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Spiegelblut

Spiegelblut

Titel: Spiegelblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uta Maier
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ganz allein mit ihm.
    »Ich bin es leid, dein dämliches, kleines Nachtschattenherz zu spielen«, sagte ich mit zitternden Lippen und stieß die rechte Diamantsonne in die Luft. Diesmal fing er sie zwischen Zeige- und Mittelfinger – eine kurze Drehung seines Handgelenks und sie glitt aus meiner Hand. Ich griff eine neue.
    »Du vergisst, dass es keine Rolle ist, die du spielst.« Seine Stimme klang ruhig, aber nicht gleichgültig. »Es ist dein Status im Sanctus Cor. Ein Status, den du noch immer nicht verinnerlicht hast.«
    »Ein Status, den du mir einfach aufgezwungen hast. Ich hasse dich!« Ich rammte den Speer nach vorne und erwischte ihn diesmal. Die Diamantsonne verfing sich in seinem Hemdsärmel. Hektisch riss ich daran herum und schnitt ihm dabei ins Fleisch. Ein feiner Film Blut verteilte sich auf der durchblitzenden Haut. Über mich selbst erschrocken stolperte ich ein paar Meter zurück. Er kümmerte sich gar nicht um die Wunde, strich nur nachlässig darüber, als würde er Krümel abklopfen.
    »Du bist nicht das erste Mädchen, das ihren Herren hasst. Es ändert nichts.« Seine Augen verschatteten sich immer stärker.
    Angst stieg in mir auf wie in einer Wassersäule. Die Speere in meinen Fingern bebten.
    »Welchen Sinn hätte ein Nachtschattenherz für mich, wenn ich nicht sein Blut bekäme? Wenn ich nicht einen Teil von ihm in mir tragen würde als Ausdruck seiner Zugehörigkeit?«
    Jeden Schritt, den ich zurück machte, setzte er nach. Die Worte der Vampirin tanzten verloren in meinem Kopf: Und er ist ja nun auch nicht gerade ein Kostverächter. Mein Vorsatz, ihn keine Tränen mehr sehen zu lassen, brach entzwei wie zerschlagenes Porzellan.
    »Selbst wenn du mein Blut nimmst«, die blöden Tränen spülten einfach meine Wangen hinunter, ohne dass ich irgendetwas dagegen tun konnte, »ich gehöre dir nicht!« Heißes Salz brannte auf meinem Gesicht.
    »Ich werde dir zeigen, was es wirklich bedeutet, ein Nachtschattenherz zu sein.« Zum ersten Mal war der Klang seiner Stimme sanft, fast als wollte er gleichzeitig flüstern: »Fürchte dich nicht!« Aber gerade deswegen klopfte mein Herz noch schneller.
    Ich hatte keine Ahnung, was mich erwartete, was er tun würde. Ich kreuzte die Diamantsonnen vor meinem Körper, als könnte ihn das Christussymbol abschrecken. Nur das Klirren der aufeinander zitternden Stäbe war zu hören, während wir uns in die Augen sahen. Mein Atem malte ein tonloses »Bitte nicht« in die kalte Luft, aber ich hielt seinem Blick zum ersten Mal wirklich stand und warf die Diamantsonnen trotzig in die Winternacht.
    Was jetzt kommen würde, verdankte ich meiner Aufsässigkeit. Es war die schlimmste Art der Strafe, die er sich für mich hätte ausdenken können.
    Erst dachte ich, das gleißende Transparent in mir würde sich mit einem Schwung entfalten, doch der akustische Blitz, den ich immer hörte, blieb aus. Schmerz zog sich durch meine Wirbelsäule. Ich blinzelte verstört, meine Perspektive hatte sich so schnell gedreht, dass mein Verstand streikte. Mit dem Gesicht dem Himmel zugewandt lag ich rücklings auf der Schneedecke. Damontez kniete über mir und zwang mich in seinen Griff. Wie wild bäumte ich mich auf, stemmte mich mit dem Rücken und den Füßen gegen den Boden, chancenlos. Er beugte sich näher zu mir, kein Atem, nur Kälte. Schwärze tanzte in Punkten in meinen Augenwinkeln wie kurz vor der Bewusstlosigkeit. Ich wollte meine Arme anheben, ihn wegstoßen, kratzen, schlagen, aber er presste sie mit den Knien fest an meinen Körper. Meine Gegenwehr erlag einfach seiner Kraft. Erst als ich völlig still unter ihm liegen blieb, drehte er meinen Kopf zur Seite und bog ihn ein wenig zurück.
    »Welchen Sinn hätte ein Nachtschattenherz, wenn ich nicht sein Blut bekäme?« wiederholte er leise seine Worte von vorhin. Seine Stimme klang rau, aber nicht unbeherrscht, und immer noch so, als wollte er mich beruhigen.
    Ich schluckte, meine Finger schlossen und öffneten sich mehrfach. Ein letztes Mal versuchte ich, mich aus seinem Griff zu winden, doch es war vergebens.
    Er überstreckte meine Kehle ein paar Zentimeter weiter und legte mir eine Hand auf die Schläfe, um meinen Kopf in dieser Position zu fixieren. Sein Königsreif und die zurückgebundenen Haare ließen ihn noch rückhaltloser aussehen als gewöhnlich. Allein die Vorstellung, er könnte seine Zähne in meinen Hals graben und bis zur Besinnungslosigkeit mein Blut trinken, lähmte mich komplett. In meinem Mund

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