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Spiegelblut

Spiegelblut

Titel: Spiegelblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uta Maier
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Griff an, aber sie hielten mich wie mit Eisenfesseln. Als sie meine Handgelenke zu ihren Lippen führten, traf sich ihr Blick. Es war der eines Abenteurers, der einen verschollenen Schatz gefunden hatte, der eines Diebes, dem sein bester Coup gelungen war. Vielleicht war es auch einfach nur der Blick zweier Vampire, die Spiegelblut kosteten wie Wasser aus dem Heiligen Gral.
    Ihre Zähne drangen schneller in mein Fleisch, als ich aufschreien konnte. Der Zug an meinen Adern war hektisch und ungezähmt. Es tat weh, ich konnte meine Augen nicht schließen, sondern sah in einem flatternden Wechsel von einem zum anderen. Beide starrten in mein Gesicht, während sie tranken. Ich würde die Augen aufhalten und sie ansehen, bis ich nicht mehr konnte. Ich wollte sie sehen – meine Macht. Ich wollte sie ein einziges Mal sehen, auch wenn es im Gesicht eines anderen war. Es wurde kalt … so unsagbar kalt. Meine Augenlider wollten zufallen. Wie kurz vor dem Einschlafen, wenn man unbedingt wach bleiben will.
    Draca unterbrach das hastige Trinken, hielt inne und hob den Kopf. »Aliquid Sanctum est! Sie schmeckt wie der Himmel.«
    Er sprang plötzlich auf und fing an, wie irre zu rennen, hundert Meter über die Heide, pfeilschnell, und wieder zurück. Vor mir fiel er auf die Knie, fast als wollte er mir huldigen. Aus voller Kehle begann er zu lachen. Blut tropfte von seinen Fängen auf mein Gesicht. »Ich kann die verdammten Frühlingsblumen riechen. Nein, ich bin ihr Duft und ihre Farbe. Ich bin violett. Ich bin der Wind, der sie beugt, und ich beuge mich …« Er suchte nach passenden Worten, fand aber keine mehr, den Blick träumerisch und voll Verzücken auf mich gerichtet. Ich bekam kaum noch Luft, das Blut rann aus dem Loch in meinem Handgelenk, das er nicht verschlossen hatte.
    »Übertreib es nicht, Draca!« Raven beäugte ihn seltsam. »Lass es dir nicht zu Kopf steigen.«
    Doch es war zu spät. Dracas Züge verzerrten sich zu einer bizarren Grimasse, als er Raven musterte. Passion fraß an ihm wie Feuer. Flammen leckten über seine rote Iris.
    »Ich teile sie nicht mehr mit dir!« Er schoss hoch und packte Raven am Kragen, zusammen wirbelten sie über die Heide. Sie waren so unglaublich schnell, noch viel schneller, als sich Vampire sonst bewegten.
    Ich muss aufstehen. Ich muss fliehen. Wohin?
    Sie verkeilten sich ineinander, knurrten, rissen sich gegenseitig Wunden. Blut spritzte in hohen Bögen durch die Luft.
    »Hilfe!« Panisch schrie ich auf, taumelte nach oben. Dracas Blick fuhr sofort zu mir herum und er lachte auf.
    »Lauf doch! Lauf! Ich fange dich mit Vergnügen wieder ein!«
    Ich rannte, während mich das Klatschen zweier Körper gegeneinander verfolgte. Sie kämpften ohne Diamantspeere. Wie konnte ein Vampir einen solchen Kampf gewinnen? Wie lange würde es dauern? Wie weit würde ich kommen?
    Draca ist so schnell …
    Ich keuchte, hoffte, lief, aber meine Wunden bluteten weiter. Deutlicher konnte ich meine Spur nicht hinterlassen.
    » Hilfe !« Nein, nicht schreien! Wer kann dich finden? Denk nach! Wer hat dich immer gefunden, wenn du in Gefahr warst? Pontus !
    Tränen traten in meine Augen. Natürlich hatte er mich immer gefunden. Ich wusste, warum. Es blutete in mir noch stärker als meine Wunden an den Handgelenken. Er war nur meinem Ruf gefolgt!
    Halsstarrig starrte ich in die Nacht. Wenn es jetzt nicht funktionierte, hatten mich die Engel im Stich gelassen. Wenn es jetzt nicht funktionierte, würde Draca mich töten. Trotz des goldenen Lichts und Finan, der dahinter wartete, wollte ich nicht sterben.
    »Du kannst mich nicht sehen«, rief ich in den Wind. Warum musste es ausgerechnet in diesem Augenblick anfangen zu regnen und zu stürmen. »Aber dennoch bin ich hier!« Ich rannte weiter. Die Schnitte brannten, als würde jemand einen Tauchsieder in mein Fleisch bohren. Ich hörte Draca rufen, was er schrie, verstand ich nicht mehr. Meine Stimme fing an zu zittern. »Du kannst nicht fliehen«, Tränen rannen meine Wangen hinunter, als ich das volle Ausmaß aller Worte begriff. »Du bist ein Teil von mir.«
    Renn weiter, bring so viel Abstand wie möglich zwischen dich und Draca! Gib Pontus eine Chance!
    »Du kannst mich nicht sehen, aber dennoch bin ich hier. Du kannst nicht fliehen, du bist ein Teil von mir!« Ich wiederholte den Vers, wieder und wieder. Schrie ihn, flüsterte ihn, betete ihn, fluchte ihn.
    Er hat keinen Raumkrümmer. Er braucht ewig, bis er bei mir ist!
    Ich stolperte vorwärts. Der

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