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Spiel mir das Lied vom Wind

Spiel mir das Lied vom Wind

Titel: Spiel mir das Lied vom Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Clasen
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Schulzeit.«
    »Und was haben Sie selbst in der Nacht zum 1. Mai gemacht?«, wollte Brummer wissen.
    »Ich?«, fragte Jessica. »Nichts. Ich war hier, ganz allein. Ich war sauer auf Peter. Ich hatte keine Lust mehr, irgendwohin zu gehen. Er hat mir den ganzen Abend verdorben.«
    »Das ist blöd«, sagte Brummer.
    »Wieso?«
    »Dann haben Sie ja gar kein Alibi.«
    Jessica wurde von einer Sekunde auf die andere knallrot. Ansonsten bemühte sie sich, Haltung zu bewahren.
    »Nun gut!«, sagte Sonja und stand auf. »Wollen Sie Ihren Freund vielleicht noch einmal sehen?«
    Jessica schlug eine Hand vor den Mund. »Peter? Nein, um Gottes willen! Ist er denn nicht längst beerdigt worden?«
    »Nicht, solange wir seinen Mörder nicht gefunden haben. Was glauben Sie denn eigentlich, wer es gewesen sein könnte?«
    Jessica zuckte mit den Schultern. »Er hatte keine Feinde, er kam mit jedem klar, wissen Sie.«
    Sonja nickte und gab Brummer ein Zeichen, sich endlich ebenfalls zu erheben. »Welche Hausnummer war das noch mal auf der Reifferscheider Straße?«
    »Nummer 12«, antwortete Jessica schnell, stutzte und fragte: »Warum?«
    »Wir möchten mit Ruben reden. Also, nochmals unser Beileid. Wir hoffen, Sie kommen bald darüber weg. Falls wir Fragen haben, melden wir uns wieder.«
    »Danke«, sagte Jessica leise.
    »Auf Wiedersehen«, brummte Brummer.
    Sonja schob ihn vor sich her durch die Diele und die Haustür, die Treppen hinab ins Freie. Da fiel ihr ein, dass sie vergessen hatte, um ein Foto zu bitten. »Warte.«
    Jessica öffnete sofort, als Sonja noch einmal die Klingel neben der Wohnungstür betätigte. »Ist noch was?«
    »Ja. Haben Sie ein Foto von Peter?«
    »Ja, natürlich.«
    »Könnten Sie uns eines zur Verfügung stellen?«
    Jessica verschwand aus dem Türrahmen. Sonja hörte sie kramen. Es dauerte nicht lange und sie hielt ihr ein winziges Passfoto entgegen. Sonja bedankte sich, ohne es näher in Augenschein zu nehmen.
    »Du befragst mit diesem Foto die Nachbarn«, sagte sie zu Brummer, der sich keinen Millimeter bewegt hatte. »Ich gehe in die Reifferscheider Straße, wir treffen uns in deinem Auto.«
    »Ich dachte, Wesseling gibt die Befehle aus«, beschwerte er sich.
    »Betrachte mich als seine Stellvertreterin auf Erden.«
    »Jawohl, Eure Heiligkeit«, brummte er und drückte wahllos auf einen der vier Klingelknöpfe.
    Ruben Graf war nicht zu Hause. Er wohnte noch bei seinen Eltern. Mutter und Vater waren beim samstäglichen Hausputz und ließen sich nicht gerne stören. Sonja ließ sich auch nicht stören, sondern stieg über Eimer, Schrubber und Staubsauger und setzte sich auf den erstbesten freien Stuhl und beobachtete, wie Herr Graf mit dem Staubwedel die Ecken in der Wohnung absuchte wie ein Kammerjäger. Frau Graf baute sich vor Sonja auf und wartete darauf, was sie zu sagen hätte.
    Sonja hatte das Porträt eines jungen Mannes auf dem geschnitzten Büffet entdeckt und fragte: »Ist das Ihr Sohn Ruben?«
    »Ja«, sagte Frau Graf. »Wer denn sonst?«
    Ruben hatte ein längliches, gebräuntes Gesicht, dunkles, welliges Haar und sah leider nicht besonders ungewöhnlich aus. Nase, Mund, Kinn und Augen befanden sich nicht außerhalb der Norm.
    Frau Graf wartete auf die nächste Frage.
    Sonja stellte sie. »Wo war Ihr Sohn in der Nacht zum 1. Mai?«
    Vater und Mutter blickten sich fragend an und einigten sich auf die präzise Antwort »Hier nicht.«.
    »Wo denn?«
    »Keine Ahnung. Er war mit Freunden unterwegs.«
    »Kennen Sie einen Peter Reiners?«, fragte Sonja.
    »Natürlich!«, rief Herr Graf aus einer Ecke. »Jessica, Sebastian, Peter und unser Ruben, wer kennt unser Kleeblatt nicht!«
    Ein vierblättriges Kleeblatt, dachte Sonja, das war selten. Ein Fehler der Natur. Noch dazu der Altersunterschied.
    »Peter ist ja nun tot, hat Ruben gesagt«, bedauerte Frau Graf mit trübsinnigem Gesicht, was ihr nicht schwer fallen konnte, da ihr ohnehin die Schwerkraft arg zugesetzt hatte.
    »Leider!«, rief Vater Graf wenig gefühlvoll.
    »Wir müssen mit Ihrem Sohn reden«, sagte Sonja.
    »Warum denn?«, fragte Frau Graf.
    »Wir suchen Peter Reiners’ Mörder.«
    »Sie glauben doch wohl nicht etwa …?«
    Sonja schüttelte den Kopf. »Vielleicht hat Ihr Sohn etwas gesehen oder gehört.«
    »Der andere,« gab Frau Graf ungebeten Auskunft, »der andere ist Sebastian Böhm. Der wohnt in Olef auf dem Amselweg, falls Sie das interessiert. Seine Eltern und er, wir sind früher immer …«
    »Danke«, unterbrach Sonja

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