Spielregeln im Job durchschauen
mit 17 Prozent Spitzenreiter. Insgesamt besetzen Frauen hierzulande nur 26,5 Prozent der Führungspositionen. Im europäischen Vergleich liegt Deutschland damit hinter Bulgarien und Litauen.
Das verwundert nicht: Die Psychologin Nathali Klingen hat in einer 2001 erschienenen Untersuchung festgestellt, dass eine erhebliche Diskrepanz zwischen postulierten »weichen« Werten und ihrer tatsächlichen Verbreitung in den Führungsebenen besteht. Untersuchungen belegen, dass erfolgreiche Manager nach wie vor durch das Vorhandensein sogenannter maskuliner Eigenschaften und das Fehlen femininer Eigenschaften charakterisiert werden. Klingen zieht daraus den Schluss, dass die Wahrnehmung und Bewertung von Führungsverhalten eng mit der Wahrnehmung des geschlechtlichen Verhaltens und den Erwartungen an die Geschlechterrollen verknüpft ist. Allerdings seien diese Erwartungen zum Großteil unbewusst. An diesen Befunden hat sich in Deutschland bis heute nicht sehr viel geändert.
Die Verhaltensweisen in der Wirtschaft haben sich über die Jahrhunderte hinweg unter Männern herausgebildet. Sollen sich die Frauen jetzt immer noch den Männern anpassen?
Jetzt könnten sich doch erst einmal die Männer ändern, warum sollen Frauen weiter nach ihrer Pfeife tanzen und nach ihren Regeln spielen? Berechtigte Frage! Nur leider werden sich die Männer im Job erst dann ändern und Frauen von sich aus das Mitspielen erleichtern, wenn sie eine starke Notwendigkeit dafür sehen. Das könnte bald der Fall sein, wenn zunehmend qualifizierte Frauen in der Wirtschaft fehlen. Schon jetzt raten diverse Personalberater, die Bundesagentur für Arbeit, das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung und das Weltwirtschaftsforum zusammen mit der Unternehmensberatung Boston Consulting Group den Unternehmen, sich verstärkt nach qualifizierten Frauen als Arbeitskräften umzusehen, um diesen Mangel zu beheben.
Die Telekom hat 2010 eine Quote eingeführt. Ein Drittel der oberen und mittleren Führungspositionen soll in Zukunft mit Frauen besetzt werden – um so den wirtschaftlichen Erfolg zu steigern. Der Aufschrei in der Wirtschaft war groß, Verbände, Institute und Unternehmen distanzierten sich. Das zeigt: Es gibt zwar einzelne Initiativen, um Breitenwirkung zu erreichen, ist der Leidensdruck allerdings noch nicht groß genug. Den haben (noch) die Frauen. Und anstatt zu versuchen, die anderen, nämlich die Männer, zu verändern, ist es erfolgversprechender, erst einmal die eigenen Strategien zu überprüfen. Denn so ärgerlich es auch ist: Man kann einen anderen nicht ändern, nur sich selbst.
Wie ändern sich die Spielregeln in Zukunft durch den Einfluss der Generation Y?
So wie die Unternehmen mittel- bis langfristig verstärkt Frauen als Arbeitskräfte ansprechen werden, werden sie sich auch zunehmend einen Wettbewerb um junge Mitarbeiter liefern. Und das wird nicht ohne Folgen auf die Arbeitskultur bleiben. Experten sagen den Vertretern der Generation Y (den nach 1980 Geborenen) im Verhältnis zu Älteren eine andere Vorstellung von Work-Life-Integration nach. Sie sind zwar bereit, hart zu arbeiten, möchten dann aber auch wieder Freizeit und ihr Leben nicht komplett den Anforderungen des Jobs und vermutlich auch nicht sämtlichen dort bisher oft noch nötigen Rangkämpfen unterordnen. Die heute noch vielfach gepflegte Präsenzkultur in den Unternehmen wird so weiter bröckeln. Denn die Youngster gelten auch als »Digital Natives«, als Experten der digitalen Medien, die nicht nur ein anderes Arbeiten im Büro erlauben, sondern auch die Möglichkeit bieten, fern vom Firmenschreibtisch seinem Job nachzugehen. Telearbeit gibt es zwar schon seit Jahren, doch Laptop, BlackBerry, iPhone und die Nutzung von Datenablage im Internet haben die Virtualisierung intensiviert und weiter stark vorangetrieben. Die Anwesenheitszeit am Arbeitsplatz als Währung für Bedeutung wird dann weiter sinken. Beides kommt den in der Regel eher ganzheitlich orientierten Lebenskonzepten von Frauen sehr entgegen.
Zukunftsmusik ist das eine, aber wie können Frauen in der Zwischenzeit selbst die Regeln ändern?
Die Spielregeln sind zum großen Teil schlicht eine Sache der Mehrheiten, vor allem auch in verantwortlichen Positionen. Diese zu ändern ist, wie sich gezeigt hat, ein äußerst mühsamer gesellschaftlicher Prozess. Eigeninitiative als flankierende Maßnahme hilft Frauen, das sogenannte »Token«-Stadium zu verlassen. Rosabeth Moss Kanter, amerikanische
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