Spiel Satz Tod - Kriminalroman
ihr euch nicht? Ich hole uns Eistee. Oder lieber Coca-Cola?«
Ich ging zwischen ihnen hindurch, war aber nicht groß genug, um ihren Blickkontakt zu unterbrechen. Sie funkelten sich über meinen Kopf hinweg weiter an.
»Ich bin sicher, der Herr Beamte bleibt nicht lang genug, um einen Drink zu brauchen«, sagte Alan.
»Ich nehme einen Tee«, antwortete Colin. »Mit Zucker. Bitte«, fügte er hinzu.
»Ich weiß«, sagte ich und erschrak ein wenig, als Alan betroffen dreinschaute.
Jetzt fing die Sache langsam an, mich zu ärgern. Schließlich war es kein Treuebruch zu wissen, dass ein anderer Mann seinen Tee mit Zucker trank. Ich hoffte, es werde mir erspart bleiben, ihre Köpfe zusammenzustoßen wie Kokosnüsse.
»Nun setzt euch beide endlich hin und benehmt euch wie Gentlemen«, sagte ich in dem Ton, mit dem unsere Großmutter meine Brüder, die häufig miteinander stritten, zur Räson gebracht hatte.
Als ich mit den Gläsern kam, hatten sie sich auf beide Seiten des Couchtisches zurückgezogen, hockten allerdings auf dem äußersten Rand ihrer Sitzgelegenheiten wie Sprinter in den Startblöcken. Ich reichte Alan ein Glas Tee und dann Colin ein zweites, in dem die Zuckerkristalle unter den Eiswürfeln noch wirbelten wie eine kleine Wolke.
Colin nahm das Glas. Dann schob er mir die dicke braune Tüte zu, die er bisher in der Hand gehalten hatte. »Hier, das ist für Sie.«
Ich ergriff die Tüte mit einem fragenden Blick, spürte, wie schwer sie war, und öffnete sie vorsichtig. Darin lag Trainer Freds Tischuhr. Der Schlüssel steckte immer noch in der winzigen Schublade unterhalb des Zifferblatts. Ich holte sie heraus und drehte sie um, um noch einmal die Worte von Freundschaft und Abschied auf der kleinen Metallplatte zu lesen:
Fred Argus.
Du wirst ein verdammt guter Lehrer sein.
Glückwünsche von deinen Freunden bei Tracor.
Du wirst uns fehlen.
Er war in der Tat ein toller Lehrer gewesen, und ich vermisste ihn mehr, als ich sagen konnte.
»Was soll das?«, fragte ich.
»Mrs. Argus hat mich gebeten, sie Ihnen zu geben«, sagte Colin. »Sie meinte, Sie hätten sicher gern ein Andenken an ihren Mann.«
Ich nickte und musste schlucken, denn ich hatte schonwieder einen Kloß im Hals. Sie hatte recht. Dieses Andenken wollte ich in Ehren halten.
Colin fuhr fort: »Ihr Anwalt wird sich sicher in Kürze bei Ihnen melden. Alle Anklagepunkte würden fallengelassen. Selbstverteidigung und Verteidigung eines Kindes – dafür kann Sie kein Gericht der Welt verurteilen. Wahrscheinlich bekommen Sie aber eine strenge Verwarnung, weil Sie auf dem Schulgelände eine Waffe getragen haben.«
Mir fiel ein riesiger Stein vom Herzen. Ich ließ einen kleinen Freudenschrei hören, strahlte ihn an und sprang auf, weil ich am liebsten durchs Haus getanzt wäre. Die beiden Männer wollten sich ebenfalls erheben. Rasch setzte ich mich wieder.
»Bleibt sitzen«, sagte ich und fügte hinzu: »Überlegt doch mal, jetzt braucht keiner von euch mir einen Kuchen mit einer Feile drin zu backen.«
»Für mich ist damit Ihr Job ebenfalls sicher«, sagte Colin nun schon viel entspannter und lächelte über meinen kleinen Witz. »Ein Freund von der Presse hat mir gesagt, der Schulbezirk werde mit E-Mails von Eltern überflutet. Neunzig Prozent fordern Ihre Rückkehr.«
Was meine Arbeit betraf, so war ich mir nicht so sicher. »Das kann gut sein, oder auch nicht. Ich bezweifle, dass die Schulverwaltung über dieses Aufsehen froh ist. Die wollen das Ganze bestimmt so schnell wie möglich unter den Teppich kehren.«
»Das wird ohnehin geschehen. Pat Carver wird am Montag der Unterschlagung angeklagt. Wenn dieser Fall erst einmal in die Schlagzeilen kommt, dann ist Ihr Name vergessen, besonders wenn sich herausstellt, um wie viel es dabei geht.«
»Wie viel hat sie denn genommen?«, fragte ich.
»Das wird noch geprüft, aber im Moment steht die Summe bei einer halben Million Dollar.«
Mir fiel die Kinnlade herunter. »Im Ernst? Wie hat sie das denn geschafft?«
»Sie betreibt das schon ziemlich lange, und offenbar recht clever. Sie hat ständig Geld von einem Konto zum anderen umgebucht, so dass es nicht leicht zu erkennen war, wenn dabei etwas in ihrer eigenen Tasche verschwand. Dieser Skandal wird die Presse und die Schulverwaltung so beschäftigen, dass die an Sie keinen Gedanken mehr verschwenden werden. Pat war es auch, die Ihr Haus verwüstet hat. Allerdings glaube ich nicht, dass man sie dafür zur Verantwortung zieht. Da sie
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