Spekulation in Bonn
kaum«, meinte Frau Schmiedemann. »Aber ich werde mich beim Etagenkellner erkundigen.« Mit einem Kopf schütteln beendete sie das Telefongespräch, drückte die Gabel nieder und wählte eine andere Nummer. Wieder Fragen und wieder Kopfschütteln. »Leider, Herr Kommissar – damit kann das Haus nicht dienen. Weder Etagenkellner noch Zimmermädchen haben die Gäste gesehen. Die Betten waren allerdings benutzt.«
»Man müßte nur wissen, wie sehr und wie lange«, brummelte Lupus.
Freiberg gab sich mit der Antwort nicht zufrieden. »Kann uns vielleicht jemand von der Rezeption weiterhelfen?«
Frau Schmiedemann winkte ihren Kollegen heran. »Du hattest doch vorletzte Nacht Dienst, von Mittwoch auf Donnerstag. Die Herren von der Kripo möchten wissen…«
»… wann Herr Fischbach und Frau Nikols von zwei-null-eins angekommen sind und ob sie in der Nacht das Hotel verlassen haben«, nahm Freiberg die Befragung selbst in die Hand. Er beschrieb Martha Nikols so deutlich, daß sich der Gefragte sowohl an die Frau als auch an ihren Begleiter erinnern konnte. »Sie kamen zusammen gegen neun, also einundzwanzig Uhr. Großes Gepäck hatten sie nicht, der Herr trug einen Handkoffer.«
»Haben Sie die beiden Gäste später noch einmal gesehen, in der Halle, beim Verlassen des Hauses oder bei der Rückkehr?«
»Bei dem Betrieb?! – Ich kann mich beim besten Willen nicht erinnern. Wenn sie die Schlüssel abgegeben hätten, vielleicht. Hier!« sagte der Mann und hielt einen Zimmerschlüssel mit einem zehn Zentimeter langen Anhänger aus Aluminiumguß in die Höhe. »Die Dinger sind ziemlich schwer, und niemand hat sie gern in der Tasche. Darum werden sie auch meistens abgegeben, wenn die Gäste das Haus verlassen.«
Freiberg bohrte weiter: »Wenn nun jemand das Hotel verläßt und nimmt den Schlüssel mit?«
»Dann wäre es Zufall, wenn man wahrnimmt, ob der Gast kommt oder geht. Außerdem haben an diesem Abend die Mitglieder der Reisegruppe ein ziemliches Gerenne veranstaltet. Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, die Dame oder den Herrn noch einmal gesehen zu haben. – Die Ausbuchung hat übrigens mein Kollege von der Morgenschicht erledigt.«
»Wie lange hatten Sie Dienst?«
»Wir wechseln um zwei Uhr in der Nacht.«
»Danke für die Auskunft. Ihnen auch, Frau Schmiedemann. Seien Sie bitte so freundlich, den Kollegen von der Morgenschicht zu fragen, ob er die Gäste von zwei-null-eins in der Nacht gesehen hat. Wenn das der Fall sein sollte, rufen Sie uns bitte an. Hier, meine Karte. – Auf Wiedersehen.«
Freiberg blieb ebenso schweigsam wie sein Kollege. Erst im Auto sagte er: »Tolles Alibi!«
Lupus kommentierte: »Also rein sind sie zur guten Zeit – ich meine ins Hotel. Raus sind sie zur richtigen Zeit. Drin waren sie demnach bestimmt: wenn man nur wüßte, wie lange.«
»Das sieht recht dünn aus«, sagte Freiberg.
Lupus listete auf: »Ankunft im Hotel gegen neun, Zimmerbelegung und Herrichten eine halbe Stunde, Fahrzeit von hier bis Godesberg gut eine halbe Stunde, halb elf bis Mitternacht Aktivitäten mit dem Hanfseil. Mit Karacho zurück; gegen eins in der Heia; Frühstück und Abflug wie geplant.«
»Dazu Betrieb in der Hotelhalle, so daß niemand sie wahrnimmt. Tja, das Alibi hat ein Loch.«
»Eine haarige Angelegenheit, Chef«, stellte Lupus fest. »Hoffentlich hat Kai Fischbach noch ein As im Ärmel, sonst sehen die beiden Liebenden ziemlich alt aus. Nun möchte ich nur noch gern wissen, was für ein Auto der Fischbach fährt. Das müßte ja hier auf einem der Parkplätze stehen.«
»Auf zum Flugplatz«, sagte Freiberg. »Mal sehen, wann eine Maschine aus Zürich landet.«
Der Autobahnzubringer führte direkt in den sich hufeisenförmig öffnenden Gebäudekomplex hinein und in einer weiten Kurve wieder heraus. Auf den angeschlossenen Parkplätzen standen Hunderte von Fahrzeugen. Es wäre ein mühsames Unterfangen gewesen, hier nach einem bestimmten Wagen zu suchen. Ein besserer und kürzerer Weg, zum Ziel zu kommen, war der, Kai Fischbach bei der Ankunft in Empfang zu nehmen.
Freiberg stellte UNI 81/12 auf dem Parkplatz für Behördenfahrzeuge ab. PS-starke Staatskarossen mit BD-Nummern und Diplomatenwagen mit CD- oder CC-Kennzeichen warteten auf hereinschwebende Politiker und höhere Beamte. Die Fahrer vertrieben sich auf unterschiedliche Art die Zeit. Einige putzten die Scheiben nach und polierten Chromteile; andere lasen Zeitschriften oder dünne Heftchen, die man schnell verschwinden
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