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Spiel des Todes (German Edition)

Spiel des Todes (German Edition)

Titel: Spiel des Todes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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hauste.
    An einer der Schmalseiten war der Raum mit einer Tresortür
verschlossen. Sie konnte nur von außen geöffnet werden. Auf der rechten Seite
hinter dem Zugang stand ein Hochbett, darunter befand sich die
Waschgelegenheit, eine Edelstahlspüle mit zwei Becken. Unter der Decke rechts
vom Eingang starrte die Linse einer Beobachtungskamera sie an, die hinter
Sicherheitsglas unaufhörlich und geräuschlos hin und her schwenkte.
    Auf der dem Bett gegenüberliegenden Seite stand ein Ikea-Schreibtisch
mit Stuhl, an der Wand darüber war ein kleiner Fernseher älteren Datums
angebracht. In der hinteren Ecke befand sich eine WC - Schüssel. Der Rest der Wand war mit Regalen
ausgestattet, in denen sie Bücher, Getränke, Konserven lagern konnte. Obendrauf
stand eine Uhr mit biegsamen Zeigern und ohne Glasbedeckung. Sie durfte lesen,
fernsehen, Radio hören und Videos anschauen.
    Lola vermutete, dass der Raum schalldicht war. Am Anfang hatte sie
noch versucht zu schreien. Sie hatte die Wut in ihrer Stimme gehört. Wut, die
wie Wasserblasen anstieg und zerplatzte. Sie war sicher, dass sie sich in der
Gewalt des gleichen Typs Mensch befand, der ihnen im letzten Jahr so zu
schaffen gemacht hatte: Sie war in der Gewalt der Russenmafia. Wollten sie sich
an Joe rächen, der sie damals zur Strecke gebracht hatte? Ihre Wut ebbte ab zu
Verzweiflung. Verzweiflung zu Hilflosigkeit und Ohnmacht. Ohmacht zu Lethargie.
Sie musste sich beschäftigen, um nicht in eine komplette Depression zu
verfallen.
    Lola schnaubte, stützte sich mit den Händen rückwärts an der
Bettkante auf und spannte abwechselnd die Muskeln in den Oberarmen,
Oberschenkeln, im Gesäß und am Bauch an. Sie ließ einen prüfenden Blick über
ihren Körper gleiten, als wolle sie ihre vollen Brüste, ihren flachen Bauch, ihre
straffen Schenkel in ein Bewertungssystem einstufen. Sie fand sich, auch nach
über zweiwöchiger Gefangenschaft, fit, gepflegt und gut aussehend. Joe konnte
immer noch stolz auf sie sein.
    Ihr Joe Ottakring!
    In einem Anfall von Sehnsucht, Trauer und Erschöpfung ließ sie sich
auf den viel zu kleinen Stuhl sinken, während ihr die Tränen aufstiegen. Eine
Minute später wischte sie sich die Augen und befahl sich, ihre Emotionen zu
bändigen. Nur Stärke, eiserner Wille und Entschlossenheit würden ihr
weiterhelfen, da war sie sich sicher.
    Joe würde nach ihr suchen. Von dem Tag an, als sie entführt wurde –
sie erinnerte sich genau an den Tag, es war Donnerstag gewesen –, würde er nach
ihr gesucht haben, allein oder mit Helfern, und er würde niemals aufgeben.
    Immer wieder sah sie den blauen Kleintransporter vor sich, in den
man sie gelockt hatte. Eine ärmlich und fremdländisch aussehende Frau in
geblümter Kittelschürze hatte sie über den Zaun hinweg angesprochen.
    »Gutte Frau, bitte helfen!« Unter Tränen hatte sie auf den
Transporter gedeutet. »Mein Kind, mein Kind!« Der Rest war unverständlich in
Tränen untergegangen.
    Sie folgte der Frau zum Fahrzeug. Dort war sie von einem Mann durch
die Seitentür in den Innenraum gezerrt worden. Danach hatte sie einen Blackout.
Ihr Erinnerungsvermögen setzte erst wieder ein, als sie hier in ihrem Gefängnis
aufgewacht war.
    Lola konnte hören, wie sich das Rad an der Außentür zu ihrem
Gefängnis bewegte. Es war ein leises Kratzen von Metall an Metall. Zuerst ging
die Tür einen Spalt auf, dann halb. Ein Mann zwängte seinen Kopf hindurch. Sein
Aussehen war das eines Menschen vom Hindukusch oder vom tiefsten Balkan. Sie
fuhr sich mit der Hand über die Stirn, weil ihr plötzlich schwindelig wurde.
Schweiß rann aus ihrer Achselhöhle.
    »Rauskommen!«, befahl der Mann und winkte mit dem Zeigefinger. Er
klang wie der Gang zur Exekution.

FÜNF
    Rico Stahl wälzte sich nächtelang allein im Bett, ohne schlafen
zu können. Er hatte das Bild des tödlich getroffenen Vamos vor sich, der,
zunächst umringt von aufgeregten Kollegen und Kolleginnen, in die
Frauenlobstraße abtransportiert worden war. Das Bild mit Chili Toledo verfolgte
ihn, die ihm, an den Türpfosten gelehnt, wortlos hasserfüllte Blicke
zuschleuderte.
    »Bestraft mich doch!«, hätte er am liebsten schreien mögen. Doch
bestraft Vamos zuerst, hätte er leise hinzugefügt. Wie konnte dieser Depp sich
bloß erschießen. Hunderte Male hatte seine Show reibungslos geklappt. Er hatte
brilliert. Hatte es an seinen neuen Haftschalen gelegen? Die Autopsie würde es
klären.
    Doch egal wie. Er hatte Vamos gegen jede Regel zu

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