Spekulation in Bonn
lassen konnte.
Rolltreppen beförderten die Fluggäste zur Abfertigung oder schoben sie den Taxen entgegen, die in kurzen Abständen vorfuhren. Polizeibeamte mit Sprechfunkgeräten und lässig über die Schulter gehängten Maschinenpistolen stellten sich selbst und die Staatsmacht zur Schau. Einigen der Beschützten vermittelten sie ein Gefühl von Sicherheit, anderen Unbehagen.
Auf der Leuchttafel klickten die Anzeigen und meldeten Abflug und Ankunft der Maschinen. Freiberg versuchte erst gar nicht, das Spiel auf der Anzeigentafel zu durchschauen, sondern ging zur Information. Kurzes Vorzeigen des Ausweises und das Wort »Kriminalpolizei« – schon kam die Antwort schnell und präzise, Lächeln inklusive. »Die Maschine von Zürich landet um elf Uhr fünfundfünfzig Minuten. Verspätungen sind nicht gemeldet.«
Freiberg dankte und trat zu Lupus, der die Tafel studiert hatte. »Noch eine halbe Stunde bis zur Landung, die laufen wir spielend ab. Hier ist immer was zu sehen.«
Zu hören war erst einmal der Gesang einer Chartergruppe, die sich in Höhe der Snackbar für den Flug nach Kenia zusammengefunden hatte. Der Reiseleiter trug das schwarz-rot-grüne Fähnchen mit dem ovalen Mittenemblem und gab seinen Schäfchen Gelegenheit, sich kennenzulernen. Manche im Sonnenstudio vorgebräunte Singles peilten ihre Chancen an; manche Duos peilten mit.
Wegen der Terroristengefahr waren die Türen zu den Aussichtsplattformen abgesperrt. An den Isolierglasscheiben drückten Kinder ihre Nasen platt, um die Flugzeuge auf dem Rollfeld zu sehen. Mit großen Augen folgten sie dem FOLLOW-ME, der eine Maschine der Lufthansa an den Anlegestern dirigierte. Ein riesiger Jumbo rollte zum Startplatz, und kleine Gepäckwagen fuhren hin und her. Eindrücke genug für Kinderaugen. Auch Freiberg betrachtete aufmerksam das geschäftige Treiben.
Lupus berührte seinen Arm. »Dreh dich nicht um – Besuch für Kai Fischbach. Frau Nikols geht zur Abfertigung B. Wir müssen uns unauffällig verdrücken. Ich nehme Deckung in der Reisegruppe.«
Freiberg drängte sich in einen englischsprechenden Pulk Wartender und sah vorsichtig zur Passage B hinüber. Martha Nikols trug einen hellen Sommermantel. Sie blickte unruhig in die Menge und ging langsam zur Anzeigentafel. Sie schaute hoch und verharrte eine Weile; dann ging sie mit schnellen Schritten zurück. Als sie wieder die Menschen in der Halle zu mustern begann, ertönte über den Lautsprecher die Ansage: »Ankunft Swissair Flug fünf-sechsundachtzig aus Zürich. – Arrival Swiss-air Flight five-eightysix from Zürich.«
Martha Nikols wählte ihren Standort so, daß sie jeden ankommenden Fluggast erkennen konnte, bevor er die Treppe zur Gepäckausgabe betrat. Freiberg drückte sich mit gemurmelten Entschuldigungen durch die Wartenden und tauchte ebenfalls bei den Kenia-Freunden unter.
Schnell hatte er sich an Lupus herangeschoben. »Wenn die ersten Fluggäste aus Zürich auftauchen, konzentriert sich die Nikols nur noch dorthin. Dann schnell vor. Wir kennen Fischbach ja nicht. Sobald sie ihn anspricht, gehen wir dazwischen. Du hältst die Dame zurück, und ich befördere den Herrn in die VIP-Lounge, ein Stockwerk tiefer. Dort gibt es immer ein freies Eckchen oder einen Nebenraum.«
»Setz ihm die Daumenschrauben an.«
»Nein – die sanfte Tour mit etwas Druck. Der muß uns erst zu seinem Auto führen. Du kommst mit Frau Nikols nach; dann sehen wir weiter. – Sei lieb zu der Blondine.«
»Worauf du dich verlassen kannst.«
An der schwarzen Tafel leuchtete hinter der Anzeige »Flug 586« in Grün das Wort »gelandet« auf. Wenige Minuten später wurden die ersten Fluggäste von den Wartenden begrüßt.
Martha Nikols reckte sich auf Zehenspitzen und winkte.
»Los!« sagte Freiberg.
So schnell wie möglich, doch ohne zu rennen, eilten die beiden Kollegen zum Eingang »B«. Lupus nahm die rechte Seite, Freiberg die linke. Ein Herr mittlerer Größe im dunkelblauen Gabardinemantel mit einem kleinen Handkoffer ließ deutlich Überraschung erkennen, als er Martha Nikols sah. Sie lief auf ihn zu und setzte zu einer Erklärung an.
Kommissar Freiberg trat dazwischen. »Herr Fischbach?«
»Das ist Kriminalpolizei«, rief Martha Nikols, bevor sie von Lupus energisch fortgezogen wurde. »Sie kommen mit mir!«
»Aber…«
»Bitte, hier entlang. Sie werden mir ganz gewiß einiges mitzuteilen haben.«
»Aber…«, sagte auch Kai Fischbach. Freiberg ließ ihm keine Zeit, sich auf die Situation
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