Spiel der Herzen (German Edition)
Grund auch immer.«
»Vielleicht ist es dir noch nie aufgefallen, aber Junggesellen passen normalerweise nicht gern auf Kinder auf. Seine Lordschaft hingegen kümmert sich um Geordie, um dir zu helfen.«
»Und dir.«
Sissy lachte. »Ich bin nicht diejenige, die er mit Blicken verschlingt. Mich schaut er nicht mürrisch an, wenn deine große Liebe zu Rupert zur Sprache kommt. Und mit mir tändelt er auch nicht.«
»Du bist ja verrückt!«, sagte Annabel mit klopfendem Herzen. Wenn Sissy wüsste! »Er ist ein Schuft und tändelt mit allem, was Unterröcke trägt. Und er denkt wahrscheinlich, dass wir die Fahrt schneller fortsetzen können, wenn er auf Geordie aufpasst. Er will die Einlösung seiner Wettschuld bestimmt so rasch wie möglich hinter sich bringen.«
»Wie du meinst.« Sissy fielen die Augen zu. »Aber meiner Meinung nach hast du durchaus Chancen bei ihm und solltest die Gelegenheit beim Schopf packen. Du wirst nicht jünger.«
»Danke, dass du mich daran erinnerst.«
»Irgendjemand muss es ja tun«, entgegnete Sissy, bevor sie vom Schlaf übermannt wurde.
Annabel musste auch dringend ein paar Stunden schlafen, denn es war nicht abzusehen, was der kommende Tag bringen würde. Doch die Erinnerung an Jarrets Küsse machte ihr das Einschlafen nicht leicht. Es war doch wirklich zu albern! Sie verhielt sich wie ein dummes Gör, das unsinnige romantische Träume hegte. Dabei konnte nichts Gutes herauskommen. Nur Närrinnen setzten ihre Hoffnungen in Schufte wie Jarret.
Das war ihr letzter Gedanke, bevor auch sie endlich einschlummerte.
Am nächsten Morgen teilte der Doktor ihnen mit, dass Sissy tatsächlich auf dem Weg der Besserung war, sich aber mindestens noch einen Tag erholen musste, bevor sie sich mit ihrem strapazierten Magen wieder in eine schaukelnde Kutsche setzen konnte.
Obwohl Jarret sich sehr über die Verzögerung ärgern musste, war Geordie derjenige, der äußerst missmutig auf die Nachricht reagierte. Als sie Sissy verließen und zum Frühstück gingen, stampfte er auf dem Weg zur Treppe wütend voraus. »Nicht zu fassen, dass wir noch einen Tag hierbleiben müssen! Ich werde vor Langeweile sterben!«
»Vor Langeweile ist noch keiner gestorben, Geordie«, sagte Annabel müde.
»Wir werden Karten spielen, Junge«, sagte Jarret.
Geordie steckte die Hände in die Taschen und lief die Treppe hinunter. »Davon habe ich genug!«
»Sei nicht unhöflich, Geordie!«, wies Annabel ihn streng zurecht. »Es war sehr freundlich von Seiner Lordschaft, es dir anzubieten. Die Situation gefällt keinem von uns; wir müssen uns ihr einfach anpassen.«
»Tut mir leid«, murmelte Geordie, aber es klang nicht überzeugend. »Können wir nicht einen Ausflug machen? Ein bisschen nach draußen gehen?«
Am Fuß der Treppe wartete der Wirt auf sie. »Ich hoffe, in den vergangenen Tagen war alles zu Ihrer Zufriedenheit, Euer Lordschaft.«
»Vollkommen, Sir«, entgegnete Jarret. »Sagen Sie, gibt es hier in der Nähe vielleicht irgendeine Art von Spektakel, das einem jungen Herrn gefallen könnte? Ein Pferderennen? Oder ein Wettschießen? Oder besteht gar die Aussicht auf irgendein aufregendes blutiges Schauspiel?«
Der Wirt kicherte. »Nun, heute ist Markttag. Auf dem Viehmarkt werden Kühe und Schweine geschlachtet.«
Als Annabel das Gesicht verzog, lachte Jarret. »Aber dort gibt es wohl auch noch etwas anderes zu sehen, nicht wahr?«
»Gewiss doch, gnädiger Herr, auf dem Markt werden alle möglichen Waren feilgeboten. Und manchmal kommt sogar ein Mann vorbei, der einen Alligator herumzeigt.«
Geordies Neugier war geweckt. »Was ist ein Alligator?«
»Ein exotisches Tier, das in manchen Gegenden von Amerika lebt – es sieht ungefähr so aus wie eine riesige Eidechse.« Jarret senkte die Stimme. »Es ist ein sehr gefährliches Tier. Ich weiß nicht, ob wir es wagen sollen.«
»Oh, bitte! Tante Annabel, können wir uns den Alligator ansehen? Bitte!«
»Warum nicht?« Nachdem Jarret so große Erwartungen geschürt hatte, konnte sie nur hoffen, dass es wirklich einen solchen Alligator auf dem Markt zu sehen gab, sonst bekamen sie etwas von Geordie zu hören.
Gleich nach dem Frühstück gingen sie zur High Street. Auf dem Wochenmarkt gab es Stände aller Art: Spitzenklöpplerinnen mit ihren kunstvollen Waren, Peitschenmacher und andere Anbieter von Lederwaren, ein Geflügelhändler und ein Bauer, der fette Ferkelchen zu verkaufen hatte.
Geordie musste an jedem Stand stehen bleiben. Aber er ließ
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