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Spiegelblut

Spiegelblut

Titel: Spiegelblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uta Maier
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und wenn ich dabei bin, darf sie nicht mit ihm sprechen. Seine heimlichen Besuche bei ihr werde ich ab heute auch nicht mehr hinnehmen.«
    Ich hatte es ja gewusst: Er würde mir meine neuen Freunde völlig entziehen. Mit den Fingern fuhr ich verzweifelt durch den Flaum der Wolle. Vor und zurück. Immer wieder, ohne Sinn. Tränen liefen meine Wangen hinunter und tropften in das weiche Fell.
    »Beruhige dich, Coco!« Shanny strich tröstend über meinen Rücken. »So wird sie bestimmt nicht gesund«, fauchte sie Damontez an. »Du bist ein Unmensch! Vielleicht hat Pontus recht, mit dem, was er sagt. Ich weiß ja nicht, was genau mit Dorian …«
    » Sprich seinen Namen nicht aus!« Gezischte Wörter, scharf wie Schwerter. »Niemals wieder! Nicht im Sanctus Cor!«
    Shanny ließ sich nicht einschüchtern. »Es ist fast Jahrhunderte her!«
    »Nicht ganz so lange. Aber was Coco betrifft, habe ich meine Gründe.« Er klang mindestens ebenso unerbittlich wie sie. »Und jetzt geh!«
    Ich hörte, wie sie zur Tür lief. »Ach übrigens: Man kann Menschen im 21. Jahrhundert auch Medikamente gegen Fieber verabreichen, nur falls deiner Glynis das entgangen ist!« Peng! Weg war sie.
    Ganz tief vergrub ich mein Gesicht in dem Fell, schmiegte meine Wange an die Wolle, als wäre das der einzige Trost, den ich bekommen würde. Ich spürte, dass er mich betrachtete, zusah, wie ich weinte und weinte und weinte und gar nicht mehr aufhören konnte, obwohl mein Kopf so sehr stach und ich kaum noch Luft bekam.
    Irgendwann berührte er meine Haare, streichelte unbeholfen und gleichzeitig so behutsam darüber, als fürchtete er, ich könnte unter seiner Sanftheit eher zerbrechen als unter seiner Härte. Mein Körper wurde starr wie ein Brett. Angespannt hielt ich die Luft an.
    »Also gut, Coco«, sagte er leise. »Eine halbe Stunde am Tag. Aber nicht ohne mein Beisein.« Seine Stimme hob sich ein bisschen, als er hinzufügte: »Nur Shanny, nicht Pontus!«
    Ich atmete aus, schluchzte erneut. Zum allerersten Mal hatte er mich Coco genannt. Wieso hatte er Pontus’ heimliche Besuche hingenommen? Mir zuliebe? Dann konnte er es doch gar nicht so schlecht mit mir meinen, wie er immer vorgab. Aber warum bestrafte er mich so hart? Wer war dieser Dorian, den Shanny erwähnt hatte? Damontez’ Worte fielen mir ein: Hast du jemals gefühlt, wie weich Freundschaft auf den Fingerspitzen kribbelt, könntest du sie berühren?
    Ich war mir ganz sicher, dass er nicht verstand, wieso ich jetzt erst recht nicht aufhören konnte zu weinen. Irgendwann schlief ich erschöpft von den vielen Tränen ein.
    Mein Schlaf war unruhig und durchsetzt von schrecklichen Träumen, in denen ich allein auf einem weiten Feld stand und um Hilfe schrie, ohne dass mich jemand hörte. Obwohl ich die Gefahr nicht sah, wusste ich doch um sie.
    Manchmal, wenn ich aufwachte, ließ Damontez mich Tee trinken, oft war es aber auch Glynis, die mich noch mehr zum Trinken animierte als er. Bei ihrem Anblick gab ich stets vor, sofort wieder einzuschlafen, obgleich ich mittlerweile wusste, dass Vampire durchaus den Zustand zwischen Schlafen und Wachen unterscheiden konnten.
    So wie vor wenigen Wochen, als Damontez mich zwei Tage in dem kleinen Verlies eingesperrt hatte, war mir jegliches Zeitgefühl abhandengekommen. Einmal bekam ich mit, wie sich Shanny mit Damontez darum stritt, wie man Wadenwickel machte. Wäre es mir besser gegangen, hätte mich die Situationskomik sicher erheitert. Ein Waden wickelnder Vampir – wo gab es denn so etwas? So nahm ich es einfach hin, gab ein paar unwillige Laute von mir, als er meine Beine in die eiskalten Tücher einpackte, und schlief wieder ein. Ich wurde aufgedeckt, zugedeckt und mit besorgtem Gemurmel immer wieder untersucht.
    Als ich Shanny irgendwann weinen hörte, bekam ich Angst. Ich wollte ihr sagen, dass es mir gut ging, doch ich brachte kaum ein Wort heraus. Damontez verabreichte mir mehrmals einen Saft gegen Fieber und Schmerzen, aber er wirkte wohl nicht richtig. Ich verweigerte den Tee, selbst Glynis’ Drohungen, sie würde Damontez erzählen, wie sehr ich mich gegen ihre Versuche, mir zu helfen, sperrte, konnten nichts daran ändern.
    »Coco-Marie?« Jemand sprach meinen Namen. Ich zwang mich, die Augen zu öffnen, in der Hoffnung, Shanny zu sehen, doch es war Glynis.
    »Du musst trinken. Dein Körper braucht Flüssigkeit.«
    Ich wandte den Kopf von ihr weg. Zum Schlucken fehlte mir einfach die Kraft.
    »Du hast seit zwei Tagen das Trinken

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