Spiel der Herzen (German Edition)
Körper erbeben. »Unser nächtliches Treffen war gar nicht geplant gewesen. Rupert war an jenem Abend zu einem Abschiedsessen zu uns gekommen, und wir hatten uns bereits voneinander verabschiedet. Hugh hatte uns sogar einen privaten Moment gestattet, damit wir uns küssen konnten.«
Ihre Stimme war von Schmerz erfüllt, als sie im Flüsterton fortfuhr: »Aber ich war untröstlich. Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, so lange von ihm getrennt zu sein. Da habe ich kurzerhand eine kleine Tasche gepackt und mich davongeschlichen. Ich wollte ihn begleiten. Ich habe ihn angefleht, mich mitzunehmen. Ich sagte, wir könnten heiraten, und ich könnte als Marketenderin mit ihm in den Krieg ziehen, aber er hat es mir nicht erlaubt.«
»Natürlich nicht.« Annabel in unmittelbarer Nähe eines Schlachtfelds – bei dieser Vorstellung packte Jarret das kalte Grausen. »Kein Mann möchte die Frau, die er liebt, solchen Gefahren ausgesetzt sehen.«
Sie wendete sich ihm wieder zu. »Ich bin stärker, als du denkst! Ich hätte es geschafft – ich hätte für ihn gewaschen und gekocht wie diese anderen Frauen.«
»Bei diesen anderen Frauen handelt es sich nur selten um sechzehnjährige, wohlerzogene Töchter reicher Bierbrauer. Sie sind entweder in den Regimentern aufgewachsen – als Töchter und Schwestern von Offizieren und Soldaten – oder arme Frauen, die keine andere Wahl haben. Es ist ein schweres Leben. Ich kann es ihm nicht verdenken, dass er dir so etwas nicht zumuten wollte. Außerdem dürfen gemeine Soldaten ihre Ehefrauen in der Regel nicht mitbringen. Es wäre ihm höchstwahrscheinlich nicht genehmigt worden.«
»Und wenn doch? Wäre ich dort gewesen, wäre er vielleicht nicht gestorben. Wer weiß, wie lange er auf dem Schlachtfeld lag, bevor man ihn fand? Ich hätte mich um ihn gekümmert, seine Wunden versorgt und über ihn gewacht …«
»Und er wäre wahrscheinlich trotzdem gestorben, Liebste.« Jarret strich ihr übers Haar. Der Gedanke, dass sie sich die Schuld am Tod ihres damaligen Verlobten zuschrieb, wühlte ihn auf. »Fünftausend Männer haben in Vittoria ihr Leben verloren! Es war eine grausame Schlacht. Es war richtig von ihm, dich nicht mitzunehmen.«
Sie blickte bekümmert drein. »Aber du denkst, dass er mich vor seiner Abreise hätte heiraten sollen, nicht wahr?«
Jarret bedauerte es, das Thema überhaupt zur Sprache gebracht zu haben. Er hatte sich zwar gedacht, dass hinter der Sache eine Geschichte steckte, aber er hatte angenommen, sie habe etwas mit ihrem Vater oder ihrer Verunsicherung zu tun. Wie ein hirnloser Narr hatte er es nicht in Betracht gezogen, dass Rupert vielleicht ganz einfach ein Dreckskerl gewesen war.
»Ich bin sicher, das wollte er auch«, entgegnete er sanft.
»Ich nicht. Hinterher hat er kein Wort davon gesagt, dass wir sofort heiraten sollten. Er versprach, dass er bald zurückkehren würde. Wenn der Krieg vorbei wäre, wäre ich alt genug zum Heiraten und wir würden eine große kirchliche Hochzeit feiern.« Sie sah ihn mit feuchten Augen an. »Er sagte, er liebt mich. Er versprach mir, wir würden zusammen sein. Und dann zog er einfach so in den Krieg. Weil er mich nicht wollte.«
»Das bezweifle ich sehr.« Jarret sah sich plötzlich in der befremdlichen Lage, nach Ausreden für das Verhalten ihres vermaledeiten Verlobten suchen zu müssen. »Aber Männer reagieren im Angesicht des Krieges unterschiedlich. Vielleicht war er in Sorge, weil er befürchtete, dich von seinem Sold nicht ernähren zu können. Vielleicht war er auch so sicher, bald nach Hause zurückkehren zu können, dass er gar nicht daran gedacht hat, sofort zu heiraten. Oder vielleicht dachte er, es wäre besser für dich, dass du jemand anderen heiraten kannst, falls er verwundet oder –«
»Getötet werden würde? Dann wäre ich eine achtbare Witwe gewesen. Ich hätte heiraten können, wen ich wollte, statt mich verstecken zu …« Sie drehte den Kopf zur Seite, um ihre Tränen zu verbergen.
Er strich ihr die Haare aus dem Gesicht. »Falls er dauerhaft geschädigt werden würde, wollte ich sagen. Manche Männer kehren mit Narben aus dem Krieg zurück, die niemals heilen – sie haben beispielsweise Hirnschäden oder haben Gliedmaßen verloren. Vielleicht wollte er dir ein solches Leid nicht aufbürden.«
Sie atmete tief durch. »Es ist sehr nett von dir, das zu sagen. Aber wir wissen beide, dass es viel wahrscheinlicher ist, dass er … einfach nicht an eine Frau gebunden sein wollte, als
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