Spekulation in Bonn
das große Tor auf, damit der Krankenwagen durchfahren kann.«
»Ich komme sofort. Dem Verletzten geht es nicht gut.«
Sekunden später wurde die Haustür geöffnet, und ein jüngerer Mann, Hose und Lederjacke mit Blut beschmiert, stürzte mit einem Schlüssel in der Hand auf die Einfahrt zu. In dem Augenblick, als der Torflügel zur Seite schwenkte, sprang Lupus vor. »Hände hoch! Polizei – keine Bewegung!«
Der Überraschte taumelte einige Schritte zurück und schrie: »Ihr verdammten Schweine, ihr habt mich überrumpelt, und mein Kollege stirbt!«
»Halt’s Maul!« brüllte Lupus ihn an. »Das ist wirklich der Arzt. Und du bist festgenommen wegen Verdacht des Mordes an Korbel.«
Doktor Kehlmann sah nur kurz zur Seite und ging schnellen Schrittes ins Haus.
»Laß die Hände oben – auf drei Meter treffe sogar ich«, sagte Lupus. »Umdrehen und an die Mauer und so stehenbleiben!«
In halsbrecherischer Fahrt kam der zur Verstärkung herbeorderte Streifenwagen den steilen Weg herauf. Der Ton des Martinshorns erstarb, als das Fahrzeug hinter den anderen Wagen hielt.
»Der Notarzt und einer von der Kripo sind im Haus«, rief der Fahrer des Krankenwagens den heranstürmenden Polizisten zu.
Die Beamten zogen die Waffen. Sich gegenseitig sichernd liefen sie zu der halb offenstehenden Pforte. Aufatmend sah Lupus die Uniformierten. »Kommt, Freunde, und helft mir. – Ich muß erst das Bürschchen hier durchsuchen.«
Die beiden Polizisten standen mit der Sig-Sauer im Anschlag, während Lupus den Mann nach Waffen absuchte. Die Aktion lief ab wie auf dem Übungsgelände. – Keine Waffe.
»Jacke ausziehen und auf die Erde werfen, zu mir her. Und keine Mätzchen; denk an deinen Kumpel im Haus. – Gut so. Und jetzt schön langsam umdrehen und die Hände vorstrecken.«
Mit dem so typischen Geräusch schnappten die Handschellen zu.
Der Festgenommene schien unter Schock zu stehen. Lupus drehte ihn herum: »Na, du Perückengespenst – hast du den Korbel aufgehängt, oder war es dein Freund da drinnen?«
Der Mann schwieg.
»Geht schon mal vor zum Wagen«, wandte sich Lupus an die uniformierten Kollegen und verstärkte seinen Griff. »Ich will mit dem hier allein reden. Ich glaube, der wird mir einiges erzählen. – Sagt CEBI, die sollen den Wagen vom Höhenweg abziehen und hierherschicken.«
In diesem Augenblick trat Doktor Kehlmann aus dem Haus. »Der Mann ist tot; da war nichts mehr zu machen. Der muß in die Rechtsmedizin. Laßt den Leichenwagen kommen. – Ich sehe mir jetzt Ihren Kollegen an. Wo kann ich ihn finden?«
»Durch die Pforte, dann rechts den Hang hinauf, nicht weit vom Holzstapel auf der anderen Seite der Mauer. Das war auch der Beobachtungsplatz von Peters.«
Lupus wandte sich dem Mann in Handschellen zu. »Du hast es gehört; dein Freund ist tot. – Nun überleg dir ganz schnell, wer von euch beiden Korbel aufgehängt hat.«
Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen. »Der Basil war’s! Ich habe nur als Fahrer mitgemacht – mitmachen müssen. Basil hat mich gezwungen; der hat auch die Perücke besorgt.«
»So ist’s richtig. Kämpf du um deinen Kopf. Tote können nicht widersprechen. – Es soll sogar Richter geben, die an Märchen glauben. Vielleicht hast du Glück – dann dauert lebenslänglich nicht gar so lange. Eines möchte ich doch noch wissen. Was hat euer Chef, der Wanitzky damit zu tun?«
Keine Antwort.
»Das wird sich schon noch rausstellen. Und jetzt ab mit dir.«
Lupus hob vorsichtig die blutbeschmierte Lederjacke auf und griff in die Innentasche. Die Brieftasche war prall gefüllt und enthielt einen deutschen Personalausweis und einen belgischen Paß auf den Namen Willi Küken, zweiunddreißig Jahre alt.
Mit großer Musik und Blaulicht kam der Streifenwagen vom Höhenweg heran. Nun war die Zufahrt restlos verstopft.
Lupus war für jede Gelegenheit dankbar, den Anblick der Leiche vermeiden zu können. Er schob den Festgenommenen den Polizisten zu und sagte: »Jetzt machen wir erst mal die Straße frei.« Doch zunächst ging die Meldung über den Ablauf der Ereignisse am »Dohlenhaus« und vom Tod des Angeschossenen an die Leitstelle, »…schickt schnellstens den Erkennungsdienst her.«
Lupus ließ den Motor an, setzte einige Male vor und zurück und fuhr auf den Hof. Die anderen Wagen folgten. Der Streifenwagen mit »Küken in Handschellen« fuhr einen engen Bogen und zog ab zum Präsidium.
Dann ließ sich Doktor Kehlmanns Stimme vernehmen. Er blickte vom
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