Spiel der Finsternis: Der Bund der Schattengänger 10 - Roman (German Edition)
für die Satelliten entwickelte, während Eiji für die Linsen zuständig war.
Sam musste sich dazu zwingen, die Frau nicht anzustarren. Sie stand zwischen den beiden Männern, aber einen Schritt hinter ihnen, was ihn auf einer seltsamen elementaren Ebene störte, von deren Existenz er nichts gewusst hatte. Sie war sehr klein und hatte im Gegensatz zu den traditionellen Geschäftsfrauen aus Japan, die im Allgemeinen Röcke trugen, den gleichen marineblauen Nadelstreifenanzug an wie die beiden Männer. Er hatte sich die Filme von ihnen allen genau angesehen, und sie trug oft diesen Anzug, der so streng wirkte, doch in seinen Augen machte sie das nur umso weiblicher. Ihr glatter Teint war so zart wie Blütenblätter, und ihr Mund wies die Form eines perfekten kleinen Bogens auf. Er liebte es, wie sie ihr langes Haar trug, hochgesteckt und von vielen verzierten Haarnadeln gehalten, doch etliche lange, seidige Strähnen fielen ihr auf die Schultern und über den Rücken, eine Einladung, die in einem Mann den Wunsch weckte, all diese Nadeln aus ihrem Haar zu ziehen, bloß um zu sehen, wie die dichte schwarze Haarpracht bis zu ihrer Taille herabfiel.
Sie sah jung und unschuldig und frisch aus, fast so, als sei sie während ihrer gesamten Kindheit in einem Kloster verborgen worden und käme gerade zum ersten Mal in die Welt hinaus. Sie machte einen recht traditionellen Eindruck und wirkte mit ihren niedergeschlagenen Augen und ihren langen, fiedrigen Wimpern viel zu jung für einen Mann, der so wettergegerbt und abgehärtet war wie er. Das Herz hämmerte heftig in seiner Brust, und das Blut strömte heiß durch seine Adern. Sein Gesicht blieb ausdruckslos, und er war dankbar für die Jahre des Trainings. Er hatte nie in seinem Leben jemanden derart bewusst wahrgenommen.
»Ich bin Sam Johnson.« Er hielt ihnen nicht die Hand hin, sondern verbeugte sich ein zweites Mal, diesmal vor ihr – dieser kleinen Frau, die eine so durchschlagende Wirkung auf ihn hatte, dass er sie wie einen Stromstoß empfand, der durch seine Blutbahnen raste.
Der größere der beiden Männer trat mit einer leichten Verbeugung vor. »Ich bin Daiki Yoshiie. Das sind mein Bruder Eiji und meine Schwester Azami Yoshiie.«
Die Frau hob ihren Blick für Sekundenbruchteile, und er sah etwas Finsteres und Intelligentes in ihren Augen spielen, ehe sie ihn wieder senkte. Er hatte den Eindruck, als hätte sie mit einem einzigen raschen Blick alles in ihrer Umgebung wahrgenommen. Als sie sich verbeugte, wirkte sie eher wie eine majestätische Prinzessin als wie die zurückhaltende Frau, die zwei Schritte hinter den mächtigen Männern zurückblieb, die Samurai Telecommunications leiteten.
Sam musterte das Trio, ohne den Anschein zu erwecken. Er war gut darin, den Feind zu taxieren, und das war genau der Grund, weshalb er losgeschickt worden war, um die drei VIPs abzuholen. Außenstehenden wurde das Betreten des Geländes nur äußerst selten gestattet. Das Risiko, dass diese Leute sich ein Bild von den Sicherheitsvorkehrungen machen könnten, war groß, aber die Schattengänger brauchten diese Menschen, und schließlich waren sie alle Computerfreaks, oder etwa nicht? Sein Radar war in dem Moment angesprungen, als er auf sie zugegangen war, und er hatte keine Ahnung, warum. Sie sahen genauso aus, wie sie in jeder Nachrichtenmeldung und in jedem der Interviews, die sie gaben, ausgesehen hatten, und doch strahlten sie etwas Sonderbares aus, was dazu führte, dass sich ihm die Haare im Nacken sträubten.
Sam beobachtete, wie sie sich bewegten, dieses geschmeidige Gleiten über den Boden. Perfekte Balance, die Füße unter den Schultern, eine gut ausgebildete Muskulatur. Sogar die Frau – so klein, wie sie war – legte die Geschmeidigkeit eines Kämpfers an den Tag. Wer auch immer diese Menschen waren, sie waren nicht nur Computerfreaks. Sie verbrachten ihre Tage und Nächte nicht vor einem Bildschirm oder auf einem Stuhl sitzend. Und doch ließ sich sogar dafür eine Erklärung finden. Ihr Vater war ein berühmter Schwertkämpfer gewesen und leitete eine Schule, in der Kampfsportarten unterrichtet wurden. Es wäre einleuchtend, dass alle drei gut ausgebildet waren, aber sein Bauch akzeptierte die Erklärung nicht.
Möglicher Feind. Er gab widerstrebend Alarm und sandte die Warnung an seine beiden Teammitglieder, die auf den Dächern lagen, beide bewaffnet und sehr gefährlich.
Der Blick der Frau richtete sich sofort auf sein Gesicht. Sie fühlte diesen
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