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Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall

Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall

Titel: Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Steinhauer
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so auf mein Grundstück kommen«, begrüßte der Hausherr die beiden Eindringlinge patzig. »Es ist schließlich Aufgabe meines Hundes, das Gelände zu bewachen!«
    »Kriminalpolizei Cottbus, Peter Nachtigall und Albrecht Skorubski. Sie sind Herr Vincent Keiser?« Es kostete den Hauptkommissar ziemliche Anstrengung, seinen Dienstausweis ruhig zu halten.
    Die aggressive Ablehnung, die ihnen entgegenschlug, spürte er fast körperlich. Vincent Keiser sah aus, als wolle er am liebsten Floh zurückrufen und die Besucher ihm und seinen Zähnen überlassen.
    »Vinnie! Vinnie, was ist denn los? Du sollst doch die Tür nicht immer offen stehen lassen! Da kommt nur Ungeziefer rein«, nörgelte eine weibliche Stimme aus dem Häuschen.
    »Ist schon gut, Renate. Wir haben Besuch.«
    Ein kleines, verkniffenes Gesicht wurde hinter einem der Fenster sichtbar und war sofort wieder verschwunden.
    »Sie wollen wirklich zu uns? Das ist sicher nur ein Irrtum.« Keiser warf einige hektische Blicke über die Hecke, wippte von den Fersen auf die Zehenspitzen und wich den Blicken der Ermittler aus.
    »Tut mir leid, Herr Keiser. Wir haben eine schreckliche Nachricht für Sie. Es geht um Ihren Sohn Roland«, begann Nachtigall traditionell holprig.
    »Sie kommen also wegen Roland? Ja, hat das denn nie ein Ende?«, schimpfte Keiser und seine Augen funkelten zornig. »Das ist jetzt mehr als 20 Jahre her! In einem anderen Staat!«
    »Wir würden uns gern in Ruhe mit Ihnen unterhalten«, schaltete sich Skorubski ein. »Vielleicht besser im Haus.«
    »Wohl kaum! Der Kollege hat eine Katze. Stimmt doch, nicht wahr? Floh hasst Katzen. Deshalb ist er bei Ihnen auch so ausgeflippt. Sie können bestenfalls auf einem der Gartenstühle Platz nehmen. Meine Frau wird Floh im Haus behalten, bis Sie wieder gegangen sind«, grummelte Vincent Keiser abweisend.
    »Ich denke, Ihre Frau sollte an unserem Gespräch teilnehmen«, stellte Nachtigall ruhig fest.
    Das Misstrauen konnte kaum größer sein.
    Keisers zuvor elastischer Schritt wurde steif, als er die beiden Männer zur Terrasse führte.
    »Renate! Sperr Floh ein und komm her. Die Polizei ist da!«, kommandierte er laut.
    Nachtigall war die kurze Pause vor dem Wort Polizei nicht entgangen. Er vermutete, Keiser hätte lieber ein völlig anderes, abwertendes Wort benutzt, sich aber in letzter Sekunde anders entschieden.
    Poltern und Fluchen im Haus zeugten eindrucksvoll davon, dass Floh nicht bereit war, die Beschneidung seiner Freiheit widerspruchslos über sich ergehen zu lassen.
    Wenig später schob sich eine enorm füllige Frau durch die Tür und plumpste schwer atmend in einen der Gartenstühle, der gequält ächzte.
    »Es geht um Roland!«, informierte der Gatte unfreundlich und fixierte sie mit giftigem Blick, als sei es ihre Schuld, dass die Polizei in ihrem Garten saß. Feiste Finger krabbelten über wulstige Lippen.
    Mehr Reaktion erfolgte nicht.
    »Es tut uns leid, aber wir bringen eine traurige Nachricht. Ihr Sohn Roland wurde tot aufgefunden …«, begann Nachtigall und wurde rüde unterbrochen.
    »Und Sie glauben tatsächlich, diese Information sei für uns von Interesse? Vor 20 Jahren ist dieser Taugenichts in den Westen rüber! 25 Jahre lang haben wir uns um ihn gekümmert, haben sein widerspenstiges Verhalten ertragen, dafür gesorgt, dass es ihm an nichts gefehlt hat – und zum Dank haut der Kerl eines Tages ab. Ohne ein Wort!«, keifte Renate Keiser entrüstet. »Für uns ist Roland schon lange gestorben.«
    »Sehen Sie, anfangs dachten wir noch, Roland würde sich seinen Platz im Westen schon erobern.« Vincent Keiser sah entschuldigend von einem zum anderen. Offensichtlich war ihm der Ausbruch seiner Frau unangenehm. Traurig fuhr er fort: »Roland war ein schlaues Bürschchen, wir dachten, er würde seinen Weg schon machen. Gerade Flüchtlinge aus der DDR bekamen doch eine gute Startchance, nahmen wir an. Aber in all den Jahren war nie von ihm die Rede – nach der Wende hofften wir, seinen Namen mal in den Nachrichten zu hören oder in der Sportschau. Nichts! Anderen Familien ging es ähnlich wie uns, aber deren Kinder haben sich irgendwann aus dem Westen gemeldet. Eine Karte geschickt, einen Brief, später mal angerufen. Nur unser Roland, der hat nie von sich hören lassen.« Der Vater seufzte tief. Wischte mit dem Handrücken verschämt ein paar Tränen weg.
    »Das konnte er auch nicht.« Nachtigall räusperte sich unbehaglich. Diese Nachricht war nicht abzufedern. Es würde die

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