Spielregeln im Job durchschauen
Managementforscher deutsche Führungskräfte als aufgabenorientiert und technisch versiert beschreiben, jedoch auch als wenig inspirierend und mangelhaft in ihrer sozialen Kompetenz. »In Deutschland wächst die Sehnsucht nach neuen Führungskräften«, sagt Brodbeck, der in der Globe-Studie auch gesellschaftskulturelle Wertetrends untersuchte und zu dem Ergebnis kam, dass Führungspersönlichkeiten mit hoher sozialer Kompetenz gefragt sind: Diese sollen motivieren, teamfähig, einfühlsam, tolerant, offen und fair sein. Der Fehlzeiten-Report 2011 bestätigt, dass sich Beschäftigte von ihrer Führungskraft mehr Einsatz für die Mitarbeiter, mehr Feedback und öfter mal ein Lob für gute Arbeit wünschen. Dieser Einsatz lohnt sich, denn Mitarbeiter, die von ihren Führungskräften gut informiert werden und Anerkennung erfahren, haben weniger gesundheitliche Beschwerden und identifizieren sich häufiger mit ihrem Unternehmen. Das erhöht den Unternehmenserfolg.
Es gilt also für Frauen, sich ihre Beziehungsorientierung zu bewahren und trotzdem strategisch zu denken und ihre Position auch von anderen nicht infrage stellen zu lassen.
Der Preis des »Sich-nicht-Aufspielens«
Männer halten die Fäden gerne in der Hand und organisieren die Zusammenarbeit im Hinblick auf eine effiziente Zuarbeit. Die Mitarbeiter liefern die einzelnen Teile, die sie ordnen und zu einem Gesamtergebnis zusammenfügen. Für Frauen ist diese Haltung männlicher Vorgesetzter oft schwer zu akzeptieren. So ärgern sich beispielsweise Wissenschaftlerinnen in der Medizin häufig, dass ihr Chef ihre Arbeitsergebnisse in seine Forschungen mit einarbeitet und bei internationalen Konferenzen quasi als seine präsentiert. Für hierarchieorientierte Männer zwar auch ärgerlich, aber nichts anderes als ein ganz normaler Vorgang. Durch ihren delegierenden Führungsstil stellen sich Männer an die Spitze. Für ihre Leistungen werden sie so schneller honoriert als teamorientiert arbeitende Frauen, die Individualität und Kreativität bei ihren Mitarbeitern fördern – und so selbst viel weniger auffallen. Kooperation statt Konkurrenz – logisch, dass Frauen nach anderen Regeln spielen.
Immer wieder spreche ich mit Frauen, die diese starke inhaltliche Orientierung verfolgen. Sie beschweren sich oft im selben Atemzug, dass ihre Arbeit von ihren Vorgesetzten nicht genug gewürdigt wird und dass sie nicht aufsteigen. Es ist offensichtlich, dass sie in einem Spiel mitspielen, in dem inhaltliche Qualifikation zwar vorausgesetzt wird, in dem überdurchschnittliches inhaltliches Engagement aber nicht zum Aufstieg führt. Diese Frauen versäumen es, ihren Aufstiegswillen und ihren Machtanspruch in einem männlich-hierarchieorientierten System deutlich zu machen. Stattdessen kritisieren sie, wie sich Männer »aufspielen«, und verzichten damit auf die Chance, eigene Punkte im Spiel zu machen. Anstatt sich in gedanklichen Planspielen zu üben, setzen viele Frauen nach dem Motto »Mehr desselben« inhaltlich noch eins drauf. Sie rackern noch mehr in der Sache, vertiefen sich noch mehr ins Detail und machen eine Zusatzqualifikation nach der anderen. Der Effekt: Tunnelblick statt Blick über den Tellerrand. Für die Vorgesetzten sehr praktisch, denn von einer so fleißigen Mitarbeiterin wird viel Arbeit sehr zuverlässig erledigt.
Wie Frauen das Macht-Prinzip clever nutzen
»Macht ist was Gutes, aber das musste ich erst lernen«, sagt Ulla Schilder, EDV-Expertin in einem Telekommunikationsunternehmen. Die Gelegenheit dazu erhielt sie, als sie Leiterin eines Projekts wurde. Eine neue Software für Materialwirtschaft wurde eingeführt. Ein komplexes, interessantes Projekt, das sich über ein Jahr hinzog und an dem die Abteilungen Vertrieb, Materialwirtschaft, Controlling, EDV sowie externe Berater und Programmierer beteiligt waren. Obwohl es viel Energie kostete, gefiel Ulla Schilder, dass sie etwas gestalten konnte: Ergebnisse besprechen und durchsetzen – auch gegen Widerstände – und merken, dass man ihr zuhörte und sie unterstützte. Geholfen hat ihr dabei Weiterbildung in diversen Seminaren zu Themen wie »Persönlichkeit«, »Konfliktverhalten« oder auch »Rhetorik«, in denen auch über Macht diskutiert wurde. Dabei entdeckte sie für sich, dass Macht und eine gewisse damit verbundene Aggressivität nicht negativ sein müssen.
Vorteile der Macht
Heinrich Wottawa, Professor für Wirtschaftspsychologie an der Bochumer Universität, hat sich in einer
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