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Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall

Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall

Titel: Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Steinhauer
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Wurmbefall bei Hunden und Katzen, Katzenrassen, Hunderassen und zur Frage: Wann muss wogegen geimpft werden? Spulwürmer, lernte er, hatten einen dreieckigen Kopf. Er schüttelte sich. Ein eigenartiger Geruch hing in dem kleinen Wartebereich, der nicht nur an Desinfektionsmittel erinnerte. Angst? Er fragte sich, ob die junge Frau das überhaupt noch wahrnahm, kam aber zu dem Schluss, dass sie sich wohl längst an die stickige Luft gewöhnt hatte.
    »Aha. Hauptkommissar Peter Nachtigall, scheint zu stimmen.« Sie reichte ihm den Dienstausweis.
    »Wir suchen im Rahmen einer routinemäßigen Ermittlung nach der Adresse von Renate und Vincent Keiser. Mit e-i. Wir wissen, dass sie bis zum Abriss der Häuser hier gewohnt haben. Vielleicht hatten sie ein Haustier, das bei Ihnen geimpft wurde.«
    »Keiser? Ich glaube nicht, dass mir der Name etwas sagt.«
    Sie log. Nachtigall beobachtete, wie ihre gegelten Strähnen zu beben begannen.
    »Ein Ehepaar.« Er überschlug rasch, wie alt die beiden ungefähr sein mochten. »Etwa 60 bis 70 Jahre alt.« Seine Miene bekam einen schulmeisterlichen Zug. »Sie wissen sicher, dass Sie mich nicht belügen dürfen.«
    »Hoffentlich ist es nichts Unangenehmes! Renate und Vinnie sind so ein nettes Paar!«, sprudelte es wie erwartet aus der Blonden heraus. »Sehen Sie, das Schicksal hat die beiden wirklich genug gebeutelt.«
    »Manche trifft es wirklich hart«, bestätigte der Hauptkommissar mitfühlend.
    Ein misstrauischer Blick verriet, dass sie ihrem Gegenüber diese Haltung nicht kritiklos abnahm. Vielleicht sind negative Erfahrungen mit der Gattung Mann schuld an dieser Einstellung, dachte Nachtigall und fast tat sie ihm leid.
    »Ich möchte sie auf gar keinen Fall in Schwierigkeiten bringen.«
    »Das tun Sie nicht«, beteuerte er und fügte hinzu: »Reine Routine.«
    »Selbst nach all den Jahren – es müssen schon mehr als 20 sein – haben sich die Keisers von dem Schlag noch nicht erholt. Ate hat mir die ganze Geschichte mal erzählt, als sie mit Floh hier wegen einer Impfung warten musste. Floh, das ist ihr Irischer Wolfshund. Unerlaubter Grenzübertritt! Ihr Sohn Roland hatte ihnen nichts von seinen Plänen erzählt. Dann war er weg – von einem Tag auf den anderen. Spurlos verschwunden. Das war schlimm! Und ist es noch heute. Ate hat geweint, als sie davon redete.« Sie machte eine Pause.
    Wischte sich mit dem Zeigefinger unter den Augenlidern entlang. Blinzelte. »Wissen Sie, ich bin zu jung. Zur Wende wurde ich gerade geboren. Mir ist der Staat, von dem Ate so schikaniert wurde, völlig unbekannt.« Nach einem Augenblick der Besinnung meinte sie: »Gott sei Dank.«
    »Na ja, es kam vor, dass nach einer solchen Aktion die Familienmitglieder in den Blickpunkt der Behörden gerieten. Das konnte sehr unangenehm sein.«
    »Denen muss es vorgekommen sein wie der Anfang vom Ende. Kaum ein halbes Jahr nach Rolands Verschwinden starb Ates Mutter, Vinnie fing an zu trinken. Es hat sie Jahre gekostet, aus diesem Tief wieder ans Licht zu kommen – und eines Tages wird ihre Wohnung abgerissen. Es war schrecklich. Ich glaube, Vinnie hat immer noch damit gerechnet, Roland könnte eines Tages wieder vor der Tür stehen. Nun würde nicht einmal mehr die Tür da sein!«
    Und jetzt komme ich und teile ihnen mit, ihr Sohn hat es nie bis in den Westen geschafft. Wollte es möglicherweise überhaupt nicht. Er hat sich kein neues, erfolgreiches Leben irgendwo aufgebaut – er lag die ganzen Jahre über bei irgendjemandem in der Tiefkühltruhe, dachte Peter Nachtigall bitter.
    »Nach dem Verlust ihrer Wohnung sind die Keisers also abgetaucht?«
    »So ähnlich.« Sie tippte in ihre Tastatur.
    »Wenn ich Ihnen jetzt die Adresse gebe, dürfen Sie aber nicht verraten, von wem Sie die bekommen haben. Das müssen Sie mir fest versprechen«, forderte sie energisch.
    »Versprochen!«
    Wieder schoss sie einen skeptischen Blick in Nachtigalls Richtung ab. »Sie sind sicher, dass es am Ende nicht doch nur um einen Bußgeldbescheid wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung geht, der nicht zugestellt werden kann? Geld haben die zwei nämlich auch nicht gerade üppig.«
    »Absolut sicher«, beteuerte Nachtigall, »es geht um Leben und Tod.«
     
    Albrecht Skorubski sah ungeduldig zu, wie die manikürten und auffällig dekorierten Fingernägel über die Karteikarten huschten.
    »Sind Sie wirklich sicher, dass die Angelegenheit derartig wichtig ist?«, fragte die junge Frau schon zum zehnten Mal.
    »Ja«,

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