Special Edition: Alarmstufe Blond & Vor Liebe wird gewarnt (German Edition)
in die Speisekarte.
»Ich weiß nicht, was ich will«, entgegnete er schließlich, nachdem er einen Blick auf das Angebot geworfen hatte, doch danach die Speisekarte zuklappte.
»Soll ich was für dich aussuchen?«, fragte ich.
»Nein, das meinte ich nicht«, erwiderte er. »Ich meine, ich weiß nicht, ob ich dasselbe will wie du. Momentan möchte ich einfach nur meine Ruhe haben. Aber im Prinzip will ich mich endlich einmal richtig verlieben.«
»Das möchte ich doch auch.« Ich legte jetzt auch die Karte zur Seite. Das Essen hatte Zeit. Ich war ohnehin nicht hungrig.
»So dass man dummes Zeug macht, mitten in der Nacht zu ihr fährt, weil man solche Sehnsucht hat. Oder sich in der Menge nach fremden Frauen umdreht, weil man geglaubt hat, das wäre sie. Vielleicht weil die Fremde wie sie riecht.«
»Wenn man mit einem Dauergrinsen durch die Gegend läuft und ständig dieses Kribbeln im Bauch hat.«
Er nickte. »Genauso.«
»Das möchte ich auch.«
Er lächelte mich an. Ich hatte auf einmal das Gefühl, dass mir die Luft wegblieb.
»Na, da haben wir ja etwas gemeinsam«, krächzte ich. »Ich habe übrigens soeben vergessen zu erwähnen, dass ich daran glaube, dass es da draußen irgendwo den Seelenpartner gibt. Einen Menschen, der mich wortlos versteht, dessen Seele mit meiner eigenen im Einklang schwingt.«
Wieder kräuselte sich seine Nase. »Das ist vermutlich typisch weiblich. So etwas brauche ich nicht.«
»Was brauchst du dann?«
Er sah hinaus auf die Stadt, die unter uns ausgebreitet lag. Hinter den Häusern ging gerade die Sonne als glühendroter Feuerball unter und färbte die Wolken goldrot. Zarte, graue Wolkenfetzen trieben darüber hinweg und verwandelten sich vor meinen Augen in seltsame Wesen, bevor sie sich in Nichts auflösten. Dieses fantastische Naturschauspiel war mir gar nicht aufgefallen, so sehr hatte ich Tim angestarrt. Er schien es ebenfalls nicht zu bemerken.
»Ich brauche jemanden, auf den ich mich immer verlassen kann«, sagte er schließlich und sah wieder zu mir. »Eine Frau, von der ich weiß, dass sie mich nicht betrügen und belügen wird. Ich denke, das reicht mir.«
»Dann bist du genügsam«, schmunzelte ich. »Und es ist dir egal, wie sie aussieht?«
»Nein!«, schrie er auf, so dass ein Pärchen am Nachbartisch irritiert zu uns herübersah. »Sie sollte natürlich gut aussehen und sexy sein. Das ist Grundvoraussetzung.«
»Jaja, typisch Mann«, erwiderte ich und runzelte in gespielter Empörung die Stirn. »Außerdem sollte sie gut kochen können und eine Granate im Bett sein.«
»Du nimmst mir die Worte aus dem Mund«, grinste er.
»Das hatte ich mir gedacht«, seufzte ich.
»Das klingt nicht mehr ganz so genügsam, oder?«
»Nein, wirklich nicht.«
In seinen Augen spiegelte sich die Sonne, als er mich verschmitzt ansah. Und ich erinnerte mich plötzlich an den Tag, an dem ich ihn das erste Mal gesehen hatte. Es war auf der Straße. Ich war damals sechs Jahre alt gewesen und hatte ein Fahrrad geschenkt bekommen, das ich ausprobierte. Er stand mit einem Freund am Straßenrand und gab mir Tipps, die ich leider nicht ausführen konnte, ohne auf der Nase zu landen. Dann nahm er mir das Fahrrad einfach weg und fuhr davon. Von diesem Tag an liebte ich ihn.
Als er mir das Gefährt wenig später wiederbrachte, brüllte ich ihn verheult an, doch er verzog nur den Mund und sagte kein Wort zu mir. Ich versuchte, ihm aus dem Weg zu gehen, sobald ich ihn erblickte, doch er kreuzte immer wieder meinen Weg. Als ich ihn zwei Monate später auf dem Schulhof wiedertraf, schenkte er mir ein abgenutztes Kartenspiel. Seitdem wechselte ich nicht mehr die Straßenseite oder lief heulend davon, wenn ich ihn sah. Und zwei Jahre später verprügelte er einen Jungen, der mich gehänselt hatte. Danach waren wir unzertrennlich.
Und jetzt saß er mir gegenüber, das Blau seiner Augen leuchtete unwirklich, und eine riesige Welle von Emotionen brach über mich herein. Ich nahm die Speisekarte zur Hand, damit er nicht sah, wie verzweifelt ich versuchte, nicht davongespült zu werden.
»Ich glaube, ich nehme den Fisch«, sagte ich und blätterte durch die Karte, um zu sehen, ob auch wirklich Fisch angeboten wurde.
»Dann nehme ich den auch«, sagte er.
Es gab Fisch. Erleichtert atmete ich auf. Als nur wenig später der Kellner zu uns kam, bestellte ich zwei Schollenfilets, eine Flasche Rotwein und einen Martini als Aperitif. Ich brauchte Alkohol.
Sobald die ersten Tropfen meine Kehle
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