Spiel der Herzen (German Edition)
Halt machten, wurde Annabel ihre Schuldgefühle nicht los. Nichts von alldem wäre passiert, wenn sie diese verfluchte Wette nicht angenommen hätte.
Andererseits hätte sie Lord Jarret ohne die Wette nicht dazu gebracht, nach Burton zu kommen. Sie wünschte nur, sie hätte bedacht, was geschehen konnte, wenn die Leute spitzbekamen, worum es bei der Wette gegangen war.
Als es dunkel wurde, hielten sie bei einem Gasthof kurz vor Daventry an, der Lord Jarret empfohlen worden war. Er mietete zwei Zimmer; eins für sich und eins für Sissy, Geordie und sie. Es war ein merkwürdiges Gefühl für Annabel, dass sich ein Mann um sie und ihre Familie kümmerte. Hugh hatte sich der Verantwortung praktisch entzogen, und Rupert hatte nie die Möglichkeit gehabt, sie zu übernehmen.
In letzter Zeit war sie immer diejenige gewesen, die sich um alles gekümmert hatte. Wie wunderbar war es da, die Verantwortung zur Abwechslung an jemand anderen abgeben zu können. Und wenn man bedachte, dass sie ihn praktisch dazu gezwungen hatte, nach Burton zu reisen, und er es eigentlich gar nicht wollte …
Sie bekam einen Kloß im Hals, als sie das obere Stockwerk erreichten und Lord Jarret auf sein Zimmer zuging. »Sissy, geh du doch schon mit Geordie vor. Ich muss kurz mit Seiner Lordschaft sprechen.«
Sissy bedachte sie zwar mit einem fragenden Blick, führte Geordie aber den Korridor hinunter.
Annabel ging in die entgegengesetzte Richtung. »Lord Jarret!«, rief sie, als er seine Zimmertür aufschloss.
Er blieb in der Tür stehen. »Was ist?«
»Ich möchte mich entschuldigen.«
Er stutzte. »Wofür?«
»Dafür, dass meinetwegen schon wieder über Sie geklatscht wird. Ich habe wirklich nicht gedacht, dass außerhalb von London jemand etwas von unserer Wette erfahren würde. Und ich habe ganz gewiss nicht damit gerechnet, dass die Leute annehmen, dass Sie und ich … dass Sie …«
Sie verstummte, als ein Paar an ihnen vorüberging und sie neugierig beäugte. Sobald die beiden verschwunden waren, zog sie Lord Jarret in sein Zimmer und machte die Tür halb zu, damit sie ungestört reden konnten.
»Ich hätte mich niemals auf die Wette einlassen dürfen«, sagte sie geradeheraus.
Er lächelte, und in seinen Wangen zeigten sich Grübchen. »Ich hätte sie niemals vorschlagen dürfen. Aber was geschehen ist, ist geschehen. Es ist sinnlos, es im Nachhinein zu bedauern.«
»Aber es ist meine Schuld, dass Mrs. Cranley –«
»Reden Sie keinen Unsinn. Sie sind ebenso wenig dafür verantwortlich wie Ihre Schwägerin. Mrs. Cranley hegt offenbar einen Groll und hat den Klatsch als Grund genommen, ihren Ärger an mir auszulassen. Ich wünschte nur, sie hätte Ihre Familie nicht mit hineingezogen. Und ich bete zu Gott, dass ihre unbesonnene Tat keine bösen Folgen für Mrs. Lake hat.«
»Ich auch. Es schaudert mich bei dem Gedanken, was hätte geschehen können, wenn Sie das verdorbene Fleisch nicht bemerkt hätten und nicht eingeschritten wären. Dafür danke ich Ihnen von ganzem Herzen.«
Als sie zur Tür ging, fragte er: »Haben Sie nicht etwas vergessen?«
Sie drehte sich zu ihm um. »Wie bitte?«
Er kam mit einem verschmitzten Grinsen auf sie zu. »Es gibt noch mehr Dinge, für die Sie mir danken sollten.«
»Zum Beispiel?«
»Ich habe mich um Ihren Neffen gekümmert, während Sie und Ihre Schwägerin mit der Wirtsfrau über mich geklatscht haben.«
Wo er recht hatte, hatte er recht. »Auch dafür vielen Dank, gnädiger Herr«, sagte sie steif.
Er kam ihr noch näher, viel zu nah, und seine Augen blitzten. »Außerdem bringe ich Sie in der komfortablen Kutsche meines Bruders nach Burton.«
Ihr Herz schlug schneller. »Der Einzige, dem dafür Dank gebührt, ist Ihr Bruder.«
»Aber ich habe es Ihnen ermöglicht, die Kutsche zu benutzen.« Er legte einen Arm um ihre Taille. »Und ich habe auch eine hervorragende Idee, wie Sie mir Ihre Dankbarkeit erweisen könnten.«
»Soll ich ein Sonett über Ihre Großzügigkeit schreiben?«, entgegnete sie. Inzwischen raste ihr Herz, und sie hatte ziemlich weiche Knie.
Er neigte glucksend den Kopf, und sie spürte seine Lippen an ihrem Ohr. »Daran hatte ich nicht gedacht. Neuer Versuch«, sagte er mit rauer Stimme, und sie erschauderte vor Wonne.
»Soll ich Ihnen vielleicht ein ganz besonderes Bier brauen?«, stieß sie hervor.
»Ich hatte etwas … Persönlicheres im Sinn«, entgegnete er und küsste sie.
9
Jarret war es leid, von ihr mit der kühlen Höflichkeit behandelt zu
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