Special Edition: Alarmstufe Blond & Vor Liebe wird gewarnt (German Edition)
mögt. Er ist auch gerne in der Stadt. Er hat dort mal gearbeitet.«
Tatsächlich? Und was war dann passiert?
Ich sah auf das Familienfoto auf der Schrankwand. Entweder hatte sie mir was in die Limonade getan oder der Junge sah wirklich ganz niedlich aus. Er musste in meinem Alter sein.
Ich sah zu dem Alten, der verlegen aus dem Fenster starrte. Er wollte sich dazu offenbar nicht äußern. Dann blickte ich Emma-Louise an, die erwartungsvoll auf meine Antwort lauerte.
»Äh, ich weiß nicht«, sagte ich lahm. »Ich wüsste ja gar nicht, wann.«
Als hätte sie nur darauf gewartet, kam ihr Vorschlag. »Wie wär’s denn am Sonntag in der Kirche. Da ist er hier im Ort.«
Ein Date an einem Sonntag in der Kirche klang relativ ungefährlich. Ich war zwar keine Kirchgängerin, aber vermutlich war das der einzige kulturelle Höhepunkt in diesem Ort. »Na gut«, stimmte ich schließlich zu. »Dann sehen wir uns am Sonntag in der Kirche.«
Sie strahlte, während ich aufstand.
»Abgemacht. Das ist doch was, nicht wahr, Vater?«
Der Alte nickte, sein Lächeln fiel allerdings etwas verhaltener aus.
»Aber wie gesagt, machen Sie sich keine allzu großen Hoffnungen, ich bin bald wieder weg.« Ich ging zur Tür.
»Es ist erst vorbei, wenn es vorbei ist«, grummelte der Alte, bevor er zur Terrassentür ging und im Grün des Gartens verschwand.
Emma-Louise brachte mich zur Tür, dann war ich entlassen und stand draußen auf der Straße. Ich hatte zwar noch immer keinen Handwerker, aber dafür ein Date für Sonntag. Andersherum wäre es mir lieber gewesen.
Ich kehrte schnurstracks an meinen Computer zurück, wo ich bis zum Abend schrieb und darüber spekulierte, ob Wahnsinn besonders in ländlichen Gebieten in altmodischem Ambiente öfter auftrat und vererbbar war. Ich wollte noch etwas über die Zusammenhänge zwischen Stille und Irrsinn hinzufügen, als ich ein Rascheln vor dem Haus hörte. Es wäre mir niemals aufgefallen, wenn ich mich in einer normalen Umgebung befunden hätte. Aber hier klang jedes Blätterrascheln wie das Starten eines Düsenjets. Erschrocken fuhr ich auf und sah hinaus.
Es war inzwischen dunkel draußen. Zwei müde Straßenlaternen, die auch schon mehrere Kriege überlebt hatten, warfen etwas Licht auf die Straße. Aus dem Haus gegenüber schwebte ein leichter heller Schimmer über das Gebüsch in meinem Vorgarten. Ansonsten war es finster. Ich konnte nichts erkennen. Ich wollte es gerade als das Rascheln einer Katze oder Maus abtun, als es erneut erklang. Und dieses Mal sah ich sogar einen Schatten über den Weg huschen. Dann war er verschwunden und die Nacht lag wieder still.
Mein Herz klopfte. Ich klappte den Computer zu, löschte das Licht und lauschte in die Dunkelheit. Es blieb alles ruhig. Nichtsdestotrotz schwor ich mir erneut, so schnell wieder möglich meine Aufgabe in diesem Ort zu beenden, um noch lebend wieder in meine geliebte Stadt zurückzukehren.
Tag 4
6. Juli, noch 11 Tage bis zum Erstschlag
Handwerker sind ein seltsames Völkchen. Kaum denkt man, man hat sie durchschaut, kommen sie von hinten durch ein Schlupfloch und stechen einem ein Messer in die Brust. Natürlich nur sprichwörtlich.
Ich hatte mir am nächsten Morgen von Albert, meinem Nachbarn, die Telefonnummer von Peter geben lassen und war damit zum Ortseingangsschild gelaufen. Dann rief ich ihn an (er ging tatsächlich an den »Apparat«) und diskutierte eine halbe Stunde mit ihm, ob und wann er mein Haus renovieren könne (Carolines Haus meinte ich natürlich.)
Ich teilte ihm sogar mit, dass Geld keine Rolle spiele (die Rechnung musste ja Caroline bezahlen), doch die Antwort blieb dieselbe: erst in zwei Wochen. Bis dahin seien er und sein Team mit der Renovierung des Kulturhauses im Nachbarort beschäftigt. Der dortige Bürgermeister habe ein paar Fördergelder aufgetrieben, die so schnell wie möglich unter die Handwerksleute gebracht werden mussten. Daher duldete der Auftrag keinen Aufschub.
Ich fluchte zuerst leise und dann laut, denn in zwei Wochen, das war viel zu spät, aber das interessierte ihn nicht. Ich wollte noch etwas Unflätiges hinterherschicken, doch da machte es »piep« und mein Handy stellte sich tot. Der Akku war leer.
Noch immer lauthals fluchend ging ich zurück zum Haus, wo ich das Telefon ans Stromnetz anschloss und dann eine halbe Stunde verloren in der Gegend herumstand. Als ich meinen Magen knurren hörte, fiel mir ein, dass ich mich endlich auf die Suche nach einem Supermarkt
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