Special Der Zauberbann
als sie und ihr vertrauter Gefährte sich an diesem windstillen Sommertag ungehindert in die Lüfte erhoben.
Sie flogen über die Baumwipfel des Waldes hinweg immer weiter den Hügel hinauf in Richtung zu Torkans Turm.
Nachdem sie die halbe Strecke zurückgelegt hatten, hielt Sarah inne und meinte: »Ich fühle mich mit einem Mal so unwohl. – Gerade so, als würde uns ständig etwas Gefährliches beobachten! Komm, wir machen eine kurze Verschnaufpause!«
Sie ließ sich mit ihrem schneeweißen Begleiter auf dem kräftigen Ast einer Tanne nieder. Ein unbehagliches Gefühl hatte sie beschlichen und ließ sie nicht mehr los. Das Chee-Moon-Kätzchen schaute sie mit großen Augen treuherzig an. »Wir müssen vorsichtig sein!«, schnurrte es.
Schließlich schüttelte Sarah sich, als hätte sie vor etwas einen Graus. »Komm, wir wollen weiterfliegen, bald haben wir es geschafft.«
Sie erhoben sich, und flugs ging es weiter den Hügel hinauf. Hätte Sarah gewusst, dass der Hexenmeister Torkan sie bereits durch seine Kristallkugel beobachtete, wäre sie sicherlich sofort wieder umgekehrt. Seinen scharfen Augen entging in dieser Gegend nämlich fast nichts. Beim Anblick der Elfenprinzessin sah er sich seinem Ziel schon ganz nahe. Torkan winkte seinen treuen Gehilfen, den Kobold Quork herbei, der für ihn ein großes Fernrohr anschleppte, um das Geschehen genauer verfolgen zu können.
»Ja, jetzt kommt endlich die Gelegenheit, mir meinen größten Wunsch zu erfüllen und mich Herrscher über das Reich der Elfen zu nennen«, triumphierte Torkan. Er streifte sich hochmütig seine lange krause Mähne in den Nacken zurück. »Und dann«, fuhr er fort, »nehme ich all ihre wertvollen Schätze und auch die der Wichtel in meinen Besitz. Und wie ich die Bewohner des Elfenreiches am besten unschädlich mache, dazu fällt mir mit Sicherheit noch das Passende ein!« Er lachte schadenfroh und rieb sich gierig die knochigen Hände.
»Siehst du hier die Elfenprinzessin?«, fragte er den Kobold. Quork durfte kurz durch das Fernrohr sehen, nickte daraufhin zustimmend mit dem Kopf und grinste hinterlistig. Seine gelbbräunlichen Schneidezähne ragten dabei ekelerregend aus seinem breiten Maul.
Ungeduldig nahm Torkan wieder das Fernrohr an sich, und sein düsterer Blick verschärfte sich unter den grauen, buschigen Augenbrauen. »Sie fliegt gerade mit Orkas Chee-Moon-Kätzchen über den Hügel herauf und trägt eine Königsperle um den Hals, die es mir ermöglichen wird, in ihr Reich einzudringen.«
Quork runzelte die Stirn, wobei seine tiefliegenden, feuerroten Augen etwas unsicher dreinblickten. »Aber um an die Perle zu kommen, müssen wir die Elfe zuerst einfangen, und das dürfte nicht gerade einfach sein!«
»Das kann für dich doch kein Problem sein! Oder?«, knurrte Torkan herausfordernd. »Ich werde den Weg der beiden weiter mit dem Fernrohr verfolgen. So wie es aussieht, fliegen sie geradewegs hierher zum Turm!
Und wenn sie angekommen sind, wirst du dir die Elfe im rechten Augenblick schnappen und zu mir bringen. Sie darf auf keinen Fall entkommen!«
»Meister, du kannst dich auf mich verlassen.« Der Kobold flitzte los und trug wenig später einen Vogelkäfig aus stabilen Eisenstäben herbei, welchen er vor Torkan auf dem großen, schwarz lackierten Holztisch abstellte. Dann lief er mit einem Schmetterlingsnetz in der Hand zum Turmausgang hinunter, um draußen ineinem mit Laub und Ästen getarnten Versteck der Elfenprinzessin aufzulauern.
Als Sarah und das Chee-Moon-Kätzchen den Turm erreichten und sich ein wenig umsahen, entdeckten sie nicht allzu weit davon entfernt einen Höhleneingang, der von Kletterpflanzen und hohem Gebüsch fast vollständig verdeckt war.
»Du versteckst dich«, sagte Sarah zum Kätzchen, »und ich werde nachsehen, ob eine Spur zu den Nachtelfen führt, die sicherlich gegen Abend aus ihrer Behausung kommen werden!«
Gerade als Sarah in niedriger Höhe am alten Turm vorbeiflatterte, hörte sie hinter sich ein leises Geräusch und das Rascheln von Blättern. Bevor sie die Gefahr erkennen konnte, fiel auch schon das Schmetterlingsnetz über sie.
Sarah schrie vor Schreck auf, doch der Kobold packte sie mit seiner kräftigen Klaue und nahm sie mit sich. Da half auch der mutige Einsatz des Chee-Moon-Kätzchens nichts, welches ihn fauchend und kratzend angriff.
Schon nach wenigen Schritten hatte Quork das schwere Holztor zum Turm erreicht. Er trat flink ein und schob innen einen großen Riegel vor.
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