Spiegelschatten (German Edition)
Weltuntergangsstimmung.«
» Was soll das, Romy?«, fragte Björn, nachdem sie gezahlt hatte.
Sie sprang auf, wollte so rasch wie möglich die Jacke anziehen, um an die Luft zu kommen, aber ihre Hand fand die Öffnung des Ärmels nicht.
Björn wollte ihr helfen. Sie wich vor ihm zurück.
» Was das soll?« Endlich hatte sie die Jacke an und hängte sich ihre Tasche um. » Ich werde nicht neben dir sitzen bleiben und mir dein Gejammer anhören. Lauf ihm doch in die Arme, wenn du keinen Bock zum Kämpfen hast. Verflucht noch mal, Björn, ich werde dir nicht dabei zusehn, wie du dich selbst bemitleidest.«
Und damit war sie hinausgerauscht.
Björn war ihr nicht nachgekommen.
Wie betäubt starrte sie jetzt auf den Bildschirm. Das Essen lag ihr schwer im Magen. Sie war unglücklich, und ihr war schlecht, und sie fragte sich, was in sie gefahren war, Björn so anzupflaumen.
Sie wählte seine Nummer.
Er ging nicht ran.
Erst da begriff sie, dass es ihre eigene Angst war, die sie so aus der Haut hatte fahren lassen.
Sie hatte Lust zu weinen. Es kamen keine Tränen.
20
Schmuddelbuch, Montag, 7. März, neunzehn Uhr fünfunddreißig
Wieso erwarte ich von Björn, dass er sich aufführt wie ein Ritter der Tafelrunde?Was will ich mir selbst damit beweisen, dass ich mich cooler gebe, als ich mich fühle?
Lass keine Angst an dich heran.
Wer hat mir diesen Blödsinn eingeimpft? Meine Eltern? Die Schule?
Ich selbst?
Erreiche Björn nicht.
Sehne mich nach Cal.
Verachte mich dafür.
Blicke auf den Ring an meiner Hand. Versinke in dem tiefen Rot.
Versuche, Helen zu erreichen. Vergebens. Auch Tonja hat ihr Handy ausgeschaltet.
Dieser Abend ist wie verhext.
Schon von Weitem sah man das Licht der Scheinwerfer, die den Tatort ausleuchteten. Bert und Rick wiesen sich gerade aus, als Titus Rosenbaum ihnen bereits mit großen Schritten entgegenkam.
Auf ihre fragenden Blicke reagierte er mit einem Nicken. » Aber diesmal ist es für den Täter nicht nach Plan gelaufen«, sagte er. » Es hat ein Kampf stattgefunden.«
» Gut«, entfuhr es Rick.
Bert wusste, was er meinte. In den ersten beiden Fällen waren die Tatorte sauber gewesen. Die Ergebnisse der DNA -Analyse im Fall Tobias Sattelkamp standen noch aus. In allen drei Fällen war der Täter seinen Opfern nicht näher gekommen, als unbedingt nötig.
Anders als hier. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie an diesem Tatort verwertbare Spuren finden würden, war hoch.
Die Männer, die die Leiche in die Gerichtsmedizin transportieren wollten, traten zurück, um Bert und Rick einen Blick auf den Toten werfen zu lassen.
Bert erkannte den jungen Mann sofort wieder.
» Josch Bellmann«, sagte Titus da auch schon. » Einundzwanzig Jahre alt, Mitorganisator der Trauerfeier am Samstag. Er wurde auch zu dem Fall Tobias Sattelkamp befragt. Dr. Maik Kantor, der Rechtsmediziner, dem ihr bereits im Fall Erik Sammer begegnet seid, hat sich zur Todesursache noch nicht definitiv geäußert.«
» Was hat er bisher festgestellt?«, fragte Rick.
» Stichverletzungen im Brustbereich und eine Wunde am Hinterkopf, die durch einen Schlag oder den Sturz auf einen harten Gegenstand entstanden sein kann.«
Titus wies auf einen schweren Felsbrocken neben dem Kopf des Toten, auf dem Blutspuren zu erkennen waren.
» Welche dieser Verletzungen letztendlich zum Tod des Opfers geführt hat, wird sich erst bei der Obduktion herausstellen.«
Der Boden, der aus Sand und Kies bestand, war heftig aufgewühlt. Der Tote hatte einen Schuh verloren, der, zur Seite gekippt, mit der Spitze im Wasser lag. Laufschuh, Marke Puma, ehemals weiß, starke Abnutzungserscheinungen, registrierte Bert mit dem geübten Blick des Ermittlers.
Ebenso rasch nahm er die übrigen Einzelheiten wahr.
Die Jacke hing nur noch an einem Arm des Opfers. Der blutgetränkte Pulli hatte sich bis zum Bauchnabel hochgeschoben. Die schwarze Trainingshose war, vermutlich durch Kontakt mit dem Wasser, an mehreren Stellen nass und an dem unbeschuhten Bein zerrissen. Die dunkle Socke war vom Fuß gerutscht und halb unter aufgeworfenem Kies und Sand begraben.
Josch Bellmann hatte sich nach Kräften gewehrt.
» Das hier«, sagte Titus mit einer grimmigen Befriedigung in der Stimme, » wird uns einen guten Schritt weiter bringen. Fertig?«
Bert und Rick nickten, und Titus bedeutete den ein wenig abseits wartenden Männern, dass die Leiche nun zum Transport freigegeben war.
Fast zwanzig Uhr. Es waren kaum noch Leute unterwegs und es gab keine
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