Spielregeln im Job durchschauen
werden in reinen Frauengruppen Stärke und Kompetenz einzelner Mitglieder sowie Konkurrenz untereinander tabuisiert und offene Machtkämpfe vermieden. Weiterhin zeigte die Studie, dass Frauen stärker auf die Stimmung im Team achten. Männer hatten dagegen vor allem das Arbeitsergebnis im Blick. Beide Verhaltensweisen haben Vorteile: Nathali Klingen rät Frauen, die in der Berufswelt mit Führungsaufgaben konfrontiert sind, stärker auf die Aufgabenstellung zu schauen. Wenn schnelle Ergebnisse gewünscht werden, muss die Befindlichkeit der Mitarbeiter vorübergehend auch einmal ignoriert werden. Umgekehrt rät sie Männern, mehr auf die Stimmung unter ihren Mitarbeitern zu achten. Die Qualität des Teamergebnisses hängt auch von der Motivation der Mitarbeiter ab. Dadurch, dass Männer die Mehrheit in Führungspositionen stellen, hat allerdings das männliche Verständnis von Macht und Hierarchie einen ganz wesentlichen Einfluss auf die Spielregeln im Job.
Der andere Blick
Frauen geht es stärker als Männern bei der Arbeit um die Beschäftigung mit bestimmten Inhalten – egal, auf welcher Hierarchiestufe. Inzwischen gibt es männliche Führungskräfte, die genau aus diesem Grund auf Frauen setzen. René Mägli zählt dazu, er stellt nur Frauen ein. Über 100 Mitarbeiterinnen arbeiten in seinem Betrieb, der Schweizer Niederlassung von MSC, der zweitgrößten Frachtreederei der Welt: als Controllerinnen, Buchhalterinnen, Finanzspezialistinnen, Verkäuferinnen, Managerinnen, IT-Fachfrauen. Mägli schätzt seine Mitarbeiterinnen: Eine Frau sei kommunikativer, zielstrebiger, kostenbewusster, besser in Fremdsprachen und besser im Team, zudem setze sie schneller Prioritäten als ein Mann, sagt Mägli im Interview mit Spiegel online . Vor allem aber sei entscheidend: »Eine Frau dient der Sache. Männer kämpfen um die eigene Position, um Geld und den Status. Frauen tun dies bei uns – meines Erachtens – nicht.« Er praktiziere das nicht aus Idealismus, sondern Frauen eigneten sich einfach besser für ein Dienstleistungsunternehmen: »Sie bringen mehr Profit.«
Frauen stellen die Aufgabe in den Mittelpunkt ihrer Tätigkeit und legen großen Wert auf die Qualität ihres Arbeitsumfeldes, das belegt inzwischen auch die wissenschaftliche Forschung. Selbst bei der Übernahme einer Führungsposition bleiben die Inhalte im Fokus ihres Engagements. Für Frauen bedeutet Führung, sich den Inhalten ihrer Arbeit in gestärkter Position zu widmen. Männer bewerten Inhalte weniger hoch, für sie besteht eine Führungsaufgabe hauptsächlich im Leiten von Mitarbeitern. Sie sehen Führung als Rolle, die relativ unabhängig von der konkreten Aufgabe ist. Eine Führungsrolle kann deshalb in unterschiedlichen Kontexten oder Abteilungen ausgeübt werden. Da eine »reine« Führungskraft im Unternehmen universal einsetzbar ist, ist dieser Umstand Karriere fördernd. Eine Aufgabe wird von vielen Männern häufig als Sprungbrett für die Karriere gesehen, sie definieren sich über die Wirkung ihrer Tätigkeit. Man(n) macht etwas gut, steigert die Effektivität der Abteilung und wird dafür befördert. Männer suchen nach Aufstiegschancen. Sie richten ihr Handeln danach aus, immer weiter nach oben zu steigen. Frauen gestalten ihre Laufbahn eher nach Aufgaben und halten an inhaltlich interessanten Positionen fest. So verzichten sie gegebenenfalls auf den Aufstieg, wenn sie sich von lieb gewonnenen Inhalten trennen müssten, während Männer ihre Stellen auch dann verlassen, wenn sie interessant sind.
Frauen sehen es außerdem als zentrale Aufgabe, Bedingungen für eine effiziente Kooperation zu schaffen, damit alle Mitarbeiter ihre Potenziale zugunsten der gestellten Aufgabe einbringen können. Sie geben ihren Mitarbeitern Freiraum und lassen sie das »Wie« ihrer Tätigkeit weitgehend selbst definieren, damit sie ihre Arbeit als ebenso sinnvoll wie sie selbst erleben. Ein moderner Führungsstil – ganz im Sinne des viel zitierten und gewünschten Konzepts des unternehmerisch denkenden Mitarbeiters. Frauen sollten sich zwar bewusst sein, dass sie innerhalb eines Machtsystems arbeiten, aber deshalb ihren ureigenen Arbeits- und Führungsstil nicht aufgeben, weil er viele Vorteile bietet, die auch für das Arbeiten im internationalen Kontext gesucht sind.
Der Wirtschaftspsychologe Felix Brodbeck, der im Rahmen der Globe-Studie Führungsverhalten im internationalen Vergleich unter die Lupe nahm, konstatiert, dass deutsche und internationale
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