Spiel der Dämmerung - Feehan, C: Spiel der Dämmerung - Mind Game (Ghost Walkers # 2)
Nachdem ich nachts nicht sehr viel schlafe, gehe ich oft spazieren. Das ist sicherer als tagsüber. So vermeide ich größere Menschenansammlungen und kann mich dennoch als Teil der menschlichen Rasse fühlen.« Warum erzählte sie ihm das alles? Dahlia konnte nicht glauben, dass sie Nicolas jedes kleinste Detail ihres Lebens
verriet. Noch dazu, da sie sich so mitleiderregend anhörte, selbst für ihre eigenen Ohren. Schlimmer noch, jedes Mal, wenn sie ihm gegenüber etwas aus ihrem Leben enthüllte, spürte sie, wie er innerlich mit sich rang, um nicht darauf zu reagieren. »Ich bin fit genug, dass ich uns führen und vielleicht sogar einschätzen kann, wohin er geht.«
»Vergiss nicht, ich bin recht groß, und du bist klein. Er wird sich alle Leute auf der Fähre genau angesehen haben. Ich habe versucht, ihn mental zu beeinflussen, in eine andere Richtung zu schauen, aber er ist dafür nicht empfänglich. Und ganz bestimmt ist ihm unser Feuerwerk der Gefühle eben nicht entgangen. Wir dürfen uns bei seiner Verfolgung auf keinen Fall erwischen lassen.«
»Ich bin gut darin, mich unsichtbar zu machen«, versicherte ihm Dahlia, obgleich es ihr im Moment unglaublich schlecht ging. Am liebsten hätte sie sich in eine Ohnmacht geflüchtet, um den Nachwirkungen dieser negativen Energie zu entgehen. Das war eine ganz natürliche Reaktion bei ihr, genau wie nach einem Anfall. Nach einer solchen Überbelastung mussten ihr Körper und ihr Geist sich stets für eine Weile ausblenden. Sie blinzelte heftig gegen das Bedürfnis an, die Augen zu schließen, und hielt sich nur mit größter Mühe auf den Beinen. Ihr Bauch schmerzte noch immer von dem Faustschlag, den sie hatte einstecken müssen. Ihre inneren Organe fühlten sich an, als wären sie geschwollen, und ihr Gehirn wie geprügelt von der beständig auf sie eindringenden negativen Energie, die aus der Nähe zu so vielen Menschen resultierte und der brutalen Gewalt des Mordes.
»Wahrscheinlich ist es am besten, wenn ich dich in ein Hotel bringe«, insistierte er.
Ihre Beherrschung hing an einem seidenen Faden. Das
hier war ihr Problem, nicht das seine. »Du kannst ja in ein Hotel gehen, wenn du willst«, schnauzte sie zurück. Sie war frustriert und fühlte sich gedemütigt, wollte nichts lieber, als endlich allein zu sein, doch dass er ihren Job übernahm, das konnte sie nicht zulassen. Und da war auch diese heimliche Angst vor ihm. Angst vor seiner unglaublichen Stärke und davor, was er ihr antun könnte, wenn er die Kontrolle verlor. Sie hasste sich dafür.
Nicolas spürte natürlich ihre Reizbarkeit. Die Auswirkungen dieser gewaltträchtigen Energie nagten an ihnen beiden. »Ich muss Lily anrufen und sie fragen, ob sie irgendwelche Informationen für uns hat.« Er bemühte sich um einen sanften Tonfall. »Mein Handy mag diese Gegend nicht besonders, aber ein bisschen weiter draußen sollte ich wieder Empfang haben.«
Dahlia packte sein Hemd mit beiden Fäusten. Solange sie Körperkontakt mit ihm hielt, konnte die Energie sie nicht völlig vereinnahmen. Das war auch so eine Sache, die sie nervte. Sie wollte nicht ständig wie eine Klette an ihm hängen müssen. »Stimmt, mir ist auch schon aufgefallen, dass Handys den Sumpf und den Fluss nicht mögen. Das muss etwas mit dem Wasser zu tun haben.«
»Aber wie war das, wenn du dich nicht im Bayou aufgehalten hast? Calhoun hat dir doch sicherlich ein Handy mitgegeben, um mit dir in Kontakt zu bleiben, wenn du in der Stadt warst.«
»Nachdem ich zwei von diesen Dingern eingeschmolzen hatte, beschloss er, dass es den Aufwand nicht wert sei.«
Er schaute sie an, ob sie ihn verulkte. Doch ihr Blick war todernst. »Du hast sie zum Schmelzen gebracht?«
Sie nickte. »Ja, mitunter bringe ich Dinge zum Schmelzen. Aus Versehen.«
Das bezweifelte Nicolas nun überhaupt nicht. Angesichts der Hitze, die sein Innerstes beinahe zum Verglühen brachte, wann immer er ihr nahe war, glaubte er ihr aufs Wort, dass sie ein paar Handys vernichtet hatte. Immerhin waren diese Dinger viel kleiner als er. Er atmete schnaubend aus, nahm Dahlia an der Hand und versuchte, die Situation mit einem Scherz zu entschärfen. »Sieh bitte zu, dass du nicht irgendwelche wichtigen Körperteile von mir verbrutzelst, ja?«
Sie blieben etwas zurück, als die Passagiere die Fähre verließen, und Nicolas behielt den Mann im Auge. »Sieh nur, wie er sich bewegt, Dahlia. Der Mann war mit Sicherheit einmal in der Armee, wahrscheinlich ein Söldner. Ich
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