Spiegelschatten (German Edition)
tropfte. Und es brannte höllisch.
Scheißkatze!
Sogar Björn hatte sie gekratzt. Das große Pflaster trug er ja nicht zum Spaß.
» Irgendwo im Badezimmer habe ich Verbandszeug gesehen«, sagte Björn. » Aber wahrscheinlich brauchst du eine Tetanusspritze.«
» Ich bin geimpft.« Maxim berührte die Wunde vorsichtig mit dem Zeigefinger. » Wieso musstest du das blöde Vieh auch unbedingt mitnehmen?«
» Gib nicht Minette die Schuld. Bestimmt hast du sie erschreckt.«
» Ich habe sie erschreckt? Selten so gelacht!«
Maxim humpelte ins Bad und knallte die Tür hinter sich zu. Ihm war eiskalt, und er sehnte sich nach einer heißen Dusche. Dann würde er nach dem Verbandszeug suchen und die Wunde versorgen.
» Lass mich rein, Maxim! Bitte!«
Statt zu antworten, drehte Maxim das Wasser auf. Als es mit der Wunde in Berührung kam, wurde ihm vor Schmerzen schlecht. Er stützte sich an der Wand ab, biss die Zähne zusammen und wünschte dieses Katzenaas zum Teufel.
33
Schmuddelbuch, Donnerstag, 10. März, neunzehn Uhr dreißig
Bin noch ganz fertig. Maxims Schrei, dann Björn, der panisch Maxims Namen rief, schließlich ein Klacken, ein Knistern und Rauschen und im Hintergrund schwach ihre Stimmen. Wie ein Automat habe ich immerzu Björns Namen gerufen und Ingo damit aus der Küche gelockt.
» Irgendwas ist da passiert«, habe ich gesagt, fahrig, nervös, und er hat sich zu mir gesetzt und mit mir gewartet.
Nach einer Ewigkeit hat Björn sein Handy wieder aufgenommen. » Romy? Bist du noch da?«
» Wo soll ich denn sonst sein?«, hab ich ihn angefahren, nicht, weil ich ärgerlich war, sondern aus reiner Sorge. » Was ist los bei euch?«
Und da hat er mir alles erzählt.
» Minette?«, hab ich ihn ungläubig gefragt. » Minette hat Maxim angegriffen?«
» Und wie. Du müsstest sein Bein sehen. Sie hat ihn sogar gebissen.«
» Warum, um Himmels willen?«
» Frag mich was Leichteres. Vielleicht sowas wie eine verspätete Panikreaktion?«
» Hast du was dagegen, wenn Ingo mithört?«, fragte ich.
» Nein. Ist mir recht.«
Ich aktivierte die Lautsprechfunktion.
» Hallo, Ingo«, sagte Björn. » Pass gut auf meine Schwester auf!«
» Wird gemacht«, entgegnete Ingo.
» Lenk nicht ab«, sagte ich und kam zum Thema zurück. » Kann eine traumatisierte Katze tatsächlich nachträglich Panik entwickeln?«
» Ich bin kein Katzenflüsterer, Romy.Woher soll ich das wissen?«
» Sie hat Maxim angegriffen«, erklärte ich Ingo.
» Wie geht's ihm?«, fragte Ingo.
» Er ist total mit den Nerven runter.« Björns Stimme klang bedrückt. » Ich hab ihm unterstellt, Minette erschreckt zu haben, und jetzt redet er nicht mehr mit mir.«
» Wahrscheinlich hat er das Gefühl, dass du dich für das Seelenheil der Katze mehr interessierst als für seines«, sagte ich. » Jedenfalls stehst du im Konfliktfall meistens auf ihrer Seite.«
» Weil Minette die Schwächere von beiden ist.«
» Katzen sind unberechenbar«, warf Ingo ein. » Ich würde die ganze Geschichte nicht überinterpretieren.«
» Katzen haben ein feines Gespür«, sagte Björn. » Und irgendwas beunruhigt Minette. Irgendwas wittert sie, und das versetzt sie in Panik. Das ist nicht nur die fremde Umgebung.«
Ingo starrte nachdenklich vor sich hin.
» Okay«, sagte Björn. » Danke fürs Zuhören. Ich werde mich jetztmal um Maxim kümmern. Und dann die Katze suchen. Und Romy…«
» Ja?«
» Sei vorsichtig.«
Seitdem steckt Ingo alle fünf Minuten den Kopf in mein Zimmer. Doch das verunsichert mich mehr, als es mich beruhigt.
Die letzten Mitarbeiter waren längst gegangen, die Putzkolonne hatte die Räume gesäubert und Bert saß noch immer in seinem Büro. Er hatte sich sämtliche Fakten noch einmal vor Augen geführt und seine Notizen studiert.
Neun Tage waren seit dem ersten Mord vergangen, doch sie kamen ihm vor wie neun Wochen. Immer noch fanden Befragungen statt, gingen Hinweise aus der Bevölkerung ein.
Griet van Loo war weiterhin unauffindbar. Nicht einmal ihre Familie wusste, wo sie sich aufhielt. Die junge Frau hatte lediglich angekündigt, sich für eine Weile zurückziehen zu wollen, um die Trennung von Maxim Winter zu verarbeiten. Seitdem hatte sie sich nicht wieder gemeldet.
Bert hatte keine Handhabe, um nach ihr fahnden zu lassen, denn es bestand kein dringender Tatverdacht. Allerdings hatte sich nichts daran geändert, dass sie ein starkes Motiv besaß: Eifersucht. Björn Berner war der Mann, an den sie ihren Liebhaber
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