Special Der Zauberbann
Dann trug er Sarah durch einen halbdunklen, kahlen Gang, an dessen gewölbter Decke unzählige Fledermäuse hingen. Von den hastigen Schritten des Kobolds aufgeschreckt, flogen sie im Schwall mit lauten Flügelschlägen und Geschrei über seinen Kopf hinweg durch das schallende, unheimliche Gemäuer.
Sarah glaubte, dass ihr Herz vor Angst stillstehen müsse und hielt sich, am ganzen Leibe zitternd, schützend beide Hände vor das Gesicht.
Über eine Holztreppe ging es drei Stockwerke nach oben. Dort öffnete der Kobold eine morsche Tür zu einem großen, in Dämmerlicht getauchten Raum. An den aus roten Backsteinen gemauerten Wänden waren vier kleine, vergoldete Kerzenleuchter angebracht. Lediglich ein schmales, von Eisengittern umgebenes Fenster ließ ein wenig Tageslicht herein. Ein Feuer knisterte im offenen Kamin, und ein Regal voller Bücher verdeckte fast vollständig die Wand daneben. In der Mitte des Raumes befand sich ein wuchtiger Tisch, auf dem ein robuster Vogelkäfig stand. Am Ende des Tisches war Torkans schwarz lackierter Magierstuhl mit hoher, prunkvoller Lehne platziert. Torkan selbst wartete bereits ungeduldig.
Nachdem der Kobold eingetreten war und die zappelnde Sarah seinem Meister übergeben hatte, brach dieser in schallendes Gelächter aus. »Gut gemacht«, grölte er und klopfte seinem buckeligen Gehilfen lobend auf die Schulter. Dann betrachtete er mit finsterem Blick die in seiner Hand mit aller Kraft ringende, aufgeregte Sarah. Der Hexenmeister kraulte nachdenklich seinen zu einem Zopf geflochtenen, bis über den Bauch reichenden silbergrauen Vollbart und meinte schließlich: »Was haben wir denn da für ein schönes Schmuckstück dabei?« Er grinste sie spöttisch an und riss ihr die Kette mit der Königsperle vom Hals. »Die wird mir gute Dienste erwei … Aua! Verdammt, sie hat mich gebissen! Du bist wohl eine kleine Kämpferin?« Er lachte hämisch. »Das wird dir nichts nützen!« Er wandte sich an Quork. »Steck sie in den Käfig – und verschließe ihn gut, bis ich wiederkomme und dir zur Belohnung Gold-schätze mitbringe!«
Der Kobold nickte grinsend.
Torkan warf sich seinen langen dunkelroten Zauberumhang um die Schultern und verwandelte sich an Ort und Stelle in einen Adler. Dann flog er mit der Königs-perle im Schnabel über den Treppenaufgang hinauf zur Turmplattform und von dort weiter.
Sarah sank schluchzend auf dem Boden des Käfigs zusammen.
19 DER FEINDLICHE EINDRINGLING
Da das Chee-Moon-Kätzchen Sarah nicht helfen konnte, flog es geschwind wieder zurück. Als es sich am späten Nachmittag der uralten Eiche näherte, wurde esbereits von einem auf den Ästen Ausschau haltenden Wichtel gesehen. Dieser flitzte sofort los und meldete den überraschenden Besuch seinen Kameraden in den Wurzelhäusern.
Tim ließen die Wichtel wieder mal allein im Sessel zurück und liefen zum magischen Tor. »Allmählich komme ich mir hier ganz schön überflüssig vor!«, murmelte er und fühlte sich in seiner hilflosen Lage immer unbehaglicher. Dann versuchte er angestrengt, seine Beine zu bewegen, und siehe da, es klappte! Er stand behutsam auf und folgte den Wichteln noch ein wenig schwerfällig bis zum Tor. Dort hockte er sich unbemerkt auf einen Ast und verfolgte aus dem Hintergrund, was da vor sich ging.
Das Kätzchen erzählte gerade von dem schlimmen Ereignis oben beim Turm. Die Wichtel und Tim hatten natürlich längst bemerkt, dass die Elfenprinzessin heimlich verschwunden war. Sie hatten gleich Verdacht geschöpft, dass Sarah auf eigene Faust zu Yakora losgezogen war und machten sich große Sorgen um sie. Umso größer war ihr Schock, nun auch noch von der Gefangennahme ihrer Freundin zu erfahren.
»Um Himmels willen! Wie konnte sie bloß ein solches Risiko eingehen! Sie muss unbedingt gerettet werden«, rief der Wichtelvater völlig außer sich. »Flieg jetzt nach Hause zu deiner Herrin, und ruhe dich aus!«, bat er freundlich das Chee-Moon-Kätzchen. »Wir werden beraten, was zu tun ist.«
Die Winzlinge flitzten schnell zurück und versammelten sich erneut im größten der Wurzelhäuser. Sie waren so aufgeregt, dass sie gar nicht bemerkten, dass Tim in der Stube fehlte.
»Wie erklären wir das nur dem Elfenkönig und seiner Gemahlin? Wenn er seine Tochter nicht mehr wiederbekommt, wird er uns das niemals verzeihen und womöglich aus dem Elfenreich verbannen!«, meinte der Wichtelvater und rückte nervös seine spitze Mütze hin und her.
»Aber wir können doch gar
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