Spiel, Kuss & Sieg
zurück nach London buchen sollen. Schön, er mochte ihre Entwürfe. Hurra! Das jedoch hätte bedeuten sollen, dass sie nach dem Treffen mit dem Management der Los Pumas frei gewesen wäre. Frei, zu ihrer Firma und ihrem Leben zurückzukehren.
Welche Firma, welches Leben?
Coronet war ihr Leben, und damit ging es steil bergab. Sally hatte gestern angerufen und noch mehr unheilvolle Nachrichten verkündet. Noch eine weitere billige Kopie aus der neuen Kollektion war in einem Schaufenster in der Oxford Street aufgetaucht.
Der Auftrag für die Polotrikots bedeutete nicht nur eine finanzielle Rettungsleine, er zögerte auch den Zeitpunkt hinaus, an dem sie unweigerlich nach London fliegen und sich um die Katastrophe kümmern musste. Und es verzögerte den unweigerlichen Abschied von Alejandro. Denn selbst wenn er sie ständig angriff und beleidigte, fühlte sie sich in seiner Gegenwart lebendiger als jemals zuvor.
Und das war der wahre Grund, weshalb sie zugestimmt hatte zu bleiben.
Bei dem Gedanken an den morgigen Tages brach ihr kalter Schweiß aus. Ihr Ellenbogen schmerzte bereits, wenn sie nur daran dachte, in der Nähe von Pferden zu sein. Und danach kam auch noch die Party, die sie sich in allen schrecklichen Details ausmalen konnte. Polo gehörte zu den exklusivsten Sportarten der Welt. Worauf hatte sie sich da nur eingelassen?
Und, viel wichtiger noch, was, um alles in der Welt, sollte sie nur anziehen?
Der Drucker erwachte mit einem Surren zum Leben und spukte eine Reihe von Seiten aus, die Alejandro ohne aufzusehen aus dem Ausgabefach nahm.
Der Kaffee, den Rosa ihm gebracht hatte, war längst kalt geworden. In den vergangenen Stunden hatte er das Internet nach Informationen über Coronet durchforstet, einige Geschäftskontakte in London angerufen und auch sonst jeden Stein umgedreht um an Informationen über Tamsin Calthorpes Firma zu gelangen.
Anfangs war er skeptisch gewesen. Doch ihre Entwürfe für die Trikots der Los Pumas hatten ihn überrascht – er schämte sich nicht, das zuzugeben. Und nach seinen Recherchen war er weit weniger geneigt, sie als verwöhnte Erbin abzutun, die sich nur auf den roten Teppichen dieser Welt herumtrieb, wie die unzähligen Paparazzifotos nahelegten.
Gut, ihre Kleider waren fantastisch. Warum verlor sie dann unaufhörlich Geld? Die Bilanzen von Coronet sahen gesund aus, die Aktien waren …
Mit einem angewiderten Laut warf er den Bericht auf den Schreibtisch und stand auf.
Was tat er denn da?
Wegen dieser Frau hatte er einst seinen Job verloren. Die einzige Frage, die er sich in Bezug auf ihre Firma stellen sollte, lautete: Warum kümmerte es ihn?
Tamsin schloss die Augen und atmete tief ein. Trotzdem zuckte sie zusammen, als sie die Schere an der eisvogelblauen Seide ansetzte. Okay, dachte sie, jetzt gibt es kein Zurück mehr. Rasch schnitt sie die Linie entlang, die sie vorhin, vor dem Spiegel stehend, markiert hatte. Schließlich blieb ihr ohnehin keine andere Wahl, weil sie schlichtweg keines der Kleidungsstücke, die sie mitgebracht hatte, zu einer exklusiven Poloparty anziehen konnte. Darunter würde nicht nur ihr Stolz leiden, auch Coronets Schicksal wäre endgültig besiegelt. Als Designerin konnte sie es sich nicht leisten, irgendwo in kurzen Hosen und T-Shirt aufzutauchen.
Es war schon sehr spät, als sie das übergroße Baumwollshirt auszog und in ihre bislang nur von Stecknadeln gehaltene Kreation schlüpfte. Ohne Spiegel war es schwierig zu beurteilen, ob das Kleid gut aussah – es fühlte sich auf jeden Fall verdammt gut an.
Vorsichtig zog sie es wieder aus und setzte sich an die Nähmaschine. Diesen Teil mochte sie am liebsten – wenn sie die Stecknadeln herausziehen und durch feste Nähte ersetzen konnte.
9. KAPITEL
Sie ist nackt – war sein erster Gedanke, bevor er den schmalen rosafarbenen Riemen des BHs auf ihrem Rücken und das dazu passenden Baumwollhöschen entdeckte. Der plötzliche Lärm hatte ihn aus seinem Büro gelockt. Nun stand er auf der Schwelle und beobachtete Tamsin, wie sie über die Nähmaschine gebeugt im hellen Lichtschein saß und selbstvergessen arbeitete.
Alejandro spürte, wie das Verlangen, das ihn bisher in einem langsamen Rhythmus durchflossen hatte, heftiger und schneller zu pulsieren begann.
„Deine Aufgabe ist es, die Trikots zu entwerfen, nicht sie zu produzieren.“
Erschrocken wirbelte sie herum und presste die Hände an ihre Wangen. Dann, als ihr auffiel, dass sie so gut wie nichts anhatte, bedeckte
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