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Spielen: Roman (German Edition)

Spielen: Roman (German Edition)

Titel: Spielen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Ove Knausgård
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weder ein aufgerissener Mund noch Augen, die ihr fast aus dem Kopf fielen, was wir uns vielleicht erhofft hatten. Trotzdem war es eine gelungene Aktion gewesen. Wir hatten es geschafft, ihr Tors Riesenständer zu zeigen.
    Im Umkleideraum diskutierten wir darüber, was nun passieren würde. Nur wenige von uns glaubten an Strafmaßnahmen, weil es ihr wahrscheinlich zu peinlich sein würde, die Sache weiterzuverfolgen. Mit dieser Einschätzung lagen wir jedoch falsch. Es wurde eine große Sache daraus, der Rektor kam in unsere Klasse, die vier Jungen, die Tor getragen hatten, mussten nachsitzen, und wir anderen durften uns eine Standpauke anhören, die sich gewaschen hatte. Der Einzige, der unbeschadet aus der Sache herauskam, war Tor selbst, der erstens als Opfer dastand – der Rektor, unsere Klassenlehrerin und Frau Hensel gingen von einem Fall von Mobbing aus – und zweitens als Gewinner, denn nun wussten natürlich alle, auch die Mädchen, von dem sensationellen Detail seines Körperbaus, ohne dass er selbst einen Finger hatte krümmen müssen, um dafür zu sorgen.
    An jenem Abend musterte ich mich lange im Spiegel.
    Das war leichter gesagt als getan. Der einzige große Spiegel in unserem Haus hing unten im Flur an der Treppe, aber dort konnte ich mich ja schlecht splitternackt hinstellen, selbst wenn das Haus leer gewesen wäre, denn die anderen würden womöglich unverhofft auftauchen, und selbst wenn ich dann blitzschnell reagierte, würden sie doch für einen Moment meinen nackten Po erblicken, der in wüster Flucht die Treppe hinaufeilte.
    Nein, der einzige Spiegel, der in Frage kam, hing im Badezimmer.
    Er war aber nur für das Gesicht gedacht. Wenn man sich ganz nah zu ihm vorlehnte und die Beine möglichst weit hinten stehen ließ, konnte man ansatzweise seinen Körper sehen, allerdings aus einem so seltsamen Winkel, dass es wenig aussagekräftig war.
    Deshalb wartete ich, bis Mutter nach dem Essen mit dem Spülen fertig war und sich mit der Zeitung und einer Tasse Kaffee ins Wohnzimmer gesetzt hatte. Daraufhin ging ich in die Küche und holte mir einen Stuhl. Falls sie mich fragen sollte, was ich damit wolle, würde ich ihr antworten können, dass ich den Kassettenrekorder beim Baden darauf abstellen wolle. Sollte sie mich daraufhin fragen, warum er nicht wie sonst auf dem Fußboden stehen konnte, würde ich ihr sagen, ich hätte gehört, Elektrizität und Wasser seien eine gefährliche Kombination, und dass häufig Wasser auf den Fußboden spritze, wenn ich badete.
    Sie stellte jedoch keine Fragen.
    Ich schloss die Tür ab, zog mich aus, stellte den Stuhl an die Wand und stieg darauf.
    Zunächst musterte ich die Vorderseite meines Körpers.
    Mein Schwanz war nicht wie Tors, wahrhaftig nicht. Er war eher wie ein kleiner Zapfen. Oder eine Art Feder, denn er zitterte ein wenig, wenn man gegen ihn schnippte.
    Ich legte ihn in die Hand. Wie lang mochte er wohl sein?
    Dann drehte ich mich halb und betrachtete ihn von der Seite. So wirkte er etwas länger.
    Außerdem sahen abgesehen von Tors doch alle Schwänze in der Klasse so aus, war es nicht so?
    Schlimmer waren da schon die Arme. Sie waren so dünn. Und der Brustkorb war ebenfalls dünn. Auf einem Bild vom Norway Cup war mir plötzlich aufgefallen, dass mein Oberkörper schmäler wurde, je näher er dem Kopf kam, und so sollte es nun wirklich nicht sein. Beim Training machten wir manchmal Liegestütze, aber ich pfuschte immer, denn eigentlich, aber das wusste nur ich, eigentlich schaffte ich keine einzige Liegestütze.
    Ich stieg wieder herunter und ließ Wasser in die Badewanne einlaufen, und während es aus dem kleinen Mund unter der kurzen, eisenbalkenartigen Konstruktion plätscherte, auf der die beiden Augen, ein rotes und ein blaues, saßen, eilte ich in mein Zimmer, holte den Kassettenrekorder, legte Outlandos d’Amour auf, was meine Badewannenmusik war, stellte ihn auf den Stuhl, drückte auf Play und stieg vorsichtig in die Wanne. Die Hitze biss so auf der Haut, dass es fast unmöglich war einzutauchen. Aber es ging. Ich setzte mich, stand auf, setzte mich, stand auf, bis sich meine Haut an die Temperatur gewöhnt hatte und ich dort liegen und heißes Wasser über mich schwappen lassen konnte, während die Musik aus dem kleinen Rekorder strömte und ich aus vollem Hals mitsang und davon träumte, berühmt zu werden, und mir ausmalte, was die Mädchen, die ich kannte, dann wohl sagen würden. I feel lol o lo, sang ich. I feel lol o lo, I feel lo

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