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Spiegelblut

Spiegelblut

Titel: Spiegelblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uta Maier
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auf 499 Arten lieben können.« Ihr kalter Blick brannte Hitze auf meine Haut. Mir lag es auf der Zunge zu fragen, ob diese 499 Arten seelischer oder körperlicher Natur waren, aber sie redete bereits weiter. »Damontez bräuchte eine einzige Vampirin an seiner Seite. Das würde ihm guttun und seiner halben Seele die nötige Ruhe schenken. Und nicht so ein billiges Blutmädchen.« Sie klang so vorwurfsvoll, als wäre das mit der Obhut meine eigene Idee gewesen. Dann dämmerte es mir: Natürlich, sie alle dachten, ich wäre seine persönliche Blutgeisel. Ob sie auch glaubten, er würde wie ein Seelenloser noch ganz andere Dinge mit mir anstellen? Ich spürte, wie mir das Blut ins Gesicht schoss. Mit einer fahrigen Bewegung rieb ich über meine Wangen. Die Geste irritierte mich, als gehörte sie nicht zu mir, aber ich beachtete es nicht weiter.
    »Ich frage mich, was ihn genau an dir reizt.« Mit dem Finger fuhr sie langsam über meine brennende Gesichtshälfte. Immer noch glühte Damontez’ Ohrfeige auf meiner Haut. »Vielleicht deine Augen? Dein Haar? Oder deine Verletzlichkeit? Das Gefühl, über dich regieren zu können wie über ein Volk? Wenn er schon nicht Herr seiner Seele sein kann, dann wenigstens über die einer anderen?« Ihr ruchloses Lächeln machte mir Angst, sie wich ein Stück zurück, musterte mich kritisch und ließ ihre Finger in der Luft spielen, als wollte sie mir mit den Nägeln die Kehle aufschlitzen.
    »Eines Tages wählt er mich vielleicht als Gefährtin.« Sie lachte plötzlich, fast entzückt von ihrem Gedanken, und ihre Finger verharrten mitten in der Spielerei, »dann könnten wir zusammen dein Blut nehmen.«
    Das war in einer ganzen Reihe von Schlägen derjenige, der mich rotsehen ließ. Ich rammte meine Stirn mit aller Kraft gegen ihr Nasenbein, so wie ich es vorhin bei Damontez gesehen hatte. Es war nicht schwer, weil sie größer war als ich, und meine Stirn sich genau auf der richtigen Höhe befand. Schmerz explodierte oberhalb meiner Nasenwurzel, gleichzeitig hörte es sich an, als ob ein Trinkbeutel platzte. Volltreffer ! Ich stieß sie von mir weg und rannte einfach los. Vorbei an dem zweiten Vampir des Tores, der jetzt einen Namen rief, hoch zur Wehrmauer sah und zögerte. Ich nutzte seine Unschlüssigkeit und glitt in die Nacht. Mein Herz zitterte vor Angst, ich wusste, ich würde kaum hundert Meter weit kommen. Doch allein, dass ich es durch dieses Tor geschafft hatte, war ein Triumph. Ich könnte es immer wieder schaffen!
    Riesige Lichtstrahler erhellten das weitläufige Gelände vor mir. Die Diamantsonnen gingen wie ein Pfeilhagel um mich herum nieder. Ich stand plötzlich in einem Parcours aus Speeren, links, rechts, vor mir, hinter mir. Damontez musste diesen Befehl erteilt haben. Ich orientierte mich neu, schlug Haken, aber es kostete viel zu viel Zeit. Ich traute mich nicht zurückzusehen. Von der Wehrmauer schallten die Rufe der Lichtträger über die Ebene. Sie hielten mich dazu an, stehen zu bleiben.
    Als ich mir endlich den Weg durch das gespickte Feld erkämpft hatte, blickte ich ihm direkt ins Gesicht. Nie hatten seine Augen ernster und zugleich entschiedener auf mich herabgeblickt. In dem schmalen Oval seines Gesichtes lag eine Stille, die nicht von dieser Welt war. Die Strahler der Wehrmauer erloschen. Angst presste mein Herz zusammen. Wieso löschten sie das Licht? Was sollten sie nicht mit ansehen? Warum starrte er mich so seltsam an? Ohne Zorn, aber mit diesem Ernst und dieser Tiefe.
    »Nein!« Entsetzt rang ich nach Atem, als mir bewusst wurde, was diese Stille in seinen Zügen bedeutete. Diesmal würde er mich für den Widerstand mit meinem Blut bezahlen lassen. Ich stolperte zurück, zog gleichzeitig zwei Diamantspeere aus dem Boden und richtete sie auf ihn. »Ich benutze sie!« Ich hörte mich keuchen.
    Er lachte nicht. Er kam nur näher. Linkisch fuchtelte ich mit den Speeren vor seiner Nase herum und versuchte, die Engel zu bestechen, mir hier und jetzt meine letzte Kraft zu schenken.
    »Nicht!« Mit dem Stab der Waffe schlug ich seinen Arm weg, den er nach mir ausstreckte. »Bitte nicht.«
    Seine schwarzen Augen glommen durch den Schnee, ich fühlte mich ihnen völlig ausgeliefert. In meiner Angst rammte ich die Diamantsonne in meiner Linken nach vorne. Aber ich erwischte nicht sein Herz, sondern streifte nur seinen Oberarm. Hilfe suchend wanderte mein Blick Richtung Sanctus Cor, doch ohne Licht sah ich nichts weiter als die schweren Flocken. Ich war

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