich gerettet, und die Uhr und die Unzen hätten mir den Hals brechen können.
    Vor Terra Nuova wurde ich wieder freundschaftlich angehalten. Die Leute hoben Getreide aus ihren unterirdischen Magazinen, wahrscheinlich, um es einzuschiffen. Ich fragte nach einem Gasthause. Man lud mich ein, mich dort ein wenig niederzusetzen und auszuruhen, ich war wirklich müde und tat es. Neugierigere Leute als in Sizilien habe ich nirgends gefunden, aber im ganzen fehlt es ihnen nicht an Gutherzigkeit. Was schlecht ist, kommt alles auf Rechnung der Regierung und Religionsverfassung. Man fragte mich sogar, ob ich eine Uhr trüge, und begriff wieder nicht, wie ich es nur wagen könnte, so zu reisen. Und doch bin ich überzeugt, das war immer noch die sicherste Art, da ich allein war.
    In der Stadt im Wirtshause gab man mir ein Zimmer, worin kein Bett, kein Tisch und kein Stuhl war, und sagte dabei, ich würde in der ganzen Stadt kein besseres finden. Ich warf mich auf einen Haferspreu, die in einem Winkel aufgeschüttet war, und schlief ein. Ein Stündchen mochte ich vielleicht geschlafen haben, und es war

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