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Spiels noch einmal

Spiels noch einmal

Titel: Spiels noch einmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Esi Edugyan
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herzhaft. »Reg dich nicht auf, Junge. Sogar wenn ihr sechzehn wärt, dürftet ihr hier nicht rein. Da
ist nichts zu machen, Jungs. Wenn die uns dabei erwischen, dass wir Jugendliche reinlassen, schließen die uns das Lokal, klar?«
    Chip sagte nichts. Seine Augen wurden ganz klein, ganz fies.
    »Hör mir zu, Junge, und sei nicht gleich beleidigt. Du bist ein echt guter Schlagzeuger, für dein Alter . Aber nur weil du für dein Alter gut bist, heißt das nicht, dass du zu den ganz Großen gehörst. Außer du bist Bolden oder Jelly Roll oder so einer. Und solche Leute gibt’s vielleicht ein-, zweimal in einem Jahrhundert. Weißt du, Jazz ist nicht einfach Musik, das ist Leben. Du brauchst Erfahrung, wenn du Jazz spielen willst. Ich hab noch nie einen unter achtzehn gehört, der so klang, als wüsste er auch bloß, wo bei seinem Instrument hinten und vorne ist.«
    »Ich weiß, was ich mache«, sagte Chip.
    Panther hob die Hände. »Sicher weißt du’s, klar.«
    Die Bedienung brachte den Scotch und die Limonade. »Bitte, Süßer«, sagte sie, als sie Chip sein Glas hinstellte.
    Er sagte nichts.
    Panther musterte ihn anerkennend. Dann hob er einen langen, knochigen Arm und schnippte mit den Fingern. Eine Frau kam an den Tisch, hinter ihr eine Freundin. Sie sahen alt aus, Mann, vielleicht sogar schon über zwanzig. Die Busen sprengten fast die Oberteile ihrer Kleider.
    »Ihr beiden«, sagte Panther, »kümmert euch ein bisschen um die Jungs hier.«
    »Geht klar, Panther«, sagte die eine. Sie lächelte verführerisch; ihre Oberlippe ging ein bisschen hoch.
    Ich konnte es gar nicht glauben. Mir blieb die Spucke weg.
    Panther schaute Chip an. In seine Augen trat plötzlich ein
kaltes, wildes Glitzern. »Also dann, bis zum nächsten Mal«, sagte er. »Nicht lockerlassen, ja?« Und er stand auf, nahm sein Glas und verschwand in den Rauchschwaden.
    »Arschloch«, knurrte Chip.
    »Ich finde, du hast echt toll gespielt, Süßer«, sagte die erste Frau zu Chip.
    Er sah sie an.
    »Wie heißt du, Schätzchen?«, fragte mich die andere.
    »Sidney Griffiths, Ma’am.«
    »Ich bin der, der gespielt hat«, sagte Chip. Ich starrte in seine arroganten kleinen Augen und wäre ihm am liebsten mit dem Absatz auf die Zehen gestiegen.
    »Und du warst toll, Süßer, echt toll«, sagte die erste.
    »Ich wette, du wärst genauso gut, wenn du’s mal probieren würdest«, tröstete mich die andere. Mann, ich sah jetzt, dass ich die Hübschere von den beiden erwischt hatte – Mandelaugen, eine Haut wie Karamell, Lippen wie eine aufgeplatzte Frucht. Es gab überhaupt nichts an ihr, das mich nicht an was zu essen erinnerte.
    »Was trinkt ihr?«, fragte die eine.
    »Limonade«, sagte ich.
    »Extra stark«, bemerkte Chip.
    Die andere kicherte. »Wie wär’s, wenn du uns auch was spendieren würdest, Schätzchen? Zwei Sidecars.«
    »Na klar.« Chip grinste so selbstbewusst, als wäre es seine eigene Idee. »Sid, geh mal rüber zur Bar und hol uns was, von dem einem Haare auf der Brust wachsen.«
    »Wieso gehst du nicht selber?«, flüsterte ich.
    »Geh, Mann«, zischte er. »Die schauen schon.«
    Die Sidecars kosteten mich drei Wochen Taschengeld. Und der Typ an der Bar lachte sich einen Ast, als er sie ein
schenkte. Ich stolperte durch den Qualm zurück zum Tisch, als mein katzenäugiges Mädchen mir auf halbem Weg entgegenkam. Sie nahm mir die Gläser ab und stellte sie auf den nächsten Tisch, dass die Hälfte rausschwappte.
    »Hey, was soll das? Willst du es nicht mal trinken?«
    Aber sie fasste mich einfach bei der Hand und führte mich durch die schwitzenden Leiber ringsum in ein Treppenhaus, das so dunkel war wie eine Herzkammer.
    »Wo ist Chip?«, rief ich. »Wir müssen doch Chip Bescheid sagen.«
    Sie bahnte uns den Weg durch Ansammlungen von knutschenden Paaren ins Obergeschoss, wo sie eine Tür öffnete und mich hineinschubste. Mann, ich wurde ganz schwach, als ich das sah: Es war ein Schlafzimmer. Ich starrte entgeistert auf die gelbe Satinbettwäsche, die hie und da zerrissen und fleckig war, auf die Fenster, die so aussahen, als wären die Scheiben mit grauer Farbe überstrichen. Aber wahrscheinlich waren sie nur von all dem Nikotin und Dreck, der sich im Lauf der Jahre abgesetzt hatte, so trübe. Mein Herzschlag begann zu stottern.
    »Du wohnst hier?«, fragte ich überrascht.
    Sie schloss die Tür, dann kam sie zu mir und packte mich vorn am Hemd, dass ich schon dachte, sie wollte mich erwürgen.
    »Hey«, rief ich, »was machst

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