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Spiegelblut

Spiegelblut

Titel: Spiegelblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uta Maier
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Lammfelllager, »würde ich sie nach den alten Traditionen bestrafen. Sie scheint ja auf nichts anderes anzusprechen. Läuft dir zum zweiten Mal davon und macht dich zum Gespött deines Clans. Wahrscheinlich lachen selbst die Lichtträger über dich. Irgendetwas sagt mir, dass dir dieses Menschenkind nur Ärger einbringen wird.«
    »Nach den alten Traditionen?« Damontez hob die linke Augenbraue. Ein Sturmzeichen! »Weißt du, was du da sagst?«
    Glynis’ Lächeln war falsch wie Katzengold. »Sicherlich wird sie dir danach folgen wie ein Lämmchen.«
    »Ich glaube kaum, dass du dir je ein Bild von diesen Sanktionen gemacht hast, Glynis«, sagte Damontez scharf. »Und das ist auch der einzige Grund, wieso ich dich nicht sofort aus dem Sanctus Cor werfen lasse. Hüte deine Zunge und sprich nicht über Dinge, die du selbst nicht kennst!« Er fasste sie am Handgelenk und zog sie ein Stück von Coco fort. »So wie ich es sehe, gibt es genau zwei Möglichkeiten.« Glynis wollte sich von ihm losreißen, aber sie hätte ebenso gut versuchen können, in der Wüste der Sonne zu entkommen. »Entweder du sagst die Wahrheit und Coco ist tatsächlich geflohen: Dann müsstest du dich nur dafür verantworten, sie allein gelassen zu haben. Oder«, und jetzt schwang ein so unheimlicher Ton in seinen Worten mit, dass sogar das Feuer im Kamin aufhörte zu flackern, »du hast sie selbst in den Schnee geworfen.« Er ließ ihr Handgelenk los, als graute ihm plötzlich bei der Berührung. »Und sollte Letzteres zutreffen, werde ich dich vielleicht mit den alten Traditionen vertraut machen – bevor ich dich töte!«
    »Seit wann stellst du das Leben deinesgleichen unter das eines Menschen?«, giftete sie. »Weißt du, was ich glaube? Dein Nachtschattenherz ist viel mehr als ein Mädchen in deiner Obhut! Vielleicht«, sie zischte wie eine angriffslustige Cobra, »ist sie ein Spiegelblut! Oder eine Divina.« Wieder trat sie dichter an Coco heran, begutachtete sie feindselig und voll unverhohlenem Zorn. »Deswegen ist dir ihr Leben auch so viel wert!«
    Stille flockte durch den Raum wie saure Milch. Selbst Coco hatte jetzt den Kopf in ihre Richtung gedreht, die Augen fiebrig glänzend und voller Angst. Vor was fürchtete sie sich?
    »Wie kommst du darauf?«, fragte Pontus, nachdem Damontez sich der Frage durch Schweigen entzog.
    »Spekulation, mein Lieber. Damontez bewacht sie schärfer als ein eifersüchtiger Amator. Er opfert ihr seine gesamte Zeit! Was macht er wohl mit ihr in all den vielen Stunden? Trainieren?« Glynis rauschte an Damontez vorbei und ihr mehrlagiger Rock schwang bei ihren Schritten farbenprächtig um ihre Knöchel: pink, rot, grün.
    Sie hatte fast die Tür erreicht, als Damontez sie zurückhielt. »Hast du sie zum Reden gezwungen? Was hat sie dir gesagt?« Er stand still an seinem Platz, aber die Muskeln an seinem Hals zuckten verdächtig.
    »Ich habe sie nicht gezwungen.«
    »Wäre sie ein Spiegelblut, solltest du dich für Damontez freuen«, sagte Pontus jetzt. »Er hätte eine echte Chance, seine Seelenhälfte zurückzubekommen. Mal ganz von der Macht eines Spiegelblutes abgesehen …«
    Glynis sah ihn skeptisch an, und Pontus wusste in diesem Augenblick, dass es nicht um Cocos Funktion ging, sondern um die Zuneigung, die Glynis Damontez unterstellte. Sie kannte ihn ebenso gut wie er selbst, um zu wissen, dass Damontez sich in den letzten Wochen verändert hatte.
    »Stimmt es, was sie sagt?« Zum ersten Mal sprach Damontez Coco direkt an, kniete sich langsam vor das Lager aus Decken und Kissen. »Hast du versucht zu fliehen?«
    Pontus sah sie zweimal blinzeln. Damontez schien darüber überrascht, so als hätte er seine eigenen Anweisungen vergessen.
    »Also nicht.« Er erhob sich ruckartig, stellte ihre Aussage buchstäblich keinen Wimpernschlag lang infrage. Vor Zorn malte sich das erste Zeichen der Verwandlung in sein Gesicht: das Schimmern der Haut in der Kältefarbe Blau.
    »Sie lügt und braucht dazu noch nicht einmal den Mund aufzumachen!«, spottete Glynis verletzt. »Du wirst doch diesem respektlosen Gettomädchen nicht mehr glauben als mir. Wie lange kennen wir uns? Habe ich dich je belogen?«
    Damontez’ Blick fluktuierte von ihr zu Coco und wieder zurück. Pontus konnte sich nur annähernd vorstellen, was in ihm vor sich ging. Glynis kannte der Halbseelenträger schon seit ewiger Zeit. Sie vertrauten einander, auch wenn er sie durch seine Zurückweisung gekränkt hatte, war sie bei ihm im Sanctus Cor

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