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Spiels noch einmal

Spiels noch einmal

Titel: Spiels noch einmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Esi Edugyan
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wie sie vollkommen sorglos, als wäre sie in Gedanken mit etwas anderem beschäftigt, ihre Meinung äußerte. Ganz zu schweigen von ihrer rätselhaften Angewohnheit, Unterhaltungen zu beenden, indem sie mitten im Satz verstummte, aufstand und fortging. Das alles ließ keinen von uns kalt. Mochte Chip auch noch so oft behaupten, sie sei eine total fade Person, langweilig wie schwarzer Pfeffer, so sah ich doch, wenn eine Tür aufging und wir uns umdrehten, in allen Gesichtern die Hoffnung, es möchte sie sein, die hereinkam.
    Darum wusste ich, als Chip ein bisschen schwankend auf die Bühne kam und sich an seinem Schlagzeug zu schaffen machte, dass er Delilah zumindest aus den Augenwinkeln heraus beobachtete.
    »Ich hab Sie gestern Abend gehört. Sie singen nur halb so schlecht, wie ich dachte.« Chip lächelte.
    »Oh, Charlie, was für ein Kompliment! Sie sehen mich erröten.«
    »Charlie ist ein Name für ein Pferd«, knurrte Chip. Er rülpste und grinste stolz.
    Ernst kam mit seiner Klarinette auf die Bühne. »Das war wieder mal ein richtig klassischer Auftritt, Chip. Du bist eben ein Gentleman vom Scheitel bis zur Sohle.« Er war in Hemdsärmeln, seine Krawatte zu einem losen Knoten gebunden. »Hat jemand was von Fritz gehört? Irgendein Lebenszeichen?«
    Der Junge zuckte die Achseln.
    Delilah lehnte an der Ziegelmauer, eine Hand am obersten Knopf ihres Kleids, die Andeutung eines Lächelns auf den
Lippen. Mannomann. Ich wusste, dass sie nichts Erotisches im Sinn hatte, in ihrer Pose lag keine verführerische Absicht, die meine Reaktion hätte entschuldigen können. Aber als sie sich plötzlich umdrehte und mich am Rand der Tanzfläche sah, schlug ich die Augen nieder und wurde rot.
    »Hi, Sid«, sagte sie.
    »Delilah«, sagte ich, krampfhaft bemüht, nüchtern zu klingen. Ich blickte auf meine zweifarbigen Schuhe, als überprüfte ich, ob sie auch schön glänzend geputzt waren.
    Sie lachte und ließ ihre Hand sinken.
    Ich sah etwas Dunkles aus der Kulisse huschen; es flitzte unter Chips Schlagzeug durch, hinter dem Klavier vorbei und direkt auf Delilah zu. Verdammte Scheiße, eine Ratte! Was für ein Riesenvieh! Mein Arm schoss hoch, ich schrie erschreckt auf. »Delilah!«
    Alle erstarrten und sahen mich an, als hätte ich den Verstand verloren.
    Das dunkle Fellbündel schmiegte sich an Delilahs Beine. Sie ging in die Hocke, ihr Rocksaum rutschte hoch über ihre Knie. Ohne den Blick von mir abzuwenden, nahm sie das Tier auf den Arm. Es gab ein helles, höhnisch klingendes Miauen von sich. Scheiße, es war eine Katze .
    »Irgendjemand hier hat vielleicht ein bisschen zu viel getrunken«, sagte Chip in jenem falschen Flüsterton, der einen ganzen Theatersaal ausfüllt.
    Paul gab die Pantomime eines Menschen zum Besten, der gierig aus einer Flasche trinkt.
    »Ich kann euch nur raten: Sperrt alle euer Aftershave weg«, sagte Chip.
    Ich hatte das Gefühl, dass ich am ganzen Körper rot wurde.
    Es war eine Katze mit struppigem Fell und wilden, verrückten Augen. Sie hatte eine majestätische schwarz-weiße Halskrause. Delilah hob das grässliche Vieh in die Höhe und schaute ihm in die Augen. »Hi, Lilah«, murmelte sie. »Grüß dich, wie geht’s dir?« Sie lachte gurrend.
    »Eine Katze«, sagte ich erstaunt.
    »Tja, Delilah scheint sich ziemlich sicher zu sein.« Paul lächelte. »Ich weiß nicht so recht.« Er stolperte über ein Kabel und musste lachen.
    Ich schüttelte den Kopf. »Wo kommt dieses Scheusal eigentlich her?«
    »Aus Paris«, sagte Chip. »Na ja, geboren ist sie in Montreal, behauptet sie.«
    »Benimm dich«, sagte Ernst auf Englisch.
    Delilah blickte auf. »Ihr solltet euch besser nicht über sie lustig machen.« Ihr Lächeln hatte etwas Drohendes. »Das ist eine Kampfkatze. Du bist gefährlich, stimmt’s, meine Süße?«
    »Madame Delilah die Zweite.« Chip lachte. »Die frisst nur Sachen, die kleiner sind als sie selbst. Hiero sollte sich in Acht nehmen.«
    »Madame Delilah?«, fragte ich. »Die, die wir in dem Kellerloch gesehen haben?«
    Die Katze maunzte und wand sich heftig, riss sich aus Delilahs Griff los und landete weich auf dem Boden. Alle lachten. Mein Gesicht wurde noch heißer. So wie es aussah, war ich der einzige, den es überrascht hatte, als dieses Vieh so plötzlich auftauchte.
    Die Katze lief hinüber zu Chip und sprang auf seinen Schoß. Er fuhr erschreckt hoch.
    »Sie mag Sie, Charles.« Delilah lachte.
    » Chip heiße ich, verdammt.«
    Die Katze kam schnurrend unter dem

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