Spiel mit dem Tod (German Edition)
haben.
«Sind Sie einen Schritt weitergekommen, Herr Ferrari?»
«Nein. Ich vermute, dass wir uns geirrt haben.»
«Eigentlich bin ich darüber sehr erleichtert. Der Gedanke, dass Hans umgebracht wurde, ist beinahe noch schlimmer, als zu wissen, dass er einfach nicht mehr leben wollte.»
«Es gibt einen sonderbaren Aspekt, für den ich bisher keinerlei Erklärung habe. Ihr Mann ist seit längerem nicht mehr zum Kegeln gegangen.»
«Was? Das ist unmöglich. Hans hätte mich nie belogen.»
«Heinz Werner kann es aber bestätigen. Kann es vielleicht sein …»
«… dass er eine Freundin hatte? Erinnern Sie sich an unser erstes Treffen in Ihrem Büro? Da haben Sie mir dieselbe Frage gestellt und ich gebe Ihnen auch heute dieselbe klare Antwort. Nein, schlicht unmöglich. Mit dieser Lüge hätte Hans nicht leben können.»
«Was gibt es sonst für eine Erklärung? In seiner Dienststelle war er auch nicht. Wo dann?»
«Da bin ich überfragt. Was heisst, überfragt, ich bin fassungslos. Kann man sich wirklich in einem Menschen so irren, mit dem man Jahrzehnte verbringt?»
Christina Rost griff sich mit zitternder Hand ins Haar. Nur mühsam konnte sie die Tränen unterdrücken.
«Ich erlebe in meinem Beruf die tiefsten Abgründe des Lebens, Frau Rost. Aber bei Ihrem Mann, wie soll ich sagen, da geht das Ganze nicht auf. Ich glaube weder, dass er Sie betrogen und ein Doppelleben geführt hat, noch dass er Sie belogen hat. Ich hatte den Eindruck, Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit waren ihm sehr wichtig. Und Sie! Vermutlich gibt es eine einfache Erklärung, weshalb er in letzter Zeit nicht zum Kegeln ging.»
Bloss welche?, dachte Ferrari beim Versuch, Christina Rost zu trösten.
«Ich wollte Sie übrigens noch anrufen. Ich habe beim Sortieren der Akten eine Versicherungspolice gefunden, von der ich nichts wusste. Warten Sie bitte einen Augenblick, ich hole sie.»
Sie ging ins Schlafzimmer, öffnete eine Schranktür und kam mit einer blauen Versicherungspolice zurück.
«Hier bitte, Herr Ferrari. Hans hat eine Lebensversicherung abgeschlossen. Die Begünstigte ist unsere Tochter. Davon hat er mir nichts erzählt und das … das irritiert mich.»
Der Kommissär las die Police durch. Im Falle von Hans Rosts Ableben vor dem fünfundsechzigsten Altersjahr erhielt die Begünstigte, seine Tochter, Edith Rost, die Summe von einer Million Franken ausbezahlt. Dementsprechend hoch war auch die Prämie. Aber was war das? Ferrari schien seinen Augen nicht zu trauen. In einer Zusatzklausel wurde ausdrücklich Selbstmord mitversichert. Ausgestellt worden war die Versicherung vor rund einem Jahr.
«Und Sie wussten nichts davon?», fragte er leise.
«Nein!»
«Und Ihre Tochter?»
«Bestimmt nicht. Mein Gott, was kommt hier noch alles zum Vorschein! Edith wusste, wie es um ihren Vater stand. Sie war genauso besorgt und verzweifelt wie ich und hätte doch nie eine solche Vereinbarung akzeptiert.»
«Darf ich Sie noch fragen, wie es um Ihre Absicherung steht?»
«Ich erhalte vom Bund eine ansprechende Rente. Das ist kein Problem. Hans beruhigte sich immer selbst, indem er mir vorrechnete, dass ich mich nach seinem Ableben nicht einschränken müsse. Ich höre noch seine Worte: ‹Es geht dir viel besser, wenn ich nicht mehr da bin. Du wirst es sehen. Ich habe gut für dich vorgesorgt.› Solche Gespräche führte ich höchst ungern. Mir bedeutet Geld nicht viel, obwohl ich aus einfachen Verhältnissen komme und viele Jahre sparsam leben musste. Es ging mir nie ums Geld. Hans … ach Hans fehlt mir so sehr.»
Christina Rost weinte. Ferrari legte seine Hand auf ihre und liess einige Minuten verstreichen.
«Es ist immer tragisch, wenn man eine geliebte Person verliert», nahm er vorsichtig das Gespräch wieder auf.
«So unerwartet verliert. In der letzten Zeit habe ich mich immer darauf eingestellt, dass jemand an die Tür klopft und mir die traurige Nachricht überbringt. Aber seit dem Gespräch mit Ihnen hatte ich keine Angst mehr. Und jetzt trifft es mich umso härter.»
«Können Sie nicht für eine gewisse Zeit, bis Sie sich etwas besser fühlen, zu einer Freundin oder zu Ihrer Tochter ziehen?»
«Zu Edith? Das ginge. Aber ich möchte lieber in meiner gewohnten Umgebung bleiben. Wenn es auch sehr, sehr schmerzt und mich alles an Hans erinnert. Ich bleibe, Herr Ferrari. Das ist auch im Sinne von Hans.»
«Würden Sie mir bitte noch die Adresse Ihrer Tochter geben?»
Sie schrieb die Anschrift auf einen Zettel, den sie vom
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