Spiel Satz Tod - Kriminalroman
Kompliment, das sie ihren Freundinnen am Abend bei einem Glas Wein zum Besten geben musste. Aber dann sah sie, warum der Polizist gestockt hatte: Über den gepflegten Rasen des Châteaus schritt Verlaque direkt auf sie zu. Rasch machte sich der junge Polizist in der entgegengesetzten Richtung davon.
»Hi« , sagte Verlaque auf Englisch und beugte sich vor, um mit Marine Küsschen auszutauschen. Er roch nach Zigarrenrauch und dem Eau de Cologne von Hermès, eine Mischung, die sie nur von ihm kannte und die noch immer berauschend auf sie wirkte. Moment mal, ermahnte sie sich. Ich bin wegen Étienne hier.
Verlaque führte sie von dem Polizeiwagen fort. »Schön, dich zu sehen«, sagte er ohne ein Lächeln. Marine vermutete, diese professionelle Haltung hänge mit der Situation und dem Ernst zusammen, der für solche Orte angemessen war. Sie hoffte, dass es ihn freute, sie zu sehen, und wie sehr sie sich auch mühte, sie konnte sich ihr berühmtes breites Lächeln nicht verkneifen. Dabei nahm sie ihn beim Oberarmund drückte ihn kurz. »Auch ich bin froh, dich zu sehen«, sagte sie aufrichtig. »Sogar an diesem Ort.« Plötzlich hatte sie Tränen in der Stimme.
Verlaque hob die Hand und strich ihr ein paar Strähnen ihres Kraushaars aus dem Gesicht, wobei er ihre Wange leicht berührte. Schweigend blickten sie einander einen Moment lang an. Dann klappte eine Tür – der junge Polizist war ins Château zurückgegangen – und das Lächeln verschwand. Sie wussten wieder, weshalb sie hier waren.
»Ist jemand zu Hause?«, fragte Marine und meinte die Bremonts. Sofort wurde ihr klar, dass sie zu direkt gefragt hatte, aber sie wollte zur Sache kommen.
»Nein. Wir waren gestern mit großem Polizeiaufgebot hier, und jetzt liegt der Leichnam bis zum Begräbnis im Schauhaus. Er hat sich das Genick gebrochen«, erwiderte Verlaque und suchte dabei zu ignorieren, wie sinnlich Marine in dem Rollkragenpulli wirkte.
»Wer hat es Isabelle de Bremont gesagt?«, fragte Marine nun.
Verlaque warf ihr einen langen Blick zu und wandte seinen Kopf dann in Richtung des Berges. »Eine Beamtin war gestern Nachmittag bei ihr«, antwortete er. »Ich habe eine Stunde abgewartet und sie dann auch aufgesucht.«
»Wie hat sie es aufgenommen?«
»Schlecht«, sagte Verlaque und schaute Marine wieder an. »Gott sei Dank waren die Kinder nicht da. Ihre Eltern hatten sie über das Wochenende bei sich.«
»Étienne hat einen Bruder, ich glaube, er lebt in Cannes«, warf Marine ein.
»Ja, François. Er ist hierher unterwegs«, teilte ihr Verlaque mit. »Kennst du ihn?« Er musterte sie auf eine Art, wie er das früher nie getan hatte. Etwas an ihr war verändert.
»Ich habe ihn mindestens seit fünfzehn Jahren nicht mehr gesehen. Ich weiß nur, was man sich über ihn erzählt. Das kann zutreffen oder auch nicht. Er soll ein Playboy, ein Zocker und ein sehr guter Polospieler sein.« Marine verhehlte ihre Abneigung nicht. In François’ Nähe hatte sie sich nie wohl gefühlt. Es war, als ob er bei allem übertrieb.
»Das habe ich auch gehört. Einer der Beamten in Cannes spielt mit ihm in einer Mannschaft. Er sagt, François sei ein guter Spieler, aber nicht sauber.«
Marine musste lachen. »Tatsächlich? So war er als Kind schon. Ständig hat er Étienne und mich auszutricksen versucht. Étienne war schnell, aber François war stärker. Und ich, na, das weißt du ja …« Marine wurde plötzlich verlegen, denn Verlaque hatte oft darüber gespöttelt, dass sie so unsportlich war. Sie hatte sich gezwungen, regelmäßig ins Fitness-Studio zu gehen, aber Spaß hatte sie nur an Aerobic. Sie liebte laute Musik und Tanz. Skifahren oder im Meer schwimmen dagegen machten ihr Angst.
»Die schöne Professorin!«, rief Jean-Claude Auvieux aus vollem Halse, als er aus seinem Häuschen trat und auf Marine und Verlaque zugelaufen kam. Er strahlte übers ganze Gesicht, nahm Marine bei den Schultern und schüttelte sie vor Begeisterung. Sie umarmte den Verwalter und stieß ebenfalls einen Freudenschrei aus. »Jean-Claude! Wie lange haben wir uns nicht gesehen! Du siehst fantastisch aus! Die frische Luft hier oben scheint dir zu bekommen!« Verlaque genoss die aufrichtige natürliche Freude der beiden, die sich nach so vielen Jahren wiedersahen. Wie sehr unterschied sie sich doch von der peinlichen Szene, die sich gerade zwischen ihm und Marine abgespielt hatte.
»Das stimmt! Die Luft in Aix wird immer schlechter!«, antwortete Jean-Claude, noch immer
Weitere Kostenlose Bücher