Spielzeugsoldaten
als sie es je nach einer Nacht Schlaf gewesen wäre . Die Familie reiste langsam. Zum einen , weil die Herde immer wieder rasten musste, zum anderen , weil die Kinder nicht so schnell waren wie die Erwachsenen. Juli begann sich endlich sicherer zu fühlen. Je näher die schneeweißen Gipfel des Gebirges kamen, desto mehr vertraute sie den Nomaden. Und auch Raku ließ sie kaum einen Zweifel daran haben, dass die Angst nun für einige Zeit vorbei war. Sie hatten am Nachmittag ihres ersten Tages bei den Nomaden darüber gesprochen, ob Juli über ihre Ausrüstung zu ihrer Familie Kontakt aufnehmen durfte. Doch so sehr Raku auch verstand, dass es Juli wichtig war, ihre Familie wissen zu lassen, dass es ihr gut ging, so sehr war sie sich auch dessen bewusst, dass es sie in Gefahr bringen konnte.
„Ich weiß nicht, wie viel Interesse das Militär an meinem und deinem Verschwinden haben wird. Es könnte sein, dass sie versuchen uns über das Signal deines Notebooks zu finden .“
Raku wollte mehr sagen, aber Juli hatte sie unterbrochen. Eine weitere Erklärung brauchte sie nicht. Sie verstand, auch wenn es ihr nicht behagte.
„Es ist ok. Es ist gefährlich, also lasse ich es.“
Raku hatte genickt. „Sobald sie uns nichts mehr können, sobald wir in Geison sind, werden wir deiner Familie Bescheid geben.“
Es war Juli schwer gefallen nicht zu viel Gefühl zu zeigen, das war Raku nicht entgangen. Es tat ihr Leid, Juli nichts Besseres sagen zu können. Sie wusste keine tröstenden Worte, nichts was Juli Sorge um ihre Verwandten wettmachte .
Was Raku nicht bemerkte war, dass ihre eigenen Gesichtszüge mehr sagten als tausend tröstende Worte. Juli beobachtete sie einen Augenblick und fühlte geradezu wie nahe Raku diese Situation ging. Langsam verlor sich der Eindruck, der Juli tagelang gefolgt war. Sie hatte beinahe vergessen, als was ihr Raku noch vor wenigen Tagen gegenüber getreten war: Als Soldat. Die Kaltblütigkeit, die sie im Kampf gezeigt hatte, und die Gefühllosigkeit mit der sie sie aus allen gefährlichen Situationen gerettet hatte, waren vergessen. Major Avis war vergessen. Da war nur noch Raku. Sanft und in sich selbst ruhend. Beinahe ängstigte Juli es und sie hätte nichts lieber getan, als Raku danach zu fragen, warum sie plötzlich wie ausgewechselt war, doch sie wagte es nicht. Die einzige Erklärung, die sie sich selbst geben konnte war, dass die Entfernung zum Krieg und das Zusammensein mit den Nomaden die alte Raku wieder zum Leben erweckt hatten. Und eine andere Stimme sagte etwas anderes, sie sagte ihr, dass sie schon immer gewusst hat, wer sich hinter dem bl utrünstigen und perfektionistischen Major versteckte vom ersten Moment an. Juli sah Raku auf eine Weise, die sie sich selbst nicht erklären konnte. Immer und immer wieder verlor sie sich in Gedanken, in Emotio nen, wenn sie Raku entdeckte, wenn sie sah wie Raku den Nomaden half die Herde zu versorgen, wenn sie sah wie sie mit Cha sprach oder ihr Lachen. Ja, Lachen. Manchmal kam Juli der Gedanke, dass sie dieses Lächeln vermisst hatte. Doch hatte sie es je zuvor geseh en? Es war warm und herzlich. E s war ehrlich. Sie wird von Tag zu Tag schöner, dachte sie bei sich, und lächelte etwas abwesend. Was mache ich, wenn ich ohne sie sein muss? Juli überkam regelmäßig das Gefühl, dass sie nie wieder ohne Raku sein wollte. Sicher, s ie kannten sich jetzt besser, aber was hieß das schon? Noch immer waren die Umstände , die sie zusammengeführt hatten und die sie nun aneinander banden, alles andere als gewöhnlich. Die Tage vergingen schnell. Raku genoss die Ruhe und das gemächliche Tempo ihres Marsches durch das Grasland. Ihr Geist war noch immer unruhig. Nachts träumte sie von den Kämpfen, die sie zuletzt geführt hatte. Sie träumte von Exine und von Serro, die sie hatte zurücklassen müssen. Sie sah Lyddit, die heruntergekommen en Gebäude und die Soldaten, die in den Stra ß en patrouillierten . Manchmal glaubte sie Schüsse zu hören, oder das Feuer der schweren Geschütze direkt an der Front. Sie wusste es würde lang daue rn bis sie die Jahre des Krieges vergessen hatte, doch sie hoffte, dass diese Flucht die Dinge etwas beschleunigen würde. Ihr Ziel würde vielleicht auch ihre Rettung sein. Nur die Momente in denen Juli in ihrer Nähe war, beruhigten sie völlig. Ihre Blicke, ihre flüchtigen Berührungen, all das half ihr zu vergessen und sich an Dinge zu erinnern, die sie längst verlernt hatte. Sie spürte, dass sie
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