Spiel unter Freunden
Fall gelöst. Der Junge war's. Das
hab ich dir von Anfang an gesagt.»
«Hast du nicht.
Du hast gesagt, dass es Father Newberry war.»
«Das war doch
nur Wunschdenken und außerdem, als ich noch nicht wusste,
dass sich die Kleinfeldts tatsächlich fortgepflanzt hatten.
Gleich als ich das von dir hörte, hab ich den Jungen
verdächtigt, und das weißt du auch. Gefiel mir ganz und
gar nicht, den Padre zu streichen. Der passte nämlich perfekt.
Kreuze in die Brust geritzt, ein fettes Erbe für die Kirche
… den alten Priester musste man als Hauptverdächtigen
einfach lieben.» Er beugte sich vor und stocherte in dem Wust
von Papier auf Hallorans Schreibtisch. «Hast du hier
irgendwas Essbares?»
«Nee.»
Bonar seufzte betrübt und lehnte sich zurück. Die Finger
verschränkte er über dem schwellenden Bauch. Sein braunes
Uniformhemd klaffte zwischen den Knöpfen, die sich mit letzter
Kraft hielten, als ginge es um ihr Leben. «Und nun sind also
die Engel vom Himmel herabgestiegen und haben dir geflüstert,
dass der Junge es getan hat, lange nachdem ich dir gesagt hatte,
dass es der Junge war, worauf ich hinweisen möchte. Deine
Erkenntnis, mein Freund, ist jedoch völlig nutzlos. Wir wissen
doch weder, wer oder wo der Junge ist, noch wie er aussieht, wie
alt er ist …» Halloran lächelte. Das hier tat
gut. Mit Bonar über den Fall zu sprechen, sich
ausschließlich darauf zu konzentrieren und nur darauf
eine gerade Linie, der er folgen konnte, so lange es ging.
«Der Junge wurde in Atlanta geboren. Vor einunddreißig
Jahren.»
«Ach ja? Du
hattest also noch eine Vision? Erzähl.»
«Steuererklärungen. Die
ersten, die wir hatten, waren über dreißig Jahre alt,
stammten von damals, als die Kleinfeldts noch die Bradfords waren.
Und auch noch nicht reich. Frisch verheiratet wahrscheinlich, noch
am Anfang, so tief auf der Einkommensleiter, dass sie Arztkosten
absetzen konnten. Und zwar sehr hohe für jene Zeit, in ihrem
vierten Jahr in Atlanta.
Hab mir gedacht, dass
es Entbindungskosten gewesen sein könnten.» Bonars
Interesse war geweckt, und er kam ein wenig hoch.
«Deswegen hab
ich im County-Archiv da unten angerufen und mich nach Baby
Bradfords in jenem Jahr erkundigt. Bingo: Den Eltern Martin und
Emily Bradford wurde am 23. Oktober 1969 ein Baby Bradford
geboren.» Bonar schien den Atem anzuhalten. «Moment.
Die Kleinfeldts wurden am 23. Oktober ermordet.» Halloran
nickte grimmig. «Happy Birthday, Baby.»
«Verdammt.
Geburtsdatum, Todesdatum. Der Junge war es wirklich.»
Halloran nahm einen letzten Zug und ließ die Zigarette in
eine leere Coladose fallen. «Schade, dass du nicht unser
Bezirksstaatsanwalt bist. Der Typ ist leider ein ganz
scharfer.
Will
Fingerabdrücke sehen, Zeugen hören, du weißt schon,
vor Gericht verwendbare Beweise, wie wir sie eben nicht
haben.
Der Junge hat noch
nicht mal geerbt.» Bonar schüttelte den Kopf.
«Macht nichts. Keiner schneidet die Körper seiner Eltern
auf, nur weil er Geld will. Den muss was anderes geritten haben,
und es wird uns garantiert nicht gefallen, wenn wir darauf
stoßen.» Er blies die Wangen auf, seufzte tief und
stemmte sich mühsam aus dem Stuhl. Dann ging er ans
Fenster.
Helmut Kruegers Farm
lag auf der anderen Straßenseite, und er schaute zu, wie eine
lange Reihe Schwarzbunter von der Weide in den Stall trottete, um
gemolken zu werden. Dabei ging ihm durch den Kopf, dass er lieber
hätte Bauer werden sollen. Kühe brachten wohl kaum je
ihre Eltern um. «Hast du den Namen des Jungen schon durch den
Computer gejagt?»
«Da gibt es ein
Problem. Kein Name auf der Geburtsurkunde.»
«Hä?»
«Die Frau im Amt
sagte mir, das wäre damals gar nicht so ungewöhnlich
gewesen. Urkunden wurden aufs Datum ausgestellt, und manche Eltern
haben sich eben noch nicht für einen Namen entschieden. Und
wenn sie den Namen später nicht melden, dann bleibt eben ein
leeres Feld auf der Urkunde.
Aber das Krankenhaus
war angegeben, und dort hat man mir den Namen des Hausarztes
gegeben.»
«Schon mit ihm
gesprochen?», fragte Bonar.
Halloran
schüttelte den Kopf.
«Sag bloß
nicht, er ist tot.»
«Lebendig und
beim Golf. Seine Frau hat gesagt, sie richtet ihm aus, er möge
heute Abend zurückrufen.» Bonar nickte und sah wieder
zum Fenster hinaus. «Also geht es voran.»
«Kann sein.
Wollen wir nicht was essen, bevor der Doc zurückruft? Ich hab
seiner Frau meine Handynummer gegeben, damit wir hier abhauen
können.» Bonar drehte sich um, und
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