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Spiel des Todes (German Edition)

Spiel des Todes (German Edition)

Titel: Spiel des Todes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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den
Worten des Präsidenten an: ›Halten Sie jetzt umso mehr zusammen‹, hat er
gesagt.« Er musterte jedes Gesicht einzeln.
    So hatten sie noch nie jemanden zu ihnen reden hören. Sie schauten
ihn verwirrt an und hielten den Atem an.
    »Was meinen Sie , Frau Toledo?«, fragte er Chili. Er konnte die
Zweifel in ihren Augen sehen.
    Sie überlegte kurz. Dann bedachte sie ihn mit einem unbeholfenen
Lächeln und sagte: »Herr Stahl, was ich zu sagen habe, lässt sich durch
Schweigen besser ausdrücken.«
    * * *
    »Rauskommen!«
    Lola hatte inzwischen das Gefühl gewonnen, dass man ihr nicht nach
Leib und Leben trachtete. Auch zur Russenmafia schien keine Verbindung zu
bestehen. Dann wäre alle anders gelaufen.
    Irgendwie wollte sich die Familie Bardhyl an ihr rächen, das war ihr
inzwischen klar geworden. Sie hatte Zamira zweimal als Kandidatin für eine
Rolle abgelehnt, und das vertrug die Ehre der Familie nicht. Lola hatte nur
noch nicht herausgefunden, welcher Art die Rache sein sollte. Dass sie sich mit
ihrer Entführung erschöpfen sollte, hielt sie für unwahrscheinlich. Wurde
womöglich der Sender erpresst? Stellten sie Joe ein Ultimatum?
    Die drei Menschen, die ihr bisher gegenübergetreten waren, waren
zwei Mal Zamira Bardhyl gewesen, regelmäßig ihr Vater und ein weiterer Mann im
ähnlichen Alter. Ein einziges Mal war eine ältere, verhutzelte Frau ins Spiel
gekommen, vielleicht Zamiras Mutter oder Großmutter.
    Alle waren unmaskiert. Ihr Verhalten entsprach nicht gerade dem
Profil dezidierter Entführer oder Erpresser. Bisher hatten sie noch kein
einziges Wort gewechselt. Alles lief schweigsam ab. Wenn einmal etwas nicht
durch Zeichen oder Mimik vermittelt werden konnte, beschränkte man sich auf
Geschriebenes.
    Deshalb war »Rauskommen!« so etwas wie eine Premiere. Allein der
barsche Ton jagte Lola nicht gerade Angst ein, doch sie spürte die Beklemmung
des Ungewissen in sich aufsteigen.
    Ihr Gesicht war schmal und blass geworden. Wenn sie morgens oder
abends ihr Spiegelbild im glänzenden Chrom der Spüle betrachtete, war es
durchsetzt vom Schein der Deckenstrahler. Ihre Augen waren blau oder grau oder
grün, schwer zu sagen bei dieser Beleuchtung. Ihr kleiner Mund war leicht
geöffnet, als ob sie gleich etwas sagen wollte. An der Nasenwurzel hatten sich
drei mitteltiefe senkrechte Falten gebildet.
    Die Tür öffnete sich so weit, dass sie den dunklen Hintergrund
draußen verschwommen wahrnehmen konnte. Zögernd und umständlich schlüpfte sie
durch den Türspalt.
    »Ausziehen!«, bellte der Mann mit hartem Akzent.
    Sie sah ihm ins Gesicht. Trotz ethnischer Bräune war er bleich und
hatte eine großporige Haut. Er füllte den Raum mit einer Ausdünstung aus
Schweiß und Magensäure. Irgendwo lief eine CD .
Lola kannte den Titel. »Pflaster« von Ich + Ich.
    Blöder Hund!, dachte sie, während sie sich aufrichtete. Das werd ich
sicher nicht tun.
    »›Ausziehen!‹, hat er gesagt.« Eine weibliche Stimme hinter ihr.
Lola wusste sofort, dass es Zamira war.
    Der Alte verschwand, und Zamira hielt ihr mit beiden Händen ein
sauberes Handtuch hin. Mit dem Kinn gab sie ihr ein Zeichen. Zamira war eine
exotische Schönheit, einen halben Kopf kleiner als Lola. Sie war nur keine
Schauspielerin.
    »Duschen!«
    Es tat gut. Das Wasser war heiß. Sie suhlte sich darunter, bis
Zamira den Hahn abdrehte. Sie frottierte sich ab und ließ sich von Zamira in
das Laken wickeln, was sie wie eine Maharani aussehen ließ. Fast fühlte sie
sich auch so.
    Zamiras Augen – ihr Blick flackerte. Er richtete sich knapp über
ihren Scheitel hinweg auf etwas, was hinter Lola geschah.
    Zwei Hände legten sich über ihr Gesicht. Sie konnte den Lappen mit
dem Äther riechen. Sie kämpfte dagegen an, sie wand sich, hatte aber keine
Chance. Sie fühlte noch, wie das Laken ihren Händen entglitt. Dann fiel sie in
ein tiefes Loch, und es wurde schwarz um sie.
    * * *
    Traurig breitete Gesomina die Arme aus und kam auf Ottakring zu.
    »Ich wusste, dass du kommen wirst«, sagte sie und legte ihren Kopf
an seine Brust. Ihr schwarzes Haar kitzelte sein Kinn. »Ich vermisse Lola
auch.« Ihre tiefe Stimme stand in einem eigenartigen Gegensatz zu ihrer
zierlichen Figur.
    Ottakring war zwei Stunden lang mit offenen Augen und Ohren, aber
ohne Ziel durch Rosenheim gebummelt. Irgendwie hoffte er, dass ihn von
irgendwoher ein Hinweis erreichte, Lola betreffend. Als ihm aber nichts außer
ein paar Tauben zuflog, hatte er sich schließlich entmutigt

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