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Spiegelblut

Spiegelblut

Titel: Spiegelblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uta Maier
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schüttelte den Kopf. »Du hast meinen Bruder getötet.«
    Er nickte. »Ein nutzloses Spiegelblut. Große Kräfte. Das Spiegellabyrinth war natürlich eine tolle Kulisse.« Er zwinkerte mir zu. »Nichts für ungut.«
    »Mein Bruder war nicht nutzlos.« Ich riss an meinen Handfesseln, plötzlich gaben sie widerstandslos nach.
    »Du wirst ihn bald wiedersehen, Coco. Schritt für Schritt auf dem Weg zur Großen Göttin der Schatten.«
    »Wieso willst du die Spiegelseelen töten?« Die Pferde um mich herum hatten ihre Hälse gesenkt, als würden sie sich vor mir verneigen, nur das Pferd von Faylin stand aufrecht und stolz.
    Er verzog sein Gesicht zu einer gräulichen Grimasse, fast wirkte es schmerzverzerrt. »Ihr dürftet gar nicht hier sein. Der Eine ist schuld. Er hat euch erschaffen.«
    »Er hat uns erschaffen?«, wiederholte ich matt. Wie denn? Ich sah an mir herunter, kniff mich in den Oberschenkel. Ich spürte mich nicht, obwohl ich einen Körper hatte. Ebenso gut hätte ich das Pferd sein können, auf dem Faylin ritt. Ich hätte auch Faylin sein können, ich wusste es nicht mehr. Und doch arbeitete mein Verstand besser denn je, als würde er alles finden, hier in dem Raum aus Nichts, der angefüllt war mit meinen Traumbildern. Als wäre alles ohne Grenzen. Ja, das mochte die Spiegelsicht sein. Grenzenlos. So wie die Macht einer Spiegelseele.
    »Hast du dich je gefragt, wie man etwas zusammenführen soll, was nicht wirklich getrennt ist?«
    »Die Seelenhälften von Remo und Damontez?«
    »Schlaues Kind.« Trotz seines Lobes sah er aus, als würde ich ihn anwidern. »Die beiden teilen sich eine Seele. Daher können sie auch nur gemeinsam lieben und hassen. Die Seele fühlt gemeinsam. Die Trennung ist nicht komplett vollzogen.«
    »Aber ein Spiegelblut soll doch die Seelenhälften vereinen.« Draca und Raven standen plötzlich neben mir und beobachteten mich stumm.
    »Ja, natürlich. Dazu bist du hier. Auserwählt von deinem Bruder, und er wiederum von deinem Vater und dieser von dem Mädchen, das ihn liebte, Amanda. Und sie von einem Jungen namens Leo. Eine endlose Kette. Ich habe nur sechs davon gefunden.«
    »Ein Spiegelblut wählt seinen Nachfolger?«
    Faylin nickte. »Durch ein inniges Gefühl der Liebe. Das ist das Los der Spiegelseelen. Aber das habe ich selbst erst durch dich herausgefunden. Vorher hielten wir es für eine bösartige Willkür der Engel. Niemals hätten wir gedacht, dass es sich auf dich übertragen würde, sonst hätten wir dich gleich getötet.«
    Hass packte mich mit groben Händen. »Du bist der letzte Dreck, Faylin. Hast du auch meinen Vater umgebracht?«
    Faylin schwang sein Zepter Richtung Norden. »Komm mit, ich zeige es dir.«
    Er straffte die Zügel, ließ das Pferd wenden und ritt dann davon, überzeugt, mich geködert zu haben. Unglücklicherweise hatte er recht. Ich folgte ihm langsam, hielt mich von dem Hinterteil des Tieres fern, als könnte es mich in meiner Halluzination mit einem Tritt verletzen. Aber vielleicht konnte es das sogar!
    »Wo bringst du mich hin?« Ich watete durch milchigen Nebel, hob die Füße an und spürte, wie meine verbliebene Kraft aus mir herausströmte, ja vielleicht sogar den Nebel erst bildete.
    »Kannst du es sehen?«
    »Ich sehe gar nichts.«
    »Nicht mit den Augen, mein Engel.« Faylins Gesicht sah kurz aus wie das von Draca, aber es dauerte nur wenige Sekunden. Er klopfte auf sein Herz. »Hiermit.«
    Ich spürte in mich hinein. Die Wahrheit liegt in der Stille. Nein, Faylin hatte meinen Vater tatsächlich nicht getötet. Der Unfall blieb ein Unfall. In diesem unwirklichen Umfeld wurde es Gewissheit.
    »Ein eitler Mann, dein Herr Papa. Auch ein Spiegelblut. Aber seine Kräfte waren schwach, rannten gegen sein Spiegelbild an und verloren den Kampf. Niemand hätte ihn gefunden, Amanda wusste das. Sie war ein intelligentes Mädchen.«
    »Du hast sie getötet. So wie Finan.«
    »Und so wie dich. Sieh nur, wie wenig Kraft dir geblieben ist. Dein Herz wird sehr bald aufhören zu schlagen. Die Sinne sind schon zu lange blockiert. Du verlierst deinen Kontakt zu den Engeln.«
    Ich sah mich um, konnte aber keine Veränderung feststellen. Doch, eine, Faylin war verschwunden. Die Umgebung löste sich auf, wurde dunkler. Würde ich jetzt sterben? Angst lief aus mir heraus wie Wasser aus einer umgekippten Flasche. Die Stille schrie wie hundert Dezibel in meinen Ohren. Wieherte. Wieder donnerten die Hufe heran, unerbittlich. Faylin tauchte jäh aus einer Wolke

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