Spiel der Herzen (German Edition)
nicht irgendetwas tun?« Seine Miene wurde grimmig. »Wir könnten zurückfahren und dafür sorgen, dass Mrs. Cranley bestraft wird!«
Diesen Wunsch verstand Jarret nur zu gut. »Und was ist, wenn deine Mutter uns braucht, wenn wir weg sind? Oder wenn deine Tante uns schicken muss, deinen Vater zu holen? Wir müssen für den Fall hierbleiben, dass wir gebraucht werden.«
»Da haben Sie wohl recht.« George schaute niedergeschlagen auf seinen Teller. »Obwohl Tante Annabel nicht nach Vater schicken würde. Und er würde nicht kommen, selbst wenn sie es täte.«
»Warum nicht? Ist er zu krank zum Reisen?«, fragte Jarret.
George sah ihn zornig an. »Ich will nicht über ihn reden, verdammt! Schlimm genug, dass Mama krank ist u-und v-vielleicht sogar s-stirbt, aber Vater …«
Er brach in Tränen aus. »Na, na, na, sie wird schon nicht sterben«, sagte Jarret unbeholfen. Weil er nicht wusste, was er sonst tun sollte, legte er einen Arm um die knochigen Schultern des Jungen. »Das wird schon wieder. Sie braucht nur ein wenig Ruhe, dann ist sie bald wieder auf dem Damm.«
George brachte kein Wort heraus und nickte nur. Jarret konnte zwar verstehen, dass er wegen seiner Mutter in Panik war, aber seine Reaktion auf die Frage nach der Krankheit seines Vaters erschien ihm übertrieben. Schließlich hatte Annabel gesagt, sie sei nicht lebensbedrohlich.
Jarret hielt inne. Vielleicht war das ja das Geheimnis, das Annabel hütete. Wenn ihr Bruder im Sterben lag, hatte er ihr natürlich kein Empfehlungsschreiben mitgeben können, und es würde auch das Unbehagen erklären, mit dem alle reagierten, sobald sein Name fiel.
Aber warum sollte sie es ihm verschweigen? Weil sie befürchtete, er könne vor der Zusammenarbeit mit einer Brauerei zurückschrecken, die kurz vor dem Verkauf stand? Oder weil sie Angst hatte, dass er versuchen könnte, den Betrieb unter Wert zu erwerben, wenn er erfuhr, wie schlecht es um Lake Ale bestellt war?
Er schnaubte. In dieser Hinsicht hatte sie nichts zu befürchten. Die Brauerei Plumtree verfügte derzeit nicht über genug flüssiges Kapital, um eine andere Brauerei aufzukaufen.
Aber er konnte sie auch nicht in Annabels Plan einbinden, wenn der rechtmäßige Eigentümer von Lake Ale nicht imstande war, das Projekt zu verwirklichen. Es wäre ein geschäftlicher Albtraum.
Er sah George an, der sich verstohlen die Tränen aus dem Gesicht wischte, und überlegte, ob er den Jungen noch einmal in die Zange nehmen sollte.
»Wollen wir nicht eine Runde Karten spielen, George? Damit können wir uns die Zeit vertreiben, bis deine Tante oder der Doktor uns Bericht erstatten.«
»J-ja gut. Und vielleicht könnten Sie mir von Ihrem Bruder erzählen. Von dem, der die Rennen fährt.«
»Unbedingt«, entgegnete Jarret.
Als George ihn dankbar anlächelte, erinnerte er sich schlagartig an die schrecklichen ersten Wochen nach dem Tod seiner Eltern, als ihm jede noch so kleine Freundlichkeit eines Fremden Halt gegeben hatte.
Himmeldonnerwetter, er konnte den Jungen unmöglich mit weiteren Fragen quälen – es wäre zu grausam. George hatte eine Heidenangst davor, beide Elternteile sterben sehen zu müssen und ganz allein dazustehen. Jarret nahm sich vor, Annabel zur Rede zu stellen, sobald dieser Schlamassel ausgestanden war.
Als sie fünf Stunden später herunterkam, um nach ihnen zu sehen, schien sie erfreut darüber zu sein, dass er George unterhielt. Sie brachte ein mattes Lächeln zustande, als sie sah, dass sie Poch spielten, doch ihr Aussehen beunruhigte ihn. Einzelne Strähnen hatten sich aus ihrer Frisur gelöst und hingen in ihr blasses Gesicht, und ihre Augen waren von Besorgnis getrübt.
»Tante Annabel!«, rief Geordie und sprang vom Tisch auf. »Wie geht es Mutter?«
»Sie schläft jetzt«, antwortete sie ausweichend und warf Jarret einen verstohlenen Blick zu.
Er stand auf und bot ihr einen Stuhl an. »Kommen Sie, setzen Sie sich. Sie sehen ja furchtbar aus.«
Kaum hatte er es ausgesprochen, fuhr er zusammen. Dass er so etwas Unhöfliches gesagt hatte, war ein deutliches Zeichen dafür, wie sehr ihn die Situation mitnahm.
Sie zog eine Augenbraue hoch. »Wie schmeichelhaft! Noch mehr solche Komplimente, und ich falle in Ohnmacht.«
»Entschuldigen Sie«, sagte er. »Es war nicht so gemeint, wie es klang. Aber Sie müssen etwas essen. Setzen Sie sich, und ich bestelle Ihnen etwas.«
»Noch nicht. Sissy hat immer noch Fieber. Vielleicht esse ich später etwas, wenn ich sicher bin, dass
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