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Spiel unter Freunden

Spiel unter Freunden

Titel: Spiel unter Freunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PJ Tracy
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vergangenen Jahr
an dieser Krankheit gestorben war.
    «Genau,
Kolosseum», wiederholte Peterson. «Ich hätte nicht
gedacht, dass heute hier überhaupt jemand auftaucht, und jetzt
melden die Mall-Betreiber, dass bereits alle Besucherrekorde
gebrochen sind. Entweder sind diese Leute samt und sonders
bescheuert oder einfach blutrünstig und vielleicht nur
hergekommen, weil sie gehört haben, dass was Schreckliches
passieren würde. Das find ich fast noch gruseliger als die
Morde.»
    «Minnesota, wie
es leibt und lebt», murmelte Langer und riss sich endlich vom
Anblick der Frau im Rollstuhl los. Er hasste sich bereits
dafür, sie so angestarrt zu haben.
    Unzählige Male
war er nämlich selbst Ziel dieser schon krankhaft neugierigen
Blicke gewesen, wenn er seine Mutter in ihrem Rollstuhl aus dem
Pflegeheim geschoben und sich dabei in Gedanken auf die Schulter
geklopft hatte, weil er ein so guter Sohn war, ein so
pflichtbewusster Sohn, der seine Mutter in den Park ausführte
oder ins Shopping-Center oder auch nur zu McDonald's an der Ecke,
als wenn sie noch immer ein vollwertiger Mensch war. Er schob den
Rollstuhl vor sich her, blickte dabei auf ihren Hinterkopf, der
eigentlich so aussah wie eh und je, und machte sich vor, dass es
immer noch seine Mutter war, die darin steckte.
    Aber Menschen, die sie
von vorn sahen, wussten es besser, und deren Blicke drückten
die schreckliche Wahrheit aus, dass der Kaiser neue Kleider trug
­ Entschuldigen Sie, Sir, aber könnte es sein, dass Ihre
Mutter sabbert? Uriniert? Sich hier mitten bei McDonald's in die
Hosen scheißt? Diese lärmenden, beredten und grausamen
Blicke hatten den Schwächling in ihm geweckt, der er schon
immer gewesen war, und dieser Schwächling hatte dann eine
Million Gründe gefunden, warum er seine Mutter heute nicht
besuchen konnte, diese Woche nicht und auch diesen Monat nicht
mehr, bis sie, eingeschrumpelt wie eine Erbse in der Schote, in
jener Nacht starb, als die Pflegeschwester gerade anderweitig
beschäftigt war.
    «Langer? Alles
okay?» Mein Gott, Schluss jetzt. Sieh
nicht mehr hin, Aaron Langer.
    «Ja, alles
klar.» Er drehte sich zu Peterson um und verblüffte den
Mann mit dem kläglichen Lächeln, das er versuchte.
«Nur müde. Und kalt ist mir.»
    «Na, dann nichts
wie rein mit dir, Mann. Gönn dir eine heiße
Mahlzeit.»
    «Genau.
Danke.» Wäre er auch nur halbwegs ein richtiger Mann
gewesen oder auch nur halbwegs ein anständiger Mensch,
wäre er hinübergegangen, um bei der ihm so vertrauten
Anstrengung zu helfen, die unkoordinierte und teilnahmslose
Ansammlung unbeseelter Körperteile ins Auto zu laden, zu der
Alzheimer ein einst völlig gesundes menschliches Wesen
degradiert hatte.
    Er hatte es Gott
weiß oft genug getan, um zu wissen, wie man es am besten
bewerkstelligte. Aber der Schwächling in ihm behielt doch die
Oberhand, und jetzt, da es ihm endlich gelungen war, den Blick
abzuwenden, erschien es ihm fast unmöglich, noch einmal
zurückzuschauen. Nur ein schneller Blick, als er mit dem
Rollstuhl auf gleicher Höhe war, der sich mehrere Autoreihen
entfernt rechts von ihm befand. Nur ein schneller Blick aus dem
Augenwinkel, um festzustellen, dass man auch ohne ihn der Aufgabe
Herr geworden war.
    Er trabte übers
Parkdeck zum Eingang der Mall und legte dann die beträchtliche
Entfernung zwischen Nordstrom's und Macy's sehr schnell
zurück: ein Mann auf der Flucht vor den Schatten der
Vergangenheit. Als er schließlich an der Schuhabteilung
vorbei war, hatte er sich so weit beruhigt, dass er deutlich
wahrnahm, wie sein Gedächtnis ihn sanft auf das aufmerksam
machte, was er wirklich gesehen hatte, als er auf dem Parkdeck noch
einen schnellen Blick aus dem Augenwinkel auf die Verladung des
Rollstuhls geworfen hatte.
    Mitten im schnellen
Schritt erstarrte er, ohne den Mann zu spüren, der ihm in den
Rücken lief, und ohne dessen leisen Fluch zu hören.
«Mein Gott.» Er sagte es ganz leise, und es betraf auch
nicht die Rempelei. Dann machte er kehrt und rannte den Weg
zurück, den er gekommen war. Den Kopf zur Seite gedreht, gab
er Peterson lautstark über Funk Instruktionen, und ihm war
schrecklich übel, weil er jetzt wusste, dass die Person, die
den Rollstuhl geschoben hatte, die alte Frau zwar in ein Auto
verfrachtet hatte, dann aber in den Wagen daneben
eingestiegen und weggefahren war. Er versuchte sich einzureden, dass
es bestimmt nichts Entscheidendes war, dass es sich nur um einen
Pfleger gehandelt hatte, der so frustriert war,

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