Spielregeln im Job durchschauen
Machthabern vor: Zahlen, Argumentation und die drei wichtigsten Punkte. Früher dachte ich, das sei nicht nötig, weil doch jeder selbst die Informationen finden kann. Inzwischen informiere ich mich auch vorher per Internet und XING sehr genau, mit wem ich es zu tun habe. Ich versuche im Vorfeld ein Gespür für den Machthaber zu entwickeln und so zu erkennen, was ihn am ehesten überzeugen wird. Meine Sprache muss deutlich sein, ich vertrete meine Interessen klar, aber nicht kriegerisch. Ich trage im Job Röcke oder Hosenanzüge. Ich überlege vorher, ob Rock oder Hose angebracht wäre. Das wähle ich nach Gesprächspartner, Gesprächsthemen, aber auch nach eigener Tagesform. Auf Dinge, die meinen Status heben sollen, wie ein teurer Montblanc-Füller oder eine Breitling-Uhr, verzichte ich. Und um mein Ziel zu erreichen, kann ich auch einmal von einem tieferen Status aus agieren. Dabei muss ich anders sein und trotzdem müssen sich andere an mich anschließen können.
Ich gehe meinen eigenen Weg, denn ich definiere für mich selbst, was zu Führungskompetenz gehört: nämlich neben dem Mut, Entscheidungen zu treffen, auch achtsam zu sein und auf mich selbst zu schauen, ob es mir gut geht, und mich im sozialen Netz aus Freunden und Familie zu verankern.«
Für Frauen ist es historisch gesehen noch ein recht neues Feld, sich innerhalb beruflicher Hierarchien zu beweisen. Jahrhundertelang herrschte weitgehend klare Rollenteilung: Der Mann war für den materiellen Unterhalt der Familie zuständig, die Frau fürs Großziehen der Kinder. Die Strukturen der Arbeitswelt haben sich unter Männern herausgebildet, die untereinander konkurrierten und wenig Verantwortung für Privatleben und Familienalltag hatten. Wie tief verankert diese Aufteilung in unserer Gesellschaft ist, zeigt sich daran, dass nur ein ganz langsamer Wandel hin zu arbeitenden Müttern in verantwortungsvollen Positionen und zu miterziehenden und im Beruf zurücksteckenden Vätern zu sehen ist.
»Maskuline« Eigenschaften wie Durchsetzungsfähigkeit, Zielstrebigkeit und Entscheidungsfreude haben Männern bisher die Führungspositionen in der Wirtschaft gesichert. So gut wie alle von ihnen begreifen das Jobsystem als hierarchisches System, in dem es gilt, sich an die Spitze zu setzen. Und selbst den Männern, die nicht in erster Linie im Beruf Karriere machen wollen, ist immer noch stärker als vielen leistungsorientierten Frauen bewusst, wie das Job-Spiel läuft und welchen Mechanismen es gehorcht.
Frauen als Konkurrentinnen um Führungspositionen – das ist ein relativ neues und nicht immer einfaches berufliches Phänomen. Männer reagieren im Hinblick auf ihre Rangposition empfindlich, wenn eine Frau besser ist als sie. Viele Frauen können sich dagegen gar nicht vorstellen, dass sich ihre männlichen Vorgesetzten durch sie bedroht fühlen. Sie stellen hilflos fest: »Ich will doch seine Position gar nicht, ich säge doch gar nicht an seinem Stuhl.« Frauen verstehen nicht, wo das Problem liegt, da nur die wenigsten von ihnen einen männlich geprägten Begriff von Macht und Hierarchie haben. In der Regel können sie mit dieser Denkweise wenig anfangen, da es ihnen in erster Linie um die Inhalte ihrer Arbeit und die Beziehungen untereinander geht. Sie haben eine andere Perspektive. Ihre Kinder liebevoll aufzuziehen und die Familie zusammenzuhalten – das stand bisher meist im Vordergrund. Der Beruf spielt bei Frauen gesellschaftlich betrachtet erst seit wenigen Jahrzehnten eine Rolle. Interessanterweise übertragen viele Frauen – unabhängig davon, ob sie tatsächlich Mütter sind oder nicht – ihre Beziehungsorientierung auf den Beruf. Im Job wollen sie sich vor allem wohlfühlen – und allen anderen im Team soll es auch gut gehen.
Das zeigt auch die Forschungsarbeit der Psychologin Nathali Klingen zum Thema »Führungsstil bei Männern und Frauen«. Versuchspersonen aus verschiedenen Berufen mussten in kleinen Teams gemeinsam eine Reihe von Aufgaben lösen. Dabei wurden verschiedene Arten der Gruppenorganisation ausprobiert – etwa die Festsetzung oder Wahl eines Führers beziehungsweise das Arbeiten in Gruppen mit gleichberechtigten Teilnehmern. Das Ergebnis: Männer bevorzugen hierarchische Strukturen. Frauen hingegen zeigten sich motivierter und zufriedener, wenn die Führung in der Gruppe rotiert oder niemand eine herausragende Rolle spielt. Frauen fördern Gleichberechtigung und demokratische Strukturen in der Gruppe. Dementsprechend
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