Spiel der Magier
mit ihm gewinnen wollte.«
»Wirklich?« fragte Ce’Nedra mit einer leichten Schärfe in der Stimme.
»Sie wollte eine Verlobung und hat ihm oft Fallen gestellt mit dreisten Einladungen zu Schäkerei und süßem Geschwätz.«
»Eine schöne Gräfin?«
»Eine der größten Schönheiten des Reiches.«
»Ich verstehe«, sagte Ce’Nedra eisig.
»Habe ich Euch beleidigt, Hoheit?«
»Es ist nicht wichtig.«
Mandorallen seufzte wieder.
»Was ist denn nun schon wieder?« fuhr sie ihn an.
»Ich weiß, daß ich viele Fehler habe.«
»Ich dachte, du würdest als der perfekte Mann gelten.« Sie bereute das sofort.
»Nein, Hoheit. Ich weise mehr Fehler auf, als Ihr Euch vorstellen könnt.«
»Ein bißchen undiplomatisch vielleicht, aber das ist kein großer Makel – bei einem Arendier.«
»Aber Feigheit ist es, Eure Hoheit.«
Sie lachte bei der Vorstellung laut auf. »Feige? Du?«
»Ich habe diesen Fehler an mir feststellen müssen«, gestand er.
»Sei nicht albern«, spottete sie. »Wenn überhaupt, liegt dein Fehler in der entgegengesetzten Richtung.«
»Es ist schwer zu glauben, ich weiß«, erwiderte er. »Aber ich versichere Euch mit großer Beschämung, daß die kalte Hand der Furcht sich um mein Herz gekrampft hatte.«
Ce’Nedra war bestürzt über das traurige Geständnis des Ritters. Sie suchte mühsam nach einer passenden Entgegnung, als plötzlich, ein paar Schritte entfernt, etwas mit einem lauten Krachen aus dem Unterholz brach. Von plötzlicher Panik ergriffen, raste ihr Pferd davon. Sie erhaschte nur aus dem Augenwinkel heraus einen Blick auf etwas Großes, Gelbbraunes, das aus dem Gebüsch auf sie zusprang – groß, gelb und mit weitaufgerissenem Maul. Verzweifelt versuchte sie, sich mit einer Hand am Sattel festzuhalten und mit der anderen Hand das verängstigte Pferd unter Kontrolle zu bringen. In seiner panischen Flucht rannte das Pferd jedoch unter einem tiefhängenden Ast hindurch, der sie aus dem Sattel fegte und sie ganz unfeierlich mitten auf dem Weg landen ließ. Sie rappelte sich auf und erstarrte, als sie sich dem Tier, das so plump aus seiner Deckung herausgebrochen war, gegenübersah.
Sofort erkannte sie, daß der Löwe noch sehr jung war. Er hatte zwar schon seine volle Größe, aber seine Mähne war noch kurz. Offensichtlich war es ein Jungtier, noch ungeübt im Jagen. Er brüllte vor Enttäuschung, als er das fliehende Pferd den Pfad hinunter verschwinden sah, und sein Schwanz peitschte hin und her. Einen Moment lang war sie leicht amüsiert er war so jung, so unbeholfen. Dann wich ihre Belustigung dem Zorn über dieses ungeschickte junge Tier, das die Schuld daran hatte, daß sie so unelegant vom Pferd gefallen war. Sie kam auf die Füße, klopfte sich den Staub ab und blickte den Löwen streng an. »Kusch!« sagte sie und wollte ihn fortscheuchen. Sie war schließlich eine Prinzessin, und er war nur ein Löwe – ein sehr junger und dummer Löwe.
Dann ruhten die gelben Augen auf ihr und wurden zu schmalen Schlitzen. Der peitschende Schwanz verharrte plötzlich ganz still. Die Augen des jungen Löwen strahlten mit einer schrecklichen Intensität, dann duckte er sich, den Körper dicht am Boden. Seine Oberlippe zog sich zurück und entblößte seine langen, weißen Zähne. Er kam langsam einen Schritt auf sie zu, seine großen Pfoten machten kaum einen Laut.
»Wag es nicht«, befahl sie empört.
»Bleibt ganz ruhig, Hoheit«, warnte Mandorallen sie mit tödlich ruhiger Stimme.
Aus dem Augenwinkel heraus sah sie ihn aus dem Sattel gleiten. Der Löwe funkelte ihn zornig an.
Behutsam, Schritt um Schritt, kam Mandorallen näher, bis er seinen gepanzerten Körper zwischen den Löwen und die Prinzessin gebracht hatte. Der Löwe beobachtete ihn aufmerksam, ohne recht zu begreifen, was sich da abspielte, bis es zu spät war. Dann, um eine weitere Mahlzeit geprellt, wurden die Augen der Raubkatze trüb vor Wut. Mandorallen zog ganz bedächtig sein Schwert und reichte es Ce’Nedra. »Damit Ihr ein Mittel zu Eurer Verteidigung habt«, erklärte der Ritter.
Zweifelnd griff Ce’Nedra mit beiden Händen nach dem riesigen Schwert. Als Mandorallen seinen Griff jedoch löste, fiel die Schwertspitze sofort zu Boden. Obwohl sie sich noch so sehr bemühte, Ce’Nedra konnte das mächtige Schwert nicht hochheben.
Schnaubend duckte sich der Löwe noch tiefer. Sein Schwanz fuhr einen Augenblick lang wütend hin und her, dann versteifte er sich. »Mandorallen, paß auf!« kreischte
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