Spiel, Kuss & Sieg
weglaufen?“
„Weil ich Angst habe!“ Die Worte waren ausgesprochen, bevor sie darüber nachdenken konnte. „Ich habe Angst, weil ich das noch nie mit einem Mann gemacht habe. Du bist der Einzige, den ich je geküsst habe, und du bist damals einfach gegangen!“ Bewegungslos stand er vor ihr, das markante Gesicht im Mondlicht zu einer silbernen Maske erstarrt. „Ich bin noch Jungfrau, Alejandro. Eine ahnungslose Jungfrau. Ich besitze keinerlei Erfahrung, keine Verführungstechniken und schon gar keine Strategien, um alles aufregender und weniger langweilig zu gestalten als damals, als du mich allein gelassen hast!“
„Tamsin …“ Das Wort glich einem heiseren Krächzen.
Sie machte einen Schritt rückwärts, Tränen rannen lautlos über ihre Wangen.
„Witzig, nicht wahr?“ Sie lachte auf. „Absolut unbezahlbar.
Tut mir leid, dich in Verlegenheit gebracht zu haben.“
Damit wirbelte sie herum und stürmte an ihm vorbei die Treppe nach oben.
Diesmal folgte er ihr nicht.
10. KAPITEL
„Sie ist wunderschön, Alejandro. Wo hast du sie gefunden?“
Geistesabwesend legte Alejandro die ledernen Knieschützer an und wollte schon antworten: „London“, als ihm klar wurde, dass Francisco über die Palominostute sprach.
Er lächelte müde. „Palm Beach. Sie ist noch sehr jung, hat keine Wettkampferfahrung. Aber sie scheint ein wahres Naturtalent zu sein.“
Alejandro senkte den Kopf und widmete sich wieder äußerst aufmerksam den Lederriemen. Unterschiedlichste Gefühle durchfluteten ihn. Francisco und er waren alte Teamkameraden. Auf dem Feld teilten sie eine nahezu telepathische Verbindung. Stets sah Francisco voraus, welchen Spielzug er als Nächstes anvisierte und umgekehrt. Aber das Letzte, was er jetzt wollte, war Francisco von Tamsin zu erzählen.
Nicht, solange er selbst nicht wusste, was mit ihm los war.
Langsam stand er auf, nahm den Helm und ging zu den wartenden Poloponys hinüber, die im Schatten der Bäume angebunden waren. Die Palominostute stand ein wenig abseits der anderen erfahreneren Pferde, die mit halb geschlossenen Augen dösten. Sie wirkte angespannt und nervös.
Unvermittelt erinnerte sie ihn an Tamsin in der Nacht, in der sie einander das erste Mal begegnet waren. Sie war ihm so anders als die anderen Mädchen vorgekommen, deren selbstbewusster Charme er als einstudiert und langweilig empfand.
Er hatte alles falsch verstanden. Und nun musste es ihm irgendwie gelingen, es wiedergutzumachen.
Heute Morgen hatte er sie nicht gesehen, aber er hatte Rosa mit einer Tasse Kaffee und einer Botschaft zu ihr geschickt. Er würde sich sehr freuen, wenn sie ihn zu dem Spiel begleiten und zusammen mit dem Team zuschauen würde. Normalerweise sorgte er dafür, dass ihn vor dem Spiel nichts ablenkte – sich bei einer Frau zu entschuldigen und über seine Gefühle zu reden, war allerdings, wie er sich eingestehen musste, eine Ablenkung allererster Güte.
Nein, danke, lautete ihre Antwort. Sie wolle das Geschehen lieber von der Tribüne aus beobachten. Und Alejandro musste zerknirscht einsehen, dass nicht mit ihr sprechen zu können eine weit größere Ablenkung bedeutete.
Francisco und der Rest der Mannschaft standen schon beisammen. Alejandro gesellte sich zu ihnen. Als Kapitän erwarteten sie von ihm, dass er letzte taktische Einzelheiten durchging und sie auf die sechs Chukkas einschwor.
Aber, wie schon vergangene Nacht, fehlten ihm die Worte.
Sein Blick wanderte über das in der Sonne liegende Spielfeld zu den Zuschauerrängen hinüber. Zwischen den mit reichlich Diamantschmuck ausstaffierten Damen hob Tamsin sich durch ihre dezente Schönheit von allen anderen ab. Sie trug eine dunkle Sonnenbrille und ein schlichtes graues Top mit langen Ärmeln.
Alejandro verspürte einen Stich in der Brust.
Es kostete ihn viel Kraft, seine Aufmerksamkeit wieder auf sein Team zu richten und den Männern ein aufmunterndes Lächeln zu schenken.
Tamsin hatte noch nie so viele wunderschöne Frauen auf einmal gesehen. Umgeben von Designerkleidern aus Seide und Edelsteinen in der Größe von Billardkugeln fühlte sie sich so fehl am Platz, wie ein Gänseblümchen in einem Bukett exotischer Blumen.
Nicht, dass es eine Rolle spielte. Immer wieder kehrten ihre Gedanken zu letzter Nacht und ihrem Geständnis zurück. Auf Alejandros Miene hatte sich nicht Überraschung abgezeichnet, sondern blankes Entsetzen. Deshalb hatte sie auch seine Einladung abgelehnt. Im Moment brachte sie es nicht über sich,
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