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Spiel des Todes (German Edition)

Spiel des Todes (German Edition)

Titel: Spiel des Todes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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dem Giornale
zugewandt. Erwartungsvoll sah er Gesomina an.
    »Ich hab bei dir zu Hause angerufen«, sagte sie. »Vor einer halben
Stunde. Hier.«
    Sie hielt ihm einen Zettel hin, den sie von einem Rechnungsblock
abgerissen hatte. Darauf stand in runder, weiblicher Schrift eine Handynummer.
    »Ein Mann hat angerufen und mich verlangt«, sagte sie. »Du sollst
ihn zurückrufen. Es geht um deine Frau, sagt er.«
    Ottakring wirkte wie elektrisiert. Für eine Sekunde packte er
Gesomina mit festem Griff an den Schultern.
    »Was? Bei dir hat er angerufen? Eine männliche Stimme? Was hat er
gesagt? Was wollte er?«
    »Nichts. Nichts weiter. Danach hat er aufgelegt. Du sollst ihn
zurückrufen. Sonst hat er nichts gesagt. Aber es schien ihm wichtig. Ich hab
seine Nummer vom Display abgeschrieben. Warum er ausgerechnet bei mir angerufen
hat? Keine Ahnung.«
    Die Wanduhr aus Messing hinter der Bar zeigte zwölf nach sieben. Wenn
jemand Gesomina anrief, um ihn, Ottakring zu sprechen, musste er sich
auskennen. Er musste wissen, dass er im Giornale verkehrte. Da war er, der
Hinweis, der vom Himmel fallen sollte.
    »Danke, Gesomina«, sagte Ottakring und gab ihr einen verrutschten
Wangenkuss. »Bist ein Schatz.«
    Tränen standen in Gesominas Augen.
    Er riss seine Jacke vom Haken und war in wenigen Schritten an der
Tür. Am Himmel über dem Max-Josefs-Platz hingen schwere Regenwolken. Es begann
früh dunkel zu werden. Das kam dem Kriminalrat kalt und feindselig vor.
    * * *
    Rico Stahl war jede Art von Veränderung gewohnt. Er hatte die Mitte
der dreißig überschritten, war also in einer Phase, in der die Angst vor dem
Älterwerden begann. Obwohl die Auswahl beträchtlich war, hatte er sich zu einer
Heirat nie entschließen können. Sein Leben gefiel ihm so, wie es war.
Fünfundachtzig Prozent Dienst, fünfzehn Prozent privat. Von diesen fünfzehn
Prozent hielt er sich die Hälfte der Zeit in seiner Wohnung auf. So wie jetzt.
Hier konnte er am besten entspannen.
    Auch seine Berufung zum Leiter der Rosenheimer Mordkommission würde
an diesem Lebensrhythmus nichts ändern. Lediglich die Anzahl und die Strecken
der Dienstreisen würden sich verringern. Er war gespannt auf seinen ersten
echten Einsatz, die erste SoKo, die er hier in Rosenheim leiten würde.
    Das letzte Vorkommnis als BKA -Agent
lag nur wenige Wochen zurück. Jemand hatte ihm einen Mord unterschieben wollen.
Der Tote, ein erfolgreicher Finanzmakler, lag im Schlafanzug auf dem Boden,
sein Gehirn war über den ganzen Teppich verteilt. Ricos Dienstpistole lag
daneben. Es roch nach frischem Pulverdampf, als er aus seiner Betäubung
erwachte. Er betastete sein Gesicht und versuchte die Wattewölkchen
loszuwerden, die ihm den Verstand vernebelten. Eines war klar: Der Mann war mit
seiner, Ricos, Dienstwaffe erschossen worden. Er wusste nur noch nicht, wie es
geschehen war und warum.
    Seine Gedanken flogen weiter. Bei einer Schießerei im Nürnberger
Hafen hatte er zwei Kugeln abgekriegt. Sie waren damals in Körperregionen
eingeschlagen, in denen solche Verletzungen nicht einfach wieder heilen und
zusammenwachsen können, und er hatte zudem noch viel Blut verloren. Es war
knapp gewesen! Nur die nächtliche Kälte hatte verhindert, dass er auf der
Stelle krepierte. Das hatte jedenfalls der Arzt behauptet, der ihn nachher
operierte.
    Versonnen blickte er aus seinem Wohnzimmerfenster. Es wurde schon
herbstlich. Es war kühl, der Wind wirbelte die ersten bunten Blätter über die
Terrasse. Drunten am Schwarzen Brett vom Gmoahof hing schon das Werbeplakat mit
dem pausbäckigen Trommler fürs Rosenheimer Herbstfest.
    Clara Gray kam ihm in den Sinn. Er wunderte sich, warum gerade
jetzt. Er war ihr in der Stadt begegnet, auf ihre unnachahmliche Art hatte sie
ihn angelacht. Sie und ihr Freund hätten eine Box im Flötzinger Zelt
reserviert, ob er denn nicht Lust hätte, ihnen die Ehre zu geben … Heinrich,
sein Vater, habe auch schon zugesagt.
    Er blätterte gerade das Adressbuch im Handy durch, um Clara
anzurufen, da platzte das Telefon in seine Gedanken. Das schwarze altmodische
Ding in der Ecke hatte schon seit Ewigkeiten dagestanden, stumm wie eine
Pistole, die noch im Holster steckt. Seit er hier wohnte, hatte noch niemand
auf dem Festnetz angerufen. Seine Freundinnen erreichten ihn ausnahmslos am
Handy, einmal hatte ihn eine im Dienst angerufen, was er aber sofort für alle
Zukunft unterbunden hatte.
    Er sammelte seine Gedanken.
    »Hallo«, murmelte er. Schade, dass diese alten

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