Spiegelschatten (German Edition)
er immer getan. Immer an derselben Stelle.«
» Das Boot gehört dem ARC «, sagte der Kommissar.
» Dem Akademischen Ruderclub, ja.« Björn wischte sich wieder übers Gesicht und hob dann entschlossen den Kopf. » Josch hat regelmäßig trainiert, allein und mit der Mannschaft.«
» Wie oft ist er allein gerudert?«, fragte der Kommissar.
» Normalerweise zweimal die Woche. Montags und donnerstags. In letzter Zeit hat er ein bisschen geschludert, aber am Samstag hat er uns noch erzählt, dass er diese Woche sein regelmäßiges Training wieder aufnehmen wollte.«
» Wem hat er das erzählt?«
» Uns allen. Als wir nach der Abschiedsfeier zusammensaßen.«
Maxim verspürte ein fast unbezwingbares Bedürfnis danach, allein zu sein. Niemanden reden zu hören. Sich um niemanden sorgen zu müssen. In einem leeren Raum zu sein mit nichts als sich selbst und einer vollkommenen Stille.
Hier waren mit einem Mal sämtliche Geräusche übertrieben. Das Summen des Kühlschranks. Das Rascheln der Kleidungsstücke. Die Lautstärke der Stimmen.
Doch dann sah er Björn ins Gesicht und fühlte eine Zärtlichkeit, die ihm die Kehle zuschnürte.
Dass Liebe so wehtun konnte.
Endlich gehorchte ihm sein Körper wieder. Er zog sich einen Stuhl heran und setzte sich zu den andern.
Björn schaute ihn an, als hätte er seine Anwesenheit erst jetzt bemerkt. Es war etwas in seinen Augen, das Maxim irritierte. Etwas Verhaltenes. Etwas, das er zu verbergen suchte.
Was ist los?, fragte Maxim ihn stumm.
Auch die Bullen schienen es wahrzunehmen. Sie hatten aufgehört zu fragen und musterten Björn aufmerksam.
Björn erhob sich in Zeitlupe. Er war ziemlich wacklig auf den Beinen. » Kommen Sie«, sagte er mit dieser schlafwandlerischen Langsamkeit. » Ich muss Ihnen etwas zeigen.«
In Maxims Schädel brauten sich neue Schmerzen zusammen, dabei waren die von Sonntag noch nicht ganz ausgestanden. Nicht mehr lange, und es würde sich anfühlen, als hätte ihm jemand einen viel zu engen Eisenhelm übergestülpt.
Er wollte nicht sehen, was Björn zu zeigen hatte, wollte keine neue Katastrophe, wollte einfach nur, dass Ruhe war. Doch schon steckten sie die Köpfe über Björns Computer zusammen und das Licht des Bildschirms erhellte ihre Gesichter.
Widerstrebend trat Maxim zu ihnen.
Schwuchtel!
Bald kannst du deine eigene Trauerfeier organisieren!
Ich werde da sein…
Und um dich weinen…
:°°°(
Maxim würgte. Der Schmerz donnerte in seinem Kopf. Blitze zuckten durch sein Gesichtsfeld.
» Ist Ihnen nicht gut?«, hörte er den Kommissar fragen.
» Doch.« Er riss sich zusammen. » Alles okay.«
Aber das stimmte nicht. Gar nichts war okay.
Er starrte auf den Monitor. Hatte Mühe, zu begreifen, was doch klar auf der Hand lag.
Björn war hier nicht mehr sicher.
*
» M. Röder.« Bert richtete sich auf. » Sagt Ihnen der Name etwas?«
Björn Berner schüttelte den Kopf.
» Jemand von der Uni?«, fragte Rick.
» Vielleicht.« Björn Berner hob die Schultern. » Aber ich habe den Namen noch nie gehört.«
» Und Sie, Herr Winter?«
» Nein.«
Maxim Winter war bleich wie ein Tischtuch. Er war an die Wand zurückgewichen und konnte den Blick nicht von dem Bildschirm abwenden.
» Moment mal.« Rick runzelte die Stirn. Niemand sagte etwas, um seinen Gedankengang nicht zu stören. Nach einer Weile drehte er sich zu Bert um, die Stirn immer noch in Falten gelegt. » Das ist ein Anagramm.«
» Wie bitte?«, fragte Bert.
» M. Röder. Das ist ein Anagramm.«
» Kannst du mir das ein bisschen genauer…«
» Ein Anagramm ist ein Wort, das durch Umstellen der Buchstaben eines anderen Worts entsteht.«
» Eines anderen Worts?«
» Wenn du mit der Reihenfolge der Buchstaben spielst…«
Es durchfuhr Bert wie ein Stromschlag, und im selben Moment erkannte es auch Björn Berner, denn er sog scharf die Luft ein.
M. Röder bedeutete Mörder.
21
Schmuddelbuch, Dienstag, 8. März, neun Uhr
Der erste Mord ist heute vor einer Woche passiert. Seitdem sind vier Menschen gestorben. Vier Leben ausgelöscht in nur sieben Tagen!
Die ganze Nacht kaum geschlafen, immer nur kurz weggedämmert.
Björns Stimme, als er mir von der E-Mail erzählt hat.
Und von Joschs Tod.
Voller Trauer.Voller Angst.
Der Kommissar hat veranlasst, dass jede Stunde ein Streifenwagen an Björns Haus vorbeifährt.
» Das beruhigt uns ein bisschen«, hat Björn gesagt. » Aber was ist mit den andern? Sie sind doch auch in Gefahr.«
Ich wollte, sie würden
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