Spiel der Herzen (German Edition)
aber –«
»Ich erkenne es, wenn ein Mann gerade eine Frau geküsst hat«, sagte George hitzig.
Hätte er nicht so ernst dreingeblickt, hätte Jarret auf der Stelle angefangen zu lachen. »Ja, erkennst du das?« Er musterte ihn skeptisch. »Dann hast du offenbar viel Erfahrung auf diesem Gebiet.«
George errötete zwar, gab aber nicht klein bei. »Dazu braucht man keine Erfahrung – ich bin schließlich nicht blind. Und Sie haben einen gewissen Ruf, was Frauen angeht.«
»Ich habe davon gehört.« Jarret sah den Jungen grimmig an. »Aber der Ruf deiner Tante ist makellos. Du denkst doch gewiss nicht, dass sie es erlauben würde –«
»Erlauben? Nein. Aber das heißt nicht, dass Sie sie nicht … nun …«
»Willst du mir etwa vorwerfen, ich hätte mich deiner Tante aufgedrängt?«
»Ich weiß, was ich gesehen habe«, entgegnete George störrisch.
»Du weißt verdammt noch mal gar nichts!«, fuhr Jarret ihn an. »Was immer zwischen mir und deiner Tante geschehen ist, ist unsere Privatangelegenheit und hat dich nicht zu kümmern.«
»Sie selbst haben doch gesagt, ich soll anfangen, wie ein Mann zu denken.« Der Junge straffte die Schultern. »Und genau das tue ich. Wenn Vater hier wäre, würde er das Gleiche tun. Und wenn Sie keine ehrenwerten Absichten haben –«
»Und wenn doch?«, fiel Jarret ihm ins Wort, dann erstarrte er. Warum zum Teufel hatte er das gesagt?
George sah ihn erstaunt an, und in seinen Augen glomm Hoffnung auf. »Nun, das wäre natürlich etwas anderes.«
Als Jarret nicht reagierte, musterte George ihn argwöhnisch. »Sie wollen also sagen, dass Ihre Absichten ehrenwert sind?«
Jarrets Miene verfinsterte sich. Er fühlte sich in die Ecke gedrängt. Warum, um Gottes willen, sollte er diesem unbedarften Grünschnabel Rechenschaft ablegen? Er würde verdammt noch mal tun, was er wollte, genau wie immer – und die Idee des lästigen Jungspunds zu seinem Vorteil nutzen.
»Deine Tante und ich haben noch einige Dinge zu klären, und ich wäre dir sehr dankbar, wenn du meine Absichten für dich behieltest, George.«
Er musste unbedingt verhindern, dass der Junge zu Annabel rannte und ihr erzählte, er wolle ihr den Hof machen.
George nickte.
»Gut.« Jarret wies zur Tür. »Dann sehen wir jetzt besser nach deiner Mutter.«
»Ja, Sir.« Beim Verlassen des Zimmers sah George zu ihm auf. »Wenn Sie meine Tante heiraten, werden Sie mein Onkel.«
Jarret unterdrückte ein Stöhnen. »So sieht es aus.«
Gott steh mir bei, dachte er. Wahrscheinlich gab es eine separate Hölle, die für einen Mann reserviert war, der vorsätzlich einen zwölfjährigen Jungen belog. Und die keusche Tante dieses Jungen begehrte. Und nicht beabsichtigte, mit dem Lügen und dem Begehren aufzuhören.
Als sie zum Zimmer der Lakes gingen, hörten sie von dort heftige Würgegeräusche. George erbleichte und eilte auf die Tür zu. Als er sie öffnete, kam Annabel hastig auf den Korridor und schloss die Tür hinter sich, doch Jarret erhaschte noch einen Blick auf Mrs. Lake, wie sie sich über einen Nachttopf beugte.
Ihn packte die kalte Wut. Wenn er diese elende Klatschbase Mrs. Cranley jemals wiedersah, konnte sie etwas erleben!
»Wie geht es ihr?«, fragte er Annabel.
»Nicht gut, fürchte ich.«
»Können wir irgendetwas tun?«
»Wenn Sie den Wirt bitten könnten, nach dem Doktor zu schicken –«
»Wird sofort erledigt«, versprach er ihr.
In Georges bleichem Gesicht malte sich Angst. »Ich will zu ihr.«
»Jetzt nicht, Geordie.« Annabel zauste dem Jungen so zärtlich das Haar, dass es Jarret die Kehle zuschnürte. »Sie möchte im Augenblick mit mir allein sein. Sobald das verdorbene Fleisch aus ihrem Körper heraus ist, wird es ihr wieder besser gehen.«
Wie ihr Ton Jarret verriet, war sie sich dessen jedoch nicht ganz sicher.
»Pass auf, Junge«, sagte er. »Lass uns einen Arzt für deine Mutter besorgen, und dann bestellen wir uns unten etwas zu essen.« Er sah Annabel an. »Möchten Sie auch etwas?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich kann jetzt nichts essen. Aber machen Sie nur.«
Der Wirt schickte sofort nach dem Doktor und bestand darauf, sie zum Abendessen einzuladen. Sie aßen schweigend.
Als die Bedienung ihnen einen Johannisbeerkuchen brachte, verzog George das Gesicht. Er sah aus, als wolle er anfangen zu weinen. »Mutter liebt Johannisbeerkuchen!«
»Dann werden wir zusehen, dass sie welchen bekommt, sobald es ihr besser geht«, sagte Jarret.
George sah zu ihm auf. »Können wir denn
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